1.94 (bru3p): Nr. 608 Auswärtiges Amt an den Reichsminister des Innern. 17. Dezember 1931

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 3). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II Band 3Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

Nr. 608
Auswärtiges Amt an den Reichsminister des Innern. 17. Dezember 1931

R 43 I /585 , Bl. 4–5, Abschrift

[Betrifft: Reichspräsidentenwahl]

Vertraulich

Nach Pressemeldungen, die von dem dortigen Sachbearbeiter auf fernmündliche Anfrage bestätigt wurden1, ist in Aussicht genommen, für die bevorstehende Reichspräsidentenwahl als Wahltag den 13. März 1932 und für den etwa erforderlich[2112] werdenden zweiten Wahlgang den 10. April 1932 beim Reichstag in Vorschlag zu bringen2.

Die Festsetzung der Wahl auf die genannten Termine erscheint mir aus außenpolitischen Gründen äußerst unerwünscht. Wie bekannt, finden im Frühjahr des kommenden Jahres in Frankreich die allgemeinen Wahlen zur Kammer und zum Senat statt. Nach den Berichten unserer Botschaft in Paris ist zu erwarten, daß diese Wahlen am 17. April und die notwendig werdenden Stichwahlen am 24. April abgehalten werden3. Der Ausfall der französischen Wahlen wird für die künftige Gestaltung der deutsch-französischen Beziehungen von einschneidender Bedeutung sein. Es ist aber ganz klar, daß die französischen Wahlen durch gleichzeitig oder unmittelbar vorher stattfindende Wahlen in Deutschland aufs stärkste beeinflußt werden würden. Bei Festhaltung an den dortseits in Aussicht genommenen Wahlterminen ist mit Sicherheit zu erwarten, daß von einzelnen französischen Parteien, namentlich der Rechten, versucht werden wird, aus der mit der Reichspräsidentenwahl unvermeidlich verbundenen Agitation Kapital zu schlagen für die Erreichung ihrer parteipolitischen Ziele, besonders auf dem Gebiete der auswärtigen Politik. Diese Befürchtung besteht umsomehr, als bei der Agitation der radikalen Parteien in Deutschland außenpolitische Argumente eine erhebliche Rolle zu spielen pflegen. Daß ein solches Hineinziehen der Reichspräsidentenwahl in die französische Wahlpropaganda der Erreichung der uns gesteckten außenpolitischen Ziele in hohem Maße abträglich sein würde, bedarf keines Beweises.

Um diese mit Sicherheit zu erwartende Schädigung unserer außenpolitischen Stellung von vornherein abzuwenden, sehe ich mich veranlaßt, die dringende Bitte auszusprechen, den Termin für die Reichspräsidentenwahl auf einen Zeitpunkt festzusetzen, der möglichst nach, auf keinen Fall aber vor der Durchführung der französischen Wahlen liegt.

(gez.) Bülow.

Fußnoten

1

Die Abschrift dieses Schreibens übersandte Vortr. LegR Reinebeck am 18.12.31 der Rkei mit der Bemerkung, daß es auf eine Weisung des RK zurückgehe (R 43 I /585 , Bl. 3).

2

Der erste Wahlgang fand am 13.3.32, der zweite am 13.4.32 statt: Dok. Nr. 696 und Dok. Nr. 715.

3

Die frz. Kammerwahlen wurden am 1. 5. und 8.5.32 abgehalten (Schultheß 1932, S. 293).

Extras (Fußzeile):