2.231.8 (ma31p): 6. Erwerbslosenversicherung.

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6. Erwerbslosenversicherung.

Der Vizekanzler übernahm den Vorsitz wegen Behinderung des Herrn Reichskanzlers.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß bei Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erwerbslosenversicherung die Bildung von Ersatzkassen für Angestellte beantragt werde. Würde dieser Antrag angenommen, so würde das System des Gesetzes geändert werden müssen32. Es beruhe jetzt auf dem[741] Grundsatze der Gesamtversicherung mit Verteilung des Risikos auf alle. Bei der Bildung von Ersatzkassen würde zur Versicherung von Berufsorganisationen oder Berufsständen (Genter System) übergegangen werden müssen, das für Städte und kleinere Verwaltungsbezirke, nicht aber für das Reich zweckmäßig sei. Es würde dazu führen, daß die besseren Risiken sich absondern und das Reich durch die schlechteren im Übermaß belastet würde.

Würde dem Antrag zugestimmt, so könne das Gesetz nicht vor den Sommerferien verabschiedet werden. Die Sozialdemokraten würden nicht zustimmen. Würde das Gesetz nicht am 1. Oktober in Kraft treten, so würde die Reichskasse außerordentlich geschädigt werden. Er schlage vor, daß das Kabinett auf dem Standpunkt bleibe, den es durch Billigung des Entwurfs eingenommen habe. Die Koalitionsparteien müßten sich beschleunigt über ihre Haltung verständigen33.

Widerspruch wurde nicht erhoben.

Fußnoten

32

Bei der Beratung des GesEntw. über Arbeitslosenversicherung im Sozialpolitischen Ausschuß des RT (vgl. Dok. Nr. 186, Anm. 6, 7) stellten Abgeordnete der DNVP, der DVP, des Zentrums und der DDP den Antrag, besondere Ersatzkassen für die Arbeitslosenversicherung von Angestellten zuzulassen und entsprechende Bestimmungen in das Arbeitslosenversicherungsgesetz einzufügen. Der Antrag wurde von der Mehrheit des Ausschusses jedoch abgelehnt (RT-Bd. 417 , Drucks. Nr. 3622 , S. 212 f., 485 ff.; vgl. auch RT-Bd. 393, S. 11239 , 11252 , 11258, 11262).

33

In einer Sitzung des Interfraktionellen Ausschusses am 17.6.27 kamen die Regierungsparteien überein, „von der Einrichtung von Ersatzkassen Abstand zu nehmen, um nicht eine unnötige Obstruktion der Sozialdemokratie hervorzurufen, die der Verabschiedung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes Schwierigkeiten bereiten könnte“ (Vermerk Stockhausens vom 18. 6. in R 43 I /2033 , Bl. 112). Trotzdem brachten Abgeordnete der DNVP, der DVP, des Zentrums, der DDP und der VA am 4. 7. beim RT erneut einen Antrag auf Zulassung von Angestellten-Ersatzkassen in der Arbeitslosenversicherung ein (RT-Bd. 416 , Drucks. Nr. 3535 ). Dieser Antrag wurde vom RT am 6. 7. abgelehnt (RT-Bd. 393, S. 11292  ff., 11315). Angenommen wurde dagegen bei der Verabschiedung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes am 7. 7. eine Entschließung der Regierungsparteien, in der die RReg. ersucht wurde, die Frage der Schaffung von Ersatzkassen für Angestellte zu prüfen, sobald hinreichende Erfahrungen mit der Arbeitslosenversicherung vorlägen (RT-Bd. 417 , Drucks. Nr. 3568 , Ziffer 1). Vgl. dazu Politisches Jahrbuch 1927/28, S. 405 f.

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