1.145.3 (mu22p): II. Sachlieferungsfragen.

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Kabinett Müller II. Band 2 Hermann Müller Bild 102-11412„Blutmai“ 1929 Bild 102-07709Montage  von Gegnern des Young-Planes Bild 102-07184Zweite Reparationskonferenz in Den Haag Bild 102-08968

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II. Sachlieferungsfragen.

Die gesamten Sachlieferungsfragen tragen einen stark technischen Charakter. Es wird daher als zweckmäßig angesehen, auf der Haager Konferenz einen besonderen Unterausschuß für die Beratung der Sachlieferungsfragen zu bilden. In organisatorischer Beziehung wird in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des BIZ – Komitees die Behandlung der Sachlieferungsfragen durch Regierungskommissare der beteiligten Mächte und Beschränkung der BIZ auf die rein finanziellen Aufgaben des Sachlieferungswesens als zweckmäßig angesehen2.

1.

Streitfragen mit Rumänien wegen Bezahlung der laufenden Sachlieferungsverträge.

Soweit in rumänischen Reparationsverträgen die Klausel enthalten ist, daß zu ihrer Bezahlung nur die gesamten Reparationszahlungen zu verwenden sind, die Rumänien bis zum 31. August 1931 erhält, kann ein rechtlicher Zwang zur Zahlung gegen Rumänien nicht ausgeübt werden.

Es ist zu versuchen, die Streitfrage mit Rumänien durch Sonderverhandlungen in erträglicher Weise zu regeln3.

2.

Organisatorische Regelung der Sachlieferungen.

Die Funktionen der bisherigen Sachlieferungsabteilung sind durch besondere Sachlieferungskommissare der deutschen Regierung und der interessierten Gläubigerregierung zu übernehmen. Von der Bildung einer besonderen Sachlieferungsabteilung der Bank kann Abstand genommen werden. Die Mitwirkung der BIZ im Sachlieferungsverfahren ist auf das Zahlungsverfahren zu beschränken4.

3.

Nationalität der drei Mitglieder der Sachlieferungsabteilung.

Die Frage wird gegenstandslos, wenn keine besondere Sachlieferungsabteilung bei der Bank eingerichtet wird. Andernfalls kann die Austragung der Streitfrage, ob das dritte Mitglied italienischer oder englischer Nationalität sein soll, den Gläubigerregierungen überlassen bleiben.

4.

Befugnisse des Auslegungsschiedsgerichts bei Streitigkeiten über Verletzung der Diskriminationsklausel.

Die Forderung, daß in solchem Streitfalle die streitige Summe vom Auslegungsschiedsgericht vorläufig zur Verfügung der klagenden Gläubigerregierung gestellt werden kann, wird lediglich vom italienischen Vertreter erhoben. Sie ist unter Berufung auf die technischen Schwierigkeiten von deutscher Seite abzulehnen5.

5.

Umfang des Auskunftsrechts der Kommissare der Gläubigerregierungen.

Das von England verlangte erweiterte Auskunftsrecht ist unter Berufung auf die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses soweit als möglich zu bekämpfen. Notfalls können Konzessionen gemacht werden6.

6.

Genehmigung von Sachlieferungsverträgen unmittelbar durch die beteiligten Regierungskommissare.

Eine Lösung in diesem Sinne liegt im deutschen Interesse. Dadurch wird die Mitwirkung der im Sachlieferungsverkehr nicht unmittelbar beteiligten Gläubigerregierungen ausgeschaltet.

7.

Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen neutralem Schiedsrichter des Sachlieferungsreglements und Auslegungsschiedsgericht des Sachverständigenplans.

Leitender Gedanke:

Schaffung eines beschleunigten und einfachen Verfahrens für die Entscheidung laufender Streitigkeiten ohne grundsätzliche Bedeutung, die sich bei[1318] der Anwendung des Sachlieferungsreglements, insbesondere im Genehmigungsfalle, ergeben. Möglichkeit der Anrufung des allgemeinen Auslegungsschiedsgerichts auch bei streitigen Sachlieferungsfragen, soweit sie von allgemeiner Bedeutung für die Anwendung und Auslegung des neuen Planes sind7.

Die Durchführung dieser Richtlinien im einzelnen ist technischer Natur.

Fußnoten

2

Das Komitee hatte sich auf Artikel 2 der Anlage II zum Haager Protokoll vom 31.8.29 (RGBl. 1930 II, S. 71 ) bezogen (Bericht des Komitees vom 26.11.29; R 43 I /299 , Bl. 222-265, hier: Bl. 222-265).

3

Der rumänische Delegierte Zeuceanu hatte dem Vorsitzenden der Sachlieferungskommission, Mosca, mitgeteilt, die rumänische Regierung fühle sich nur bis zum 31.8.31 an die Bestimmung gebunden, die Sachlieferungen mit ihren Reparationsannuitäten zu zahlen (16.11.29). Dem war von der deutschen Delegation entgegengehalten worden, Rumänien trage mit dieser Ansicht den im voraus geleisteten Lieferungen keine Rechnung. Das Sachlieferungskomitee erwartete abschließende Verhandlungen zwischen Deutschland und Rumänien (Bericht des Sachlieferungskomitees vom 26.11.29 mit Anlagen I–III; R 43 I /299 , Bl. 222-265, hier: Bl. 222-265).

4

Siehe die abschließende Regelung in Titel VII „Genehmigung der Verträge“ sowie Anlage IV „Organisation“ der Anlage IX zum Haager Schlußprotokoll (RGBl. 1930 II, S. 223  f. und 233 f.).

5

Siehe für die Regelung dieser Frage den Artikel 15 im RGBl. 1930 II, S. 222 .

6

Nur England hatte sich für diese Regelung ausgesprochen (Komiteebericht vom 26.11.29; R 43 I /299 , Bl. 222-265, hier: Bl. 222-265). Zu den Aufgaben der Kommissare siehe Titel IV, Abs. 19 RGBl. 1930 II, S. 223  f.

7

Das Juristenkomitee hatte festgestellt, es müsse noch geklärt werden, welche Fragen nach Artikel 113 und 114 des Young-Plans vor den Schiedsrichter oder vor das neutrale Schiedsgericht kämen (Bericht vom 13.12.29; R 43 I /299 , Bl. 173-214, hier: Bl. 173-214).

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