2.107.2 (bau1p): 2. Verhandlungen mit Francqui wegen der 6,1 Milliarden deutscher Banknoten in Belgien.

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Das Kabinett BauerKabinett Bauer Bild 183-R00549Spiegelsaal Versailles B 145 Bild-F051656-1395Gustav Noske mit General von Lüttwitz Bild 183-1989-0718-501Hermann EhrhardtBild 146-1971-037-42

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RTF

2. Verhandlungen mit Francqui wegen der 6,1 Milliarden deutscher Banknoten in Belgien7.

Geheimrat Hemmer verlas ein Protokoll, das über die Verhandlungen mit Francqui aufgesetzt war und zu dem Ergebnis geführt hatte, daß eine bindende Verpflichtung Belgiens hinsichtlich der Auslieferungsfrage und der Nichtliquidation des deutschen Vermögens in Belgien in Form einer bestimmten Zusage seitens Belgiens nicht gemacht sei. Nach eingehender Erörterung kam man zu dem Ergebnis, daß man die Zustimmung zu dem Vertrage8 ohne die besondere Zusage seitens Belgiens, insbesondere hinsichtlich der Auslieferungsfrage, nicht tätigen könne. Es wurde beschlossen, die Verhandlungen auszusetzen, bis der Ministerialdirektor von Simson über das Ergebnis seiner Verhandlungen in Paris Mitteilung gemacht hätte9.

[401] Dies geschah in der auf Nachmittag 4 Uhr anberaumten Besprechung, in der beschlossen wurde, dem Abkommen zuzustimmen, vorausgesetzt, daß Belgien den in der Anlage formulierten Vorbehalt unterzeichne10.

Fußnoten

7

Zum Gesamtzusammenhang s. Dok. Nr. 94. – Von belgischer Seite war Mitte November ein Vertragsentw. nach Berlin gelangt, über den der RFM mit Minister Francqui unter maßgeblicher Beteiligung des Bankiers Urbig und mit Vertretern des AA, jedoch ohne Einschaltung der Rbk am 22., 23. und 24. 11. in Berlin verhandelte. Da die Umwandlung des in belgischem Besitz befindlichen Markbetrages grundsätzlich schon früher zugesagt war, richteten die dt. Bemühungen sich jetzt darauf, neben Zinskorrekturen bestimmte wirtschaftliche und politische Konzessionen von Belgien zu erzielen.

8

In dem vorliegenden Entw. eines Markabkommens verpflichtet sich die RReg., 5,5 Mrd M gegen 40 mit 5% verzinsliche, über 50 bis 200 Mio M lautende, halbjährlich von 1920 bis 1939 fällig werdende Schatzbons einzutauschen. Die bei den Fälligkeitsterminen gegenüber dem Kursverhältnis 1 M = 1,25 bfrs festgestellte Kursdifferenz will die RReg. am 1.11.39 in belgischen Franken aufbringen. Für den zwischen 5,5 und 6,1 Mrd M verbleibenden Restbetrag in Höhe von 600 Mio M sollen mit 5% verzinsliche, auf Mark lautende Schatzscheine ausgegeben werden, bei denen von einer Kursdifferenzberechnung abgesehen wird (R 43 I /1352 , Bl. 255–263).

9

Einzelheiten zum Verlauf der Kabinettsberatungen s. in den Tagebuchaufzeichnungen RIM Kochs vom gleichen Tag: „Zweiter Gegenstand: Vertrag mit Belgien. Erklärungen Francquis werden verlesen, die einseitig von deutscher Seite (!) zu Protokoll gebracht sind. Sehr weitgehende freundliche Erklärungen, aber wenn man weiter zufaßt, nichts Verbindliches. 1. Auslieferung: Belgien ist solidarisch mit den Verbündeten, wird aber bei den Verbündeten alle Anstrengungen machen, daß die Auslieferung unterbleibt. Es wird seinerseits auch nicht auf Auslieferung dringen. Übrigens dächten auch die maßgebenden Engländer und 9/10 des französischen Kabinetts (welches eigentlich, da die Kammer vor 4 Tagen neu gewählt ist?) ganz so. Im ganzen würden überhaupt nur noch hundert Personen in Frage kommen. Sie sollten vor eine cour unique gestellt werden, den aber niemand in seinem Lande haben wolle. 2. Wegen der Beschlagnahme deutschen Eigentums solle unseren Wünschen im allgemeinen entsprochen werden. Ein Gesetzentwurf gehe an die Kammer und werde angenommen werden. Nur der Herzog von Ahrensberg mit seinen großen Wäldern, die allein geschont seien, könne vielleicht nicht unangetastet bleiben. 3. Die Ausfuhrverbote an der Grenze sollten durchgehalten werden. – Bauer und Schiffer äußern starke Bedenken. Es ist nichts Sicheres erreicht. Belgien verzichtet nicht auf Auslieferung an Belgien, es will nur auf einen allgemeinen Verzicht hinwirken. Erzberger: Man kann nicht mit deutscher Schwerfälligkeit an die Sache herangehen. Wenn Belgien die Zusage nicht erfüllt, so zahlen wir nicht und veröffentlichen die geheimen Zusagen. Hirsch: In der Auslieferungsfrage habe ich als Teilnehmer die Verhandlungen nicht so günstig angesehen wie Erzberger. Francqui erklärte, er könne mit Rücksicht auf die Volksstimmung die Liste nicht zurücknehmen. Die Stopfung des Lochs im Westen ist aber wichtig. In Francs zahlen müssen wir andererseits doch. Ich bin also für den Vertrag. Ebert: In der Auslieferungsfrage muß eine stärkere Bindung erzielt werden. Wir müssen auch erst Simson hören, der von Paris zurück sein soll. Erzberger: Francqui ist ein Volkspsychologe. Er weiß, was er seinem Volke zumuten kann, aber er will zur Versöhnung gelangen. Albert: ‚Alle Anstrengungen machen‘, heißt in der Diplomatensprache nichts als ‚sich nicht binden‘. Bell: Mehr kann man nicht erreichen. Bauer: Sie [Erzberger] sollten nur zustimmen, wenn wegen der Auslieferung bestimmte Erklärungen abgegeben würden. Diese Vollmacht haben Sie überschritten. Jetzt sind wir in unangenehmer Lage. Koch: Francquis Interesse, die Auslieferung zu vermeiden, ist erloschen, wenn dieser Vertrag abgeschlossen ist. Bei der Schwäche seiner Versprechungen stellt er uns die Haltung der übrigen Verbündeten günstiger dar, als sie ist. Vgl. die Erklärung, daß 9/10 des Kabinetts (welches?) gegen die Auslieferung ist. Ist Francqui seiner Sache sicher, so muß er eine Gegenerklärung von uns entgegennehmen, daß Deutschland sich an den Vertrag nicht gebunden halte, wenn es doch zur Auslieferung komme. David: Wir müssen zugreifen. Bauer: Ohne Zwang schließe ich nicht solchen einseitigen Vertrag.“ (Nach der mschr. Übertragung der hschr. Aufzeichnung vom 24.11.19; Nachl. Koch-Weser , Nr. 22, Bl. 15 f.).

10

Einzelheiten s. Dok. Nr. 107 a und b sowie Dok. Nr. 109.

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