2.122.1 (bru1p): Fortsetzung der Aussprache zur Vorbereitung über den Finanz- und Wirtschaftsplan der Reichsregierung.

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Fortsetzung der Aussprache zur Vorbereitung über den Finanz- und Wirtschaftsplan der Reichsregierung.

Neuregelung der Wohnungswirtschaft.

Der Reichskanzler stellte fest, daß auf Grund von Vorbesprechungen zwischen den beteiligten Ressorts hinsichtlich des Bauprogramms im großen und[460] ganzen eine Einigung erzielt worden sei. Diese sehe in großen Zügen folgendes vor:

Für den Wohnungsbau werden im Rechnungsjahr 1931 zur Verfügung gestellt:

a)

400 Millionen RM aus dem Aufkommen der Hauszinssteuer;

b)

400 Millionen RM aus Privatanleihemitteln, deren Aufbringung das Reich sicherstellt.

Gebaut werden sollen mit den 400 Millionen Hauszinssteuermitteln 165 000 Wohnungen mit Hauszinssteuerhypotheken von 2500 RM je Wohnung und Zinsverbilligung für die I B Hypothek; ferner 50 000 Wohnungen aus sichergestelltem privaten Baukapital von 400 Millionen RM.

Über den Betrag von 400 Millionen RM aus Hauszinssteuermitteln werden Etatsmittel für Wohnungsbauzwecke nicht zur Verfügung gestellt1.

Senkung der Realsteuern.

Der Reichsminister der Finanzen blieb bei seinen früheren Vorschlägen, die dahin gehen:

a)

Senkung der Gewerbesteuern um 20 v.H. (Entlastung von 200 Millionen),

b)

Senkung der Grundsteuern bei landwirtschaftlichen Grundstücken um 10 v.H. (Entlastung von 120 Millionen),

c)

anstelle der Grundsteuer kann bei nicht landwirtschaftlichem Grundbesitz die Hauszinssteuer um 2 v.H. der Friedensmiete gesenkt werden,

d)

für notleidende Gemeinden soll ein Ausgleichsfonds (80 Millionen) gebildet werden.

Zur Ermöglichung der vorstehend genannten Maßnahmen wird den Ländern und Gemeinden ein Betrag von 400 Millionen aus dem Aufkommen an Hauszinssteuer zur Verfügung gestellt2.

Der Preußische Finanzminister äußerte gegen die beabsichtigte Senkung der Realsteuern grundsätzliche Bedenken. Er meinte, es sei den Gemeinden ohnehin schon kaum möglich, bei der gegenwärtigen Höhe der Realsteuern ihren Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Die Gesamtheit der preußischen Gemeinden müsse wegen der gestiegenen Wohlfahrtslasten im Jahre 1931 mit Mehraufwendungen von 150 Millionen RM rechnen. Durch den Rückgang der Überweisungssteuern entstehe ihnen ein weiterer Ausfall von 100 Millionen <und schließlich betrage der Rückgang aus den eigenen Steuerquellen,>* insbesondere bei den Einnahmen aus den Städtischen Werken, weitere 150 Millionen RM. Die Gesamtverschlechterung berechne sich mithin auf 400 Millionen. Diese Verschlechterung könne durch Einnahmen aus den durch die Notverordnung vom 26. Juli eröffneten neuen Steuerquellen nur in Höhe von 200 Millionen ausgeglichen werden3. Eine weitere Verbesserung in Höhe von 65[461] bis 70 Millionen werde die 5%ige Gehaltskürzung bringen. Der Rest von 130 bis 135 Millionen sei einstweilen nicht zu decken. Unter diesen Umständen sei eine Senkung der Steuern verfehlt.

Der Reichsbankpräsident führte aus, daß vom Standpunkt des Vertrauens in die deutsche Kreditfähigkeit eine Senkung der Realsteuern sehr zu begrüßen sein werde.

Beschlüsse wurden nicht gefaßt.

Reichshaushaltsplan 1931.

Ministerialdirektor v. Krosigk legte dar, daß eine nochmalige Überprüfung der Abschlußzahlen für den Haushaltsplan 1931 einen noch nicht gedeckten Fehlbetrag von 81,5 Millionen RM ergeben habe. Bei der Überprüfung der bisherigen Zahlen sei zwar die Kürzung der Überweisungen an die Länder um den aus der 5%igen Gehaltskürzung sich ergebenden Betrag von 235 Millionen aufrechterhalten worden, nicht jedoch die Schätzung von 235 Millionen Mehraufkommen aus der Tabaksteuer. Im Anlaufjahr 1931 könne aus der erhöhten Tabaksteuer mit einem Mehrerlös von 100 Millionen RM gerechnet werden.

Der außerordentliche Haushalt schließe mit einem Anleihebedarf von 95 Millionen RM ab.

Der Reichsminister der Finanzen behielt sich Vorschläge zur Deckung des Defizits für den Nachmittag vor.

Der Preußische Finanzminister erklärte, daß es unmöglich sein werde, den Ländern und Gemeinden die durch die Gehaltskürzung eintretenden Ersparnisse an Überweisungen zu kürzen.

Die Aussprache hierüber wurde auf den Nachmittag vertagt.

Fußnoten

1

Vgl. Dok. Nr. 121, Anm. 11.

2

S. Dok. Nr. 121.

*

<...> In der Druckfassung: „Diese Verschlechterung könne durch Einnahmen aus den durch die Notver-“. Anm. der Online-Edition.

3

Die NotVO vom 26.7.30 hatte die Gemeinden ermächtigt, eine Gemeindebiersteuer und eine Bürgersteuer zu erheben (RGBl. I, S. 314 –316). Vgl. auch Dok. Nr. 67 und Dok. Nr. 69, Anm. 2.

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