2.126.5 (ma11p): 5. Haftung der Reichsbahn für Reparationszwecke.

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5. Haftung der Reichsbahn für Reparationszwecke.

Der Reichsverkehrsminister trug den Inhalt verschiedener Drahtberichte aus Paris über die Verhandlungen des Sachverständigenausschusses zur Frage der Haftung der Reichsbahn für Reparationszwecke vor10 und bat um Zustimmung[420] des Kabinetts, daß den deutschen Vertretern in Paris eine Orientierung über die Auffassung der Reichsregierung über diese Frage übersandt werde.

Es komme ferner in Frage, die unrichtige Auffassung der Pariser Presse über die letzte Reichstagsrede des Reichsministers des Auswärtigen zu dieser Frage richtigzustellen11; hierzu schlage er vor, daß er nach Verständigung mit dem Reichsminister Dr. Stresemann bei der nächsten Sitzung des Reichstags das Wort ergreife12.

Der Reichsminister der Finanzen stimmte den Ausführungen des Vorredners zu und wies darauf hin, daß es insbesondere darauf ankomme, die im Drahtbericht des Geheimrats Wolf vom 1. d. Mts.13 berichtete paritätische Besetzung des Verwaltungsrats durch Mitglieder der alliierten Mächte abzuwenden. Hier liege die Gefahr, daß dem Deutschen Reich die Tarif- und Finanzhoheit genommen würde. Im übrigen könne man dem Vorschlage hinsichtlich der Kontrolle durch einen alliierten Zensor grundsätzlich zustimmen.

Das Kabinett erteilte seine Zustimmung dazu, daß im Einvernehmen zwischen dem Reichsverkehrsminister, dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichsminister des Auswärtigen eine Orientierung über die Auffassung der Reichsregierung den deutschen Vertretern in Paris sofort übersandt werde14.

[421] II. Ministerbesprechung.

Fußnoten

10

Dem obigen Protokoll liegen in Abschrift bei: Telegramm StS Bergmanns vom 27. 2.; Telegramm MinR Wolfs vom 29. 2. Weitere Berichte StS Fischers von Ende Februar/ Anfang März 1924 aus Paris befinden sich in R 43 I /1036 .

Im Telegramm MinR Wolfs vom 29. 2. (Paris ab: 1. 3.) heißt es u. a.: „Nach heutiger Besprechung mit Leverve ist Gesamtplan in großen Umrissen folgender: Reichsbahn, einschließlich Rhein-Ruhrbahn, dt. Betriebsgesellschaft unter dt. Leitung. In Verwaltungsrat Hälfte der Mitglieder Alliierte. Daneben ein als Zensor bezeichneter Generalkommissar, der im Interesse der Reparationsgläubiger Kontrolle ausübt. Zensor soll im wesentlichen über Gang des Unternehmens sich auf dem Laufenden halten und konsultative Tätigkeit ausüben. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten mit dem Generaldirektor Schiedsgericht vorgesehen. Sofern Reichsbahn vorgesehene Jahresraten nicht aufbringt, soll Zensor Rolle des Zwangsverwalters übernehmen, daneben wird erwogen, dem Zensor auch die von Sicherheitsstandpunkt [sic!] zu übertragen, um militärische Eingriffe im besetzten Gebiet zu vermeiden. Leverve glaubt, für Zensor Franzosen empfehlen zu sollen, da hierdurch Sicherheitsfrage erleichtert, falls dies aber abgelehnt, käme evtl. Spezialkontrolleur für die besetzten Gebiete in Frage, der als Organ Berliner Zensors zu gelten hätte. Leverve hat Vorschlag Millerand und Poincaré vorgetragen und rechnet auf deren Zustimmung. Acworth bestätigte in heutiger Besprechung im wesentlichen Levervesche Darstellung und glaubt, daß das Unterkomitee Generalkommissar ebenfalls vorschlagen wird. […] Vor allem scheint mir Entscheidung RReg. über Generalkommissar und Zusammensetzung Verwaltungsrats notwendig.“

