1.105.4 (mu22p): 4. Bericht über die gegenwärtige außenpolitische und reparationspolitische Lage.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Kabinett Müller II. Band 2 Hermann Müller Bild 102-11412„Blutmai“ 1929 Bild 102-07709Montage  von Gegnern des Young-Planes Bild 102-07184Zweite Reparationskonferenz in Den Haag Bild 102-08968

Extras:

 

Text

RTF

4. Bericht über die gegenwärtige außenpolitische und reparationspolitische Lage.

Auf Antrag des Reichsministers des Auswärtigen beschloß das Kabinett nach kurzer Aussprache, daß den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses des Reichstages der Wortlaut nachstehender außenpolitischer Vereinbarungen zur streng vertraulichen Kenntnisnahme mitgeteilt werden soll:

1.

Das Abkommen der Reichsregierung mit der Botschafterkonferenz vom Juli/August 1929 über die rheinischen Bahnen8.

2.

Das belgische Markabkommen vom 13. Juli 19299.

3.

Das Abkommen mit Polen über die Einstellung der Liquidationen vom 31.10.192910.

Der Reichsverkehrsminister wies darauf hin, daß mit der Bekanntgabe des Abkommens über die rheinischen Bahnen an die Abgeordneten des Auswärtigen Ausschusses die Angelegenheit nicht erledigt sein werde. Die Forderung der Öffentlichkeit, insbesondere weiter Kreise des besetzten Gebietes nach Veröffentlichung des Wortlautes dieses Abkommens könne kaum länger zurückgewiesen werden11.

Der Reichsminister des Auswärtigen erwiderte, daß er durch den Botschafter von Hoesch bei der französischen Regierung anfragen lassen wolle, ob diese mit der Veröffentlichung einverstanden sei. Bejahendenfalls habe er gegen die Veröffentlichung keine Bedenken. Falls die französische Regierung wider Erwarten Widerspruch erheben sollte, werde man den Wünschen der Öffentlichkeit durch Veröffentlichung einer eingehenden Inhaltsangabe des Abkommens Rechnung tragen können.

Der Reichsminister des Auswärtigen machte ferner darauf aufmerksam, daß der Wortlaut der vorgenannten Vereinbarungen auch den Länderregierungen mitgeteilt werden müsse, nachdem er den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses des Reichstags zugegangen sei. Schließlich forderte der Reichsminister des Auswärtigen noch mit allgemeiner Zustimmung, daß die Mitglieder des Reichskabinetts bei ihren Fraktionen dafür eintreten müßten, daß im Auswärtigen[1182] Ausschuß unter keinen Umständen Beschlüsse über auf der kommenden Haager Konferenz noch zu regelnde Fragen gefaßt werden dürften.

Nach kurzer Aussprache erklärte sich das Reichskabinett ferner damit einverstanden, daß der Auswärtige Ausschuß des Reichsrats zur allgemeinen Unterrichtung über die Haager Konferenz auf Mittwoch, den 4. Dezember vormittags 10 Uhr einberufen werden solle.

Nach Erledigung dieser Vorfragen berichtete Ministerialdirektor Dorn eingehend über das in der Anlage zusammengestellte Ergebnis der Arbeiten des Pariser Organisationskomitees für die Liquidierung der Vergangenheit12.

Der Reichsminister der Finanzen dankte darauf den deutschen Mitgliedern dieses Organisationskomitees für ihre im schweren Abwehrkampf geleistete aufopferungsvolle erfolgreiche Arbeit.

Diesem Danke schloß sich der Reichskanzler an.

Der Reichsminister der Finanzen stellte sodann zwei Fragenkomplexe zur Erörterung:

1. Die Frage der Behandlung der Liquidationsüberschüsse,

2. die Sanktionsfrage.

Fußnoten

8

Über die seit 1922 anhängige Frage des Eisenbahnnetzes in der entmilitarisierten Zone hatten im Juni/Juli 1929 Verhandlungen zwischen Vertretern des AA und des RVM einerseits sowie mit der Botschafterkonferenz und der IMKK andererseits stattgefunden. Zur Diskussion hatten die Forderungen der Alliierten auf Zerstörung der Bahnanlagen und die Einschränkung künftiger Bauten, begründet mit Art. 43 VV, sowie die Gefährdung der Besatzungstruppen durch beantragte Bauten gestanden. Die Regelung dieser Angelegenheit war durch einen Notenwechsel zwischen Briand und v. Hoesch am 17. 7. und 4.8.29 erfolgt. Das „Material betreffend die Vereinbarungen mit der Botschafterkonferenz vom Juli/August 1929 über die rheinischen Eisenbahnen“ befindet sich in R 43 I /298 , Bl. 273-287, hier: Bl. 273-287.

9

Siehe RGBl. 1930 II, S. 541  ff. und 546 ff.

10

Siehe RGBl. 1930 II, S. 549 .

11

Veröffentlicht als RT-Drucks. Nr. 1435, Bd. 438 . Siehe auch die Ausführungen des nationalsozialistischen Abgeordneten Frick am 28. und 29. 11. (RT-Bd. 426, S. 3284  und 3291).

12

Während der Liquidationsverhandlungen hatten im besonderen die kleinen Gläubigerstaaten (Griechenland, Jugoslawien, Portugal und Rumänien) Vorbehalte gegenüber dem Verzicht auf Ansprüche der Regierungen für eigene Rechnung und auf bestimmte Gruppen von Ansprüchen angemeldet (Telegraphische Berichte über die Verhandlungen durch Dorn und Schäffer in R 43 I /298 ). Die Arbeit der Liquidationskommission wurde zusammengefaßt in den „Propositions pour la redaction du protocol final“: I. La liquidation du passé. II. Mesures requises en vue du passage du règime actual à celui du Nouveau Plan (hiervon befindet sich die engl. Fassung gleichfalls in R 43 I /298 , Bl. 334-339, 348-353, hier: Bl. 334-339, 348-353; eine dt. Übersetzung wurde nicht ermittelt).

Extras (Fußzeile):