1.93 (bru2p): Nr. 345 Vermerk des Ministerialrats Vogels über eine Reparationsbesprechung am 29. Juni 1931, vormittags

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Nr. 345
Vermerk des Ministerialrats Vogels über eine Reparationsbesprechung am 29. Juni 1931, vormittags

R 43 I /312 , Bl. 89 c

In der Besprechung der Reparationsministerien, die am Vormittag des 29. Juni unter dem Vorsitz des Herrn Reichskanzlers in der Reichskanzlei stattfand, stand in der Hauptsache eine Anregung des amerikanischen Botschafters Sackett zur Erörterung, die dieser am voraufgegangenen Nachmittag des 28. Juni an den Reichsaußenminister herangebracht hatte1. Diese Anregung ging dahin festzustellen, wie die deutsche „reaction“ auf einen von den Franzosen bei den Verhandlungen mit dem amerikanischen Schatzsekretär[1243] Mellon vorgebrachten Vorschlag sein werde. Der französische Vorschlag beantragt im wesentlichen folgendes:

Deutschland zahlt während des Feierjahres von der ungeschützten Annuität 500 Millionen RM an die BIZ. Von diesem Betrage werden 4/5 in Form von Krediten an Deutschland zurückgewährt. 1/5 soll anderen notleidenden Ländern Europas (gedacht ist dabei an Polen und die Tschecho-Slowakei) in Form von Krediten zugute kommen. Der Kredit soll 5%ig verzinst werden. Die Kredite sollen in 3 gleichgroßen Raten zurückgezahlt werden in den Jahren 1934, 1935 und 1936.

Wenn Deutschland in den Jahren 1932–1936 den Transferaufschub auf Grund des Young-Planes erklären sollte, soll der Kredit in voller Höhe sofort fällig werden.

Die Sachlieferungsverträge, die auf Grund der bestehenden Verträge, die vor dem 1. Juli zustande gekommen sind, sollen auch während des Feierjahres durchgeführt werden, und von der BIZ aus den von Deutschland eingezahlten 500 Millionen bezahlt werden.

Auf Grund der Aussprache wurden die beiliegenden Punkte festgelegt2, die der Reichsminister des Auswärtigen für seine mündliche Erwiderung an Botschafter Sackett zu Grunde legen soll.

Reichsbankpräsident Luther wies auf die beiliegende Zeitungsnotiz aus der „Börsenzeitung“ hin, die eine Auslassung des „Manchester Guardian“ wiedergibt3. Durch telephonische Rückfrage bei der Bank von England (Gespräch von Geheimrat Vocke mit Herrn Siepmann in London) wurde festgestellt, daß diese Auslassung des „Manchester Guardian“ auf unmittelbare Information der Bank von England zurückgeht4.

Vogels

Fußnoten

1

Leitner hatte bereits am 23. 6. aus Washington berichtet, daß Frankreich an den Sachlieferungen Dtlds festhalte (Telegramm Nr. 272 vom 23.6.31 in Pol. Arch. des AA, WRep Friedensvertrag Allg. 21, Die Frage einer Revision des Young-Plans, Bd. 10). StS v. Bülow unterrichtete Botschafter v. Hoesch in einem Telegramm vom 27. 6. über die Unterredung des RK mit Sackett. Sackett habe um Auskunft über die dt. Stellungnahme gegenüber dem frz. Vorschlag auf Fortsetzung der Sachlieferungen gebeten. Der RK habe grundsätzlich die Fortsetzung der Sachlieferungen im Feierjahr abgelehnt. Zum frz. Vorschlag einer Einzahlung der im Feierjahr gestundeten unaufschiebbaren Annuität an die BIZ habe Brüning jede Stellungnahme abgelehnt (Durchschlag des Telegramm-Entw. in Pol. Arch. des AA, WRep. Friedensvertrag Allg. 21, Die Frage einer Revision des Young-Plans, Bd. 12).

2

S. die folgende Anlage.

3

Nach dem Bericht des „Manchester Guardian“ hatte die Bank von England die frz. Antwort an Hoover ungünstig aufgenommen. Durch den Zwang, die ungeschützten Zahlungen an die BIZ weiter zu leisten, würde die im Hooverplan beabsichtigte Entlastung teilweise hinfällig. Ein völliger Schuldenerlaß für ein Jahr würde Dtld zwingen, zum ersten Male seit dem Kriege wieder die volle Verantwortung für seine eigenen Finanzen zu übernehmen. Daher sei die britische Ansicht für einen vollständigen Erlaß der Schulden und für eine Neuregelung der gesamten Reparationsfrage während des Moratoriumsjahres (Berliner Börsenzeitung Nr. 295 vom 28.6.31, R 43 I /312 , Bl. 92).

4

Vgl. zu diesem Dok. auch die Tagebucheintragung Schäffers vom 29.6.31 (IfZ ED 93 Bd. 11, Bl. 276–278).

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