1.171 (mu22p): Nr. 427 Vermerk Staatssekretär Pünders über ein Telefongespräch mit dem Reichsbankpräsidenten am 30. Januar 1930 betr. Verhalten der SPD und der DDP

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[1406] Nr. 427
Vermerk Staatssekretär Pünders über ein Telefongespräch mit dem Reichsbankpräsidenten am 30. Januar 1930 betr. Verhalten der SPD und der DDP

R 43 I /962 , Bl. 181, hier: Bl. 181

Herr Reichsbankpräsident Dr. Schacht rief mich heute in der Frage der Abänderung des Reichsbankgesetzes und des gegen ihn gerichteten politischen Kampfes an. Er erwähnte einleitend, daß er nunmehr von zwei Richtungen angegriffen worden sei, seitens der Demokraten und seitens der Sozialdemokraten. Auf die ganzen Zeitungspöbeleien habe er bisher nicht geantwortet, um der Regierung keine Schwierigkeiten zu machen. Falls er sich entschließen sollte, nunmehr doch zu antworten, so möchte er dies nicht tun, ohne sich insbesondere zuvor mit dem Herrn Reichskanzler ausgesprochen zu haben. Zu diesem habe er ganz besonderes Vertrauen, und zum anderen sei der Herr Reichskanzler als prominentes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei wohl auch über alle politischen Strömungen am besten orientiert.

Wenn der Reichsbankpräsident wirklich in irgendeinem Punkt seine Zuständigkeit überschritten haben sollte, so wäre er sehr dankbar, wenn der Herr Reichskanzler ihm Gelegenheit geben möchte, sich mit ihm hierüber offen auszusprechen. Ob er dann irgendwelche Schritte in der Öffentlichkeit unternehme, müsse ganz von dem Ergebnis dieser Aussprache abhängen.

Wir beide haben uns in dem längeren Telephongespräch ganz freimütig über die Angelegenheit ausgesprochen; Präsident Schacht zeigte sich über den neuesten Stand der Entwicklung, einschließlich des Ergebnisses der gestrigen sozialdemokratischen Fraktionssitzung, genau unterrichtet1. Er schien auch durchaus Verständnis dafür zu haben, als ich bei ihm persönlich und ganz unmaßgeblich anregte, doch möglichst von einer öffentlichen Kundgebung in der nächsten Zukunft Abstand zu nehmen. Durch Fragen stellte ich dann noch fest, daß die dem Herrn Reichsfinanzminister Moldenhauer durch Schacht angekündigte Verlautbarung des Reichsbankdirektoriums auch noch keineswegs beschlossene Sache ist2. Alles in allem hatte ich auch den Eindruck, daß Herr Präsident Schacht im Augenblick alles andere als kampfwütig ist. Er machte es[1407] auch mit der Besprechung beim Herrn Reichskanzler nicht sehr eilig und bat schließlich nur nochmals um Übermittlung an den Herrn Reichskanzler, ob er ihn in den nächsten Tagen einmal aufsuchen dürfe.

Abschließend stellte ich fest, daß der Herr Reichskanzler zu einer solchen vertraulichen Aussprache gewiß gern zur Verfügung stehen werde und er voraussichtlich schon morgen von mir weiteres hören werde3.

Pünder

Fußnoten

1

In Anwesenheit des RK und der sozialdemokratischen RM hatte die Fraktion sich für die Unabhängigkeit der Rbk ausgesprochen, sich aber „auf das schärfste“ gegen Eingriffe des RbkPräs. in die politische Führung des Reichs gewandt. Nach Annahme der Young-Gesetze sei die Möglichkeit gegeben, durch ein Initiativgesetz die RReg. auf die Berufung des RbkPräs. und die Zusammensetzung des Generalrats der Rbk Einfluß nehmen zu lassen. Der Fraktionsvorstand war mit den entsprechenden Vorbereitungen beauftragt worden (MNN, 30.1.30).

2

Hier handelt es sich wahrscheinlich um eine beabsichtigte Verlautbarung, über die der RFM am 25.1.30 durch Clemens Lammers unterrichtet worden war, nachdem dieser ein Gespräch mit Schacht geführt hatte. Dabei hatte Schacht ausgeführt: „Er werde sich jetzt ganz von der Politik zurückhalten. Seinen Standpunkt hat er im Memorandum niedergelegt. Die Rbk hat keine politischen Äußerungen mehr von sich zu geben. Sie werde das zunächst in einer Bekanntgabe erklären“ (Tagebuch Schäffers vom 25.1.30; Institut für Zeitgeschichte: ED 93).

3

Siehe Dok. Nr. 431.

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