11

In seiner Rede vor dem RT am 28. 2. (RT-Bd. 361, S. 12524  f.) hatte sich Stresemann mit einer Behauptung des „Temps“ auseinandergesetzt, wonach die neuerdings mit Bayern getroffenen Abmachungen über die RB-Organisation der dt. Forderung nach Wiederherstellung der Verkehrseinheit widersprächen. U. a. hatte Stresemann ausgeführt:Wenn der „Temps“ sage, „man könne doch Frankreich nicht zumuten, seinerseits die Rhein- und Ruhrbahnen herauszugeben, während sich Bayern auf dem Gebiete [des Eisenbahnwesens] verselbständige, so können wir Frankreich nur auffordern, mit uns dieselben Verträge über die Rhein- und Ruhrbahn zu schließen, die mit Bayern geschlossen worden sind.“ (Zum Sachverhalt: Nach Erlaß der VO über die Schaffung eines Unternehmens „Dt. Reichsbahn“ vom 12.2.24 wurde zwischen dem Reich und Bayern ein Abkommen getroffen, das den bayer. Bahnen wie schon bisher eine gewisse organisatorische und finanzielle Selbständigkeit einräumte. Die „Gruppe Bayern“ der RB unterstand danach einem Staatssekretär in München, der im Einvernehmen mit der bayer. Reg. ernannt werden und der die besonderen bayer. Landesinteressen vertreten sollte.)

Am 1. 3. telegrafierte StS Fischer aus Paris: „Ich werde von Pirelli und Kindersley auf den Passus in letzter Reichstagsrede von Reichskanzler [muß heißen: Reichsaußenminister] bezüglich westlichen Eisenbahnnetzes mit großem Interesse angesprochen. Ich bin mangels authentischen Wortlauts zunächst ausgewichen, muß aber annnehmen, daß damit Bildung einer besonderen selbständigen Generaldirektion für die Eisenbahnen des alt- und neubesetzten Gebiets angeboten worden ist. Nach dem Telegramm des Geheimrats Wolf vom 29. Februar ohne Nummer [vgl. Anm. 10] wird an einen Spezialkontrolleur der Alliierten für die Eisenbahnen besetzter Gebiete gedacht, dessen Einsetzung durch solche Generaldirektion erleichtert würde. Wie ich von Botschafter [v. Hoesch] und Wolf höre, wird Angebot Ministers der auswärtigen Angelegenheiten als überaus wichtige Tatsache verzeichnet. Da Komitee I auf Suche nach einem Kompromiß in der Frage westlicher Eisenbahnen ist, [. . . .] erbitte rascheste Orientierung.“ (Abschr. in R 43 I /1036 , Bl. 73).

12

Vor dem RT wird eine diesbezügliche Erklärung nicht abgegeben.

13

S. Anm. 10.

14

Im Instruktionstelegramm des RVM vom 3. 3. an Fischer, Bergmann und Wolf in Paris heißt es: „Außenminister Stresemann in Reichstagsrede nicht gemeint, daß Regiebahn als solche in den Verband der Reichsbahn treten sollte, hat vielmehr vorherige Rückgabe der Rhein-Ruhrbahnen an die Reichsbahnverwaltung verlangt. Er hat Zusammenfassung der Rhein-Ruhrbahnen zu einer Gruppe ähnlich wie bayer. Direktionen als diskutierbar hingestellt, aber schon auf Mißverständnis über bayer. Lösung in Frankreich aufmerksam gemacht. Hälfte der Mitglieder des Verwaltungsrats für Alliierte ohne Verlust der Tarifhoheit unmöglich. […]. Zensor mit Einspruchsrecht gegen gewisse Ausgaben erträglich“ (Abschr. in R 38 /187 , neu in R 3301 /2187 , Bl. 321).

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