1.55.1 (lut2p): [Presseerklärung zur all. Rheinlandnote vom 14. 11.]

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[Presseerklärung zur all. Rheinlandnote vom 14. 11.]

Der Herr Reichspräsident eröffnet die Sitzung um 9.10 Uhr und bittet um Bekanntgabe des vorbereiteten Pressekommuniqués.

Staatssekretär von Schubert verliest den Entwurf des Kommuniqués1 und bemerkt hierzu: Diese Verlautbarung basiert auf den Besprechungen des Botschafters von Hoesch mit Berthelot und auf der Note des hiesigen belgischen Gesandten an den Außenminister2.

Der Reichskanzler Diese Verlautbarung wird in der Öffentlichkeit ein Echo dahin bekommen, daß wir viel präzisere Behauptungen aufstellen als in den Noten enthalten sind. Das werden wir tragen müssen und können, da diese Ergänzungen und Erläuterungen in Paris so verabredet worden sind. Wir legen damit auch die Entente fest, da sie uns nicht widersprechen wird.

Reichsminister Dr. Stresemann: Ich bekomme eben aus Paris die Mitteilung, daß die Gegenseite die Rheinlandnote3 erst morgen nachmittag 5 Uhr veröffentlichen wird, und zwar den gesamten Notenwechsel, auch bezüglich der Entwaffnung. Die Engländer wollen am Mittwoch [18. 11.] die Locarno-Frage im Parlament behandeln4. Ferner wird mir mitgeteilt, daß die Note über die Räumung der Kölner Zone unterwegs ist; sie hat den Inhalt, daß die Räumung am 1. Dezember begonnen und Ende Januar beendet sein wird5. Vielleicht empfiehlt es sich, nun beide Teile, Rheinlandnote und Räumungsnote, in einem Kommuniqué zu behandeln.

[866] Der Reichskanzler glaubt, daß es doch notwendig sein wird, das verlesene Kommuniqué für sich zu veröffentlichen, ohne die Räumungsnote abzuwarten, damit die deutsche Presse morgen nicht auf fremde Quellen angewiesen ist.

Die Reichsminister Dr. Geßler und Graf Kanitz neigen zu der Auffassung, daß es doch zweckmäßig wäre, alles im Zusammenhang zu veröffentlichen.

Reichsminister Dr. Stresemann: Für heute würde das zu spät werden; wenn wir aber mit der Gesamtveröffentlichung bis morgen warten, so bekommt unsere Presse bezüglich der Rheinlandnote zu spät ihre Informationen, da die Rheinlandnote morgen in der ganzen internationalen Presse veröffentlicht werden wird. Wir müssen also Rheinlandnote und Kommuniqué danach auch gleich veröffentlichen.

Reichsminister Graf Kanitz und Dr. Geßler erklären hiernach ihre Bedenken für erledigt.

Der Reichskanzler Ich möchte auch die Räumungsnote und einen Kommentar dazu erst morgen veröffentlichen, und die Note muß doch erst sorgfältig übersetzt werden, auch das Protokoll über die Regelung der Entwaffnungsfrage beigefügt sein. Wir wollen also unser Kommuniqué herausgeben und ihm eine kurze Inhaltsangabe über die Räumungsnote und die Entwaffnungsregelung nachfolgen lassen, wenn dies vor Schluß der Presse noch möglich ist. Ich bitte, mich zu ermächtigen, im Benehmen mit dem Außenministerium dies nach eigenem Befinden zu erledigen.

Der Herr Reichspräsident erklärt sich hiermit einverstanden. Er stellt fest, daß sich kein Widerspruch dagegen erhebt und daß das Kommuniqué in der verlesenen Form hiermit beschlossen ist6.

Der Herr Reichspräsident schließt diese Sitzung um 9.45 Uhr. Es schließt sich hierauf eine Kabinettssitzung an, betreffend den deutsch-spanischen Handelsvertrag, in welcher der Herr Reichskanzler das Präsidium übernimmt (Niederschrift hierüber erfolgt durch die Reichskanzlei)7.

Fußnoten

1

Dieser Entwurf in den Akten nicht ermittelt. Zum Inhalt des Kommuniqués s. Anm. 6.

2

Gemeint ist wohl die schrl. Erklärung, die der belg. Gesandte Everts dem RAM am 9. 11. übergeben hatte. S. die Mitteilungen Stresemanns in der vorangegangenen Ministerratssitzung (Dok. Nr. 223, s. dort auch Anm. 5).

3

Note der Botschafterkonferenz vom 14. 11. (Anm. 1 zu Dok. Nr. 223).

4

Vgl. Anm. 8 zu Dok. Nr. 223.

5

Zu dieser Note s. Anm. 1 zu Dok. Nr. 226.

6

Am 17. 11. veröffentlicht die Presse (z. B. „Tägliche Rundschau“) den Wortlaut der Note vom 14. 11. sowie ein Kommuniqué der RReg. nachstehenden Inhalts: Bei Verhandlungen über das Rheinlandregime seien von diplomatischen Vertretern der Besatzungsmächte folgende Maßnahmen zugesichert worden: 1) Verringerung der Besatzungstruppen in der zweiten und dritten Zone auf ungefähr die Stärke der dt. Garnisonen vor Kriegsausbruch. 2) Freigabe von Schulen und Sportplätzen sowie von Wohnungen, die von den Besatzungstruppen nicht unbedingt benötigt würden. 3) Restlose Beseitