1.176.1 (lut2p): Befriedungsmaßnahmen aus Anlaß der Räumung der Kölner Zone.

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Befriedungsmaßnahmen aus Anlaß der Räumung der Kölner Zone1.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete berichtete über die Kabinettsvorlage vom 21. April 19262. Diesem Bericht schloß sich eine ausführliche Darlegung der Sach- und Rechtslage durch Ministerialrat Claußen an.

[1309] Der Reichsminister für die besetzten Gebiete legte den anliegenden Entwurf einer Loyalitätserklärung vor3.

Diesem Entwurf wurde nicht zugestimmt. In der Debatte kam zur Sprache, daß es bei den Alliierten Mißfallen erregt habe, daß die deutschen Behörden den durch das geräumte Gebiet durchreisenden Angehörigen der Besatzungsmächte in Paßfragen Schwierigkeiten bereiten4.

Nach längerer Debatte wurde auf Vorschlag des Reichskanzlers folgendes beschlossen:

1.

Es soll das Reichsministerium des Innern beschleunigt die Frage der erwähnten Paßschwierigkeiten prüfen und für Abstellung der Mängel Sorge tragen.[1310]

2.

Es soll mit allen Mitteln der Herabsetzung der Stärke der Besatzungstruppen angestrebt werden. Die Verhandlungen über Befriedungsmaßnahmen sollen inzwischen langsam weitergeführt werden. Von irgendeiner Formulierung soll abgesehen werden.

3.

In Koblenz soll weiterverhandelt werden in der Richtung eines De-facto-Abkommens5. In Paris sollen die Koblenzer Verhandlungen unterstützt werden.

Der Reichskanzler richtete an den Reichsminister des Innern bezüglich der Pässe eine entsprechende Bitte.

Der Reichsminister des Innern sagte sofortige Prüfung zu6.

Fußnoten

1

Zur vorangegangenen Behandlung vgl. Dok. Nr. 251 und 277, P. 5. – Die Räumung der Kölner Zone war Ende Januar 1926 erfolgt.

2

Marx hatte in dieser Vorlage mitgeteilt, daß die Koblenzer Verhandlungen betr. Amnestie im bes. Geb. zum Entw. eines gleichlautenden Notenwechsels zwischen dem RKombesGeb. (Langwerth v. Simmern) und der Irko geführt hätten. „Bevor die deutsche Abordnung zur endgültigen Erledigung einer Reihe von Nebenfragen nach Koblenz zurückkehrt, halte ich es für notwendig, die grundsätzliche Frage zu klären, ob das Reichskabinett es für politisch vertretbar hält, das Abkommen, das im Reichsgesetzblatt veröffentlicht werden müßte und dessen Durchführung unter Schiedsvertrag stände, abzuschließen und insbesondere die in II 2 des Entwurfs [s. unten] enthaltene Bindung der deutschen Politik im besetzten Gebiet für die Zukunft zu übernehmen, eine Bindung, die die deutsche Gegenleistung darstellen soll für die von den Besatzungsmächten bereits wiederholt versprochene Aufhebung der Separatisten-Schutzordonnanzen [insbes. Ordonnanz 90, s. dazu Anm. 20 zu Dok. Nr. 228].“ Nach den bisherigen Erfahrungen sei zu erwarten, daß von frz. Seite auf Grund dieses Abkommens an den RKombesGeb. weitgehende Ansprüche gestellt würden. Vertreter verschiedener politischer Parteien hätten erhebliche Bedenken gegen eine Bindung für die Zukunft geäußert. „Andererseits würde das Scheitern der schwebenden Befriedungsverhandlungen zweifellos eine Versteifung der Haltung der Rheinlandkommission und zum mindesten eine Verzögerung des Eintritts der sogenannten Rückwirkungen aus dem Abkommen von Locarno zur Folge haben.“

Im beigefügten Notenentwurf heißt es u. a.: Die Dt. Reg. wird mit allen Mitteln (u. a. der Justizverwaltung) zu verhindern suchen, „daß unmittelbar oder mittelbar Vergeltungsmaßnahmen gegen irgend jemand wegen seines Gehorsams gegenüber den Anweisungen der Besatzungsbehörden, wegen der Dienste, die er ihnen geleistet oder der Beziehungen, die er mit diesen Behörden unterhalten hat, ergriffen werden“. Dies beziehe sich insbes. auf Personen, die den Besatzungsbehörden in der Zeit bis 10.1.23 und vom 1.9.24 (vgl. Anm. 8 zu Dok. Nr. 251) bis 1.2.26 Anzeige über im bes. Geb. begangene Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen der Irko erstattet haben. Ausgenommen von dieser Zusage seien Dienste und Beziehungen gegenüber der Besatzungsbehörde, die den Tatbestand des Hochverrats, des Landesverrats oder der Spionage erfüllen. Außerdem erklärt die dt. Seite in Ziffer II 2 des Entwurfs, sie werde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern suchen, daß in Zukunft Vergeltungsmaßnahmen gegen Personen ergriffen würden, „die auf Grund des Rheinlandabkommens in Verbindung mit den sonstigen Verträgen, insbesondere dem Vertrage von Locarno, den Anweisungen der Besatzungsbehörden Gehorsam leisten, ihnen Dienste erweisen oder mit ihnen Beziehungen unterhalten“. Demgegenüber erklären die in der Irko vertretenen Regg., daß sie binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten dieses Abkommens die in ihren Strafanstalten inhaftierten Deutschen entlassen und Straffreiheit für alle Straftaten gewähren würden, die in den bes. Gebieten vom Beginn der Besetzung bis zum 1.2.26 begangen wurden. Ausgenommen würden lediglich Straftaten des gemeinen Rechts und der Spionage (R 43 I /196 , Bl. 364-368).

3

In dem beiliegenden undatierten Entw. erklärt sich die RReg. bereit, dem Koblenzer Verhandlungsergebnis, soweit es die Regelung für die Vergangenheit betreffe, zuzustimmen. „Dagegen vermag sie die in den Koblenzer Verhandlungen ausgearbeiteten Formulierungen für eine Zukunftserklärung nicht anzunehmen, da sie nach eingehender Prüfung der Rechtslage die Überzeugung gewonnen hat, daß jede derartige Formulierung zu unlösbaren rechtlichen Schwierigkeiten führen muß.“ (R 43 I /1410 , gefunden in R 43 I /1411 , Bl. 200).

4

Lt. Vermerk Wiensteins vom 15. 5. hatte die dt. Polizei bei den durchreisenden Besatzungsangehörigen 22 verschiedene Muster von all. Personalausweisen festgestellt. Diese Ausweise könnten nach Auffassung des RIMin. größtenteils nicht als Paßersatz anerkannt werden (R 43 I /196 , Bl. 407).

5

Ein endgültiges dt.-all. Übereinkommen in der Amnestiefrage wird erst im September 1926 unterzeichnet. Zum Fortgang s. diese Edition: Die Kabinette Marx III/IV (Ministerbesprechung vom 13.8.26, P. 4).

6

Lt. Vermerk Wiensteins vom 9. 6. teilt das RIMin. hierzu mit: Die Irko sei nochmals gebeten worden, „die verschiedenen Muster von Ausweispapieren möglichst zu vereinheitlichen, und hat sich auch bereit erklärt, möglichst nur ein Formular zu schaffen“ (R 43 I /196 , Bl. 407).

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