1.7.1 (lut2p): 1. Fall Stumm.

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Text

RTF

1. Fall Stumm2.

Ministerialdirektor Dr. Schäffer trug vor, daß die Verhandlungen über die Stützung des Stummkonzerns zum Abschluß gelangt seien. Die Dresdner und Deutsche Bank hätten je 10 Millionen, die Reichskreditgesellschaft 3 Millionen und Hardy & Co. 2 Millionen übernommen. Reich und Preußen hätten sich gemeinschaftlich bereit erklärt, für den Fall, daß der Konzern nicht in der Lage[695] sein sollte, die insgesamt 25 Millionen bis zum 1. Oktober 1927 zurückzuzahlen, diese Summe zu übernehmen, und zwar gegen Überlassung der Zechen Minister Achenbach und König Wilhelm sowie der Beteiligung an den Saarunternehmungen. Der Wert der Zechen wird mit 15 Millionen – nach Angabe der Sachverständigen sehr gering –, der Wert der Saarbeiteiligungen mit 10 Millionen angenommen. Die Verpflichtung des Reichs und Preußens ist gesamtschuldnerisch. Sie würden also für den Fall, daß ihr Eintreten überhaupt geboten ist – was nicht zu erwarten ist –, den Schaden halb und halb zu tragen haben. Die Familie Stumm habe eine Bürgschaft hinsichtlich dieses Schadens in Höhe von 3 Millionen Mark übernommen. Daher werde voraussichtlich eine effektive Inanspruchnahme weder für das Reich noch für Preußen eintreten können. Die Auseinandersetzung zwischen Reich und Preußen bleibe offen. Es würde also eintretendenfalls zwischen ihnen zu vereinbaren sein, ob und zu welchem Preise Preußen die beiden Zechen und das Reich die Saarbeteiligungen übernehmen, falls diese nicht anderweit verwertet werden könnten. Der Familie Stumm sei vorbehalten worden, bei der Berechnung des Wertes der Saarbeteiligungen durch Sachverständige mitzuwirken.

Der Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß die vorstehend geschilderten Abmachungen zwar nicht in der Form, wohl aber in der Sache eine gewisse Umgehung des Etatgesetzes3 darstellten. Er halte es daher für angezeigt, die Führer der Regierungsparteien zu verständigen und ihr Einvernehmen, an dem nicht zu zweifeln sei, herbeizuführen. Bei dieser Verständigung, die das Wirtschaftsministerium übernommen habe, werde darauf hinzuweisen sein, daß die Stützung notwendig gewesen sei, um einmal die bevorstehende Reise des Reichsbankpräsidenten nach Amerika und ferner die Anwesenheit des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers in Locarno nicht durch den Zusammenbruch eines so großen Unternehmens und den dann möglichen Rückschluß auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Deutschlands zu gefährden4.

Fußnoten

2

Lt. Vermerk Pünders vom 7. 10. wurde die finanzielle Lage des Stumm-Konzerns in einer Ministerbesprechung am 2. 10. „in den letzten Stunden vor Abfahrt der Deutschen Delegation nach Locarno“ (ein Protokoll hierzu in R 43 I nicht ermittelt) kurz erörtert. Der RAM „berichtete über den Besuch von Exzellenz Kühlmann bei ihm am Vormittag, der ihm einen Brief namens des Stumm-Konzerns übergeben habe. Die Lage des Konzerns sei die, daß, wenn bis übermorgen eine Entscheidung nicht getroffen sei, Geschäftsaufsicht oder Konkurs angemeldet werden müsse. Er, Stresemann, habe bereits mit dem Reichsbankpräsidenten Schacht Fühlung genommen, der der Meinung sei, daß ein Konkurs der Stummgruppe auf das Ausland noch einen weit stärkeren Eindruck machen werde als der Zusammenbruch der Stinnesgruppe. Der ‚König Stumm‘ und das über 100 Jahre alte Werk seien im ganzen Ausland bekannt. Bräche dieser Konzern zusammen, so fürchte Schacht für den weiteren Verbleib der bisher schon 2 Milliarden betragenden ausländischen Kredite in Deutschland.“ Stresemann habe noch betont: „Es sei vom außenpolitischen Standpunkt nicht zu verantworten, daß 10 Jahre vor der Abstimmung im Saargebiet das gewaltige Stumm-Unternehmen gänzlich in französische Hände übergleite.“ (R 43 I /1136 , Bl. 14).

3

Gemeint ist wohl die „Reichshaushaltsordnung“ vom 31.12.22, RGBl. 1923 II, S. 17 .

4

Über diesbez. Verhandlungen mit den Koalitionsparteien in den Akten nichts ermittelt.

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