2.5 (str2p): Nr. 5 General von Seeckt an Botschafter Wiedfeldt. 4. November 1923

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Text

RTF

Nr. 5
General von Seeckt an Botschafter Wiedfeldt. 4. November 1923

BA-MA: NL von Seeckt 179, Bl. 88 Entwurf eigenhändig1

Sehr verehrter Herr Botschafter!

Die Ereignisse drängen der Entscheidung zu. Mit dem endgültigen Zusammenbruch des Kabinetts Str. muß gerechnet werden. Der Nachfolger muß bereitstehen; denn wir vertragen keine regierungslose Zeit. Er wird mehr sein als ein Nachfolger und muß ein Führer sein zu besserer Zukunft. Sie kennen die Probleme und kennen auch meine Stellung zu ihrer Lösung. Sie wissen, daß ich und viele auf Sie rechnen2. Ich schreibe Ihnen nicht nur mit Wissen, sondern auf Wunsch des Reichspräsidenten3, mit dem ich in den letzten Tagen eingehende Unterredungen hatte, die in vielen Fragen zur Verständigung führten. Wenn ich danach seine Auffassung kurz zusammenfasse, so geht diese dahin: Das Kabinett Str. wird sich kaum halten können, wenn ihm nicht wider Erwarten die Lösung der Währungsfrage, des bayerischen Zwistes und ein Erfolg auf äußerem Gebiet gelingt. Eine erfolgreiche Regierung mit dem Parlament ist nach Ausscheiden der S.D. ausgeschlossen. Es muß dann ein kleines Kabinett mit Direktoriums-Charakter und Ausnahme-Vollmachten folgen4. Sie wissen, daß ich diese Entwicklung voraussehe und anstrebe. Sie naht ihrer Verwirklichung. Diese kann durch unvorhergesehene Ereignisse beschleunigt auch vielleicht gestört werden. Es ist schon viel Zeit verloren.[1216] Auch in diesem Fall werde ich versuchen, die Dinge aufzuhalten und der gewünschten Entwicklung zuzuführen. Gern riefe ich Sie mit Gewalt hierher, dazu habe ich aber kein Recht. Ich kann Sie heute nur bitten, sich bereitzuhalten, hierherzukommen und entscheidend mitzuwirken an einer Besserung der Verhältnisse. Ich hoffe bestimmt, daß Sie sich einem Ruf nicht versagen werden.

In bekannter Verehrung bin ich

Ihr Ihnen aufrichtig erg[ebener]

S[eeckt]

Fußnoten

1

Teilweise abgedruckt in F. v. Rabenau, Seeckt. Aus seinem Leben, S. 370 f.

2

Seeckt hatte Anfang Oktober mit Wiedfeldt anläßlich dessen Deutschlandaufenthalts eine Besprechung geführt, s. E. Schröder, Otto Wiedfeldt, S. 151; ders., Otto Wiedfeld als Politiker und Botschafter der Weimarer Republik, S. 157.

3

Über den Direktor der HAPAG Arndt von Holtzendorff ging am 16.11.23, 14.30 Uhr ein Telegramm an den New Yorker Repräsentanten der Firma mit dem Auftrag: „Go immediately Washington, personally forward message to German ambassador, commander of army conform with German president ask German ambassador, if he does accept position of chancellor and minister of foreign office in German government to be formed, answer code Holtzendorff oceanfahrt. Berlin official cable impossible“ (BA-MA: NL von Seeckt , 179, Bl. 92).

4

S. die Erwiderung Wiedfeldts in Anhang Nr. 6.

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