1.95 (str2p): Nr. 209 Der Reichsinnenminister an den Staatssekretär in der Reichskanzlei. 31. Oktober 1923

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Text

RTF

[919] Nr. 209
Der Reichsinnenminister an den Staatssekretär in der Reichskanzlei. 31. Oktober 1923

R 43 I /2309 , Bl. 277/278

[Betrifft: Sachsen.]

Anliegend übersende ich ergebenst Abschrift eines Antrages von Herrn Dr. Zeigner an den Reichsrat vom 29. Oktober 1923 nebst Anlagen1.

Nach der Geschäftsordnung des Reichsrats muß jede Eingabe an den Reichsrat dem Reichsrat vorgelegt werden. Mit Rücksicht darauf, daß in Sachsen inzwischen eine neue Regierung gebildet ist, könnte dies in der Form geschehen, daß der Vollsitzung von dem Eingang des Schreibens Mitteilung gemacht und eine Entschließung herbeigeführt wird, ob etwa mit Rücksicht auf den Wechsel der Regierung2 zunächst abgewartet werden soll, ob die neue Sächsische Regierung ihrerseits den Antrag auf Besprechung im Reichsrat aufnimmt. Sollte dies geschehen – worüber ich vorher mit der Sächsischen Gesandtschaft Fühlung nehmen könnte – so würde die weitere Behandlung Sache des Reichsrats sein, andernfalls könnte die Angelegenheit zunächst bis zur Wiederaufnahme durch die Sächsische Regierung als erledigt angesehen werden.

Ich bitte ergebenst mir möglichst umgehend mitzuteilen, ob der Herr Reichskanzler mit diesem Vorgehen einverstanden ist3.

Das von Herrn Dr. Zeigner bei dieser Gelegenheit mitgeteilte Schreiben des Herrn Reichskommissars Dr. Heinze über die Absetzung der sächsischen Minister hat übrigens nicht der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten vom 29. Oktober entsprochen. Abgesehen von der Frage, ob zu der Zeit, als Dr. Heinze die Entsetzung aussprach4, das Reichsgesetzblatt in Berlin schon ausgegeben war, war durch die Verordnung nicht der Reichskommissar sondern nur der Reichskanzler ermächtigt, die Entsetzung auszusprechen5.

Die Frage der Rechtsgültigkeit des Aktes ist insofern praktisch bedeutungslos,[920] als inzwischen die Neubildung der Regierung erfolgt ist; sie hat aber naturgemäß politische Bedeutung6.

Sollmann

Fußnoten

1

Zeigner hatte dem RR den Briefwechsel zwischen dem RK und ihm vom 27./28.10.23 (Dok. Nr. 188, 191) mitgeteilt sowie die Absetzungsmitteilung an die Mitglieder der sächs. Regierung durch RKom. Heinze vom 29.10.23. Er hatte außerdem auf sein Schreiben an den RK v. 29.10.23 verwiesen, in dem er „schärfste Verwahrung“ gegen das Vorgehen der Reichsregierung eingelegt hatte (R 43 I /2309 , Bl. 217). Schließlich hatte Zeigner in seinem Schreiben an den RR vom 29.10.23 gebeten, „die gesamte Angelegenheit zum Gegenstande einer Besprechung im Reichsrate zu machen“ (R 43 I /2309 , Bl. 280). Ein Protest Zeigners beim RPräs. wurde nach Kenntnisnahme Eberts an die Rkei abgegeben (R 43 I /2309 , Bl. 243).

2

S. Dok. Nr. 206.

3

Der RK war, wie dem RIM am 2.11.23 mitgeteilt wurde, der Ansicht, daß Zeigners Antrag „dem Reichsrat alsbald vorzulegen sei“. Dann solle abgewartet werden, ob die neue Regierung Sachsens den Antrag aufnehme (R 43 I /2309 , Bl. 281).

4

Heinze hatte um 12 Uhr mittags die Absetzung aussprechen lassen.

5

Die Ermächtigung des RK war in § 1 der VO vom 29.10.23 ausgesprochen worden (RGBl. I, S. 995 ).

6

Zur Frage der Rechtsgültigkeit s. Dok. Nr. 226.

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