1.139.1 (lut2p): Fürstenabfindung.

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Fürstenabfindung.

Der Reichskanzler erörterte die einzelnen noch strittigen Punkte1.

In der Frage der Zusammensetzung des Reichssondergerichts wurde Übereinstimmung darüber erzielt, daß das Reichssondergericht unter Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten und in der Besetzung von vier Berufs- und vier Laienrichtern entscheiden solle.

Auf Wunsch des Abg. Koch und unter Billigung der übrigen Parteien erklärte sich der Reichsminister der Justiz dazu bereit, eine erläuternde Erklärung abzugeben, daß die vier Laien nicht dem Richterstande angehören sollten und daß der Gesetzestext so gefaßt werden solle, daß der Reichsgerichtspräsident den Vorsitz regelmäßig führen müsse, daß jedoch in seinem Behinderungsfalle ein Stellvertreter fungieren werde2.

In der Frage der Rückwirkung wurde kein abschließendes Ergebnis erzielt. Es bestand lediglich Übereinstimmung darüber, daß dann, wenn vor Inkrafttreten des Gesetzes in einem Lande eine Auseinandersetzung bereits endgültig erledigt worden sei, durch übereinstimmenden Antrag beider Parteien die Sache binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vor das Reichssondergericht gebracht werden könne. Im übrigen wurde es als wünschenswert bezeichnet, daß rechtskräftige Urteile als solche bestehen blieben.

Die anwesenden Vertreter der Deutschdemokratischen Partei äußerten hiergegen allerdings Bedenken.

Auch über die §§ 5 und 63 des Entwurfs wurde Einverständnis erzielt. Im § 5 war man sich darüber einig, daß aus der Streitmasse dem Land auf sein Verlangen vorweg Gegenstände zuzuteilen seien, auf deren Besitz es aus Gründen der Kultur und Volksgesundheit Gewicht lege.

[1192] Der Wunsch der anwesenden Vertreter der Demokratischen Partei, eine klare Möglichkeit dafür zu schaffen, den Fall Flatow-Krojanke4 in das Gesetz zweifelsfrei in dem Sinne einzubeziehen, daß Flatow-Krojanke durch das Land in Anspruch genommen werden könne, wurde ausführlich erörtert, ohne daß eine Übereinstimmung erzielt werden konnte.

Auch über die Aufwertungsbestimmungen wurde noch keine Übereinstimmung erzielt.

Zur Frage des taktischen Vorgehens äußerte sich der Abg. Dr. Scholz dahin, daß der Entwurf so gestaltet werden müsse, daß er zum mindesten für die Deutschnationalen und für die Sozialdemokraten gleichmäßig annehmbar sei. Jedenfalls werde es besser sein, wenn der Entwurf mit den Deutschnationalen zusammen durchgebracht werde, als daß man lediglich die Unterstützung der Sozialdemokraten erlange.

Die Abgeordneten Schulte (Zentrum) und Koch (DDP) standen demgegenüber auf dem Standpunkt, daß der Entwurf mit Hilfe der Sozialdemokraten im Plenum durchgebracht werden müsse.

Nach kurzer Erörterung wurde beschlossen, daß die Fraktionen nachmittags im Reichstag unter Unterstützung des Reichsjustizministeriums weitertagen sollten. Eine abschließende Besprechung wurde für 8 Uhr abends in der Reichskanzlei unter Vorsitz des Reichskanzlers vereinbart5.

Fußnoten

1

Vgl. dazu Dok. Nr. 302 und 305, P. 3, dort bes. Anm. 7.

2

Eine entsprechende Erklärung des RJM veröffentlicht „Tägliche Rundschau“ am 6. 3.

3

§ 5 des Entwurfs enthält Bestimmungen über die Entnahme von Vermögenstücken (u. a. Schlösser, Museen, Bibliotheken, Parkanlagen) aus der sogen. Streitmasse. § 6 regelt die Entnahme solcher Vermögensstücke aus dem Privatvermögen der Fürsten gegen Entschädigung. Vgl. die ausführliche Wiedergabe dieser Bestimmungen in der Kabinettsvorlage des RIM und des RJM vom 2. 3. (Dok. Nr. 302).

4

Zum pr. Kronfideikommiß gehörende Herrschaft (Grenzmark Posen-Westpreußen) mit ausgedehnten Waldungen, deren Nießbrauch dem Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, Sohn des Prinzen Friedrich Karl, zustand. Der größere Teil dieser sofort nach Kriegsende beschlagnahmten Besitzungen (s. Bekanntmachung vom 13.11.18 in: Pr. Gesetzsammlung, Nr. 38, S. 189) wird im Vertrag zwischen Preußen und dem Hause Hohenzollern vom 6.10.26 (s. Drucks. des Pr.LT Nr. 4160, Bd. 719) als fürstliches Eigentum anerkannt und zurückgegeben.

5

S. Dok. Nr. 310.

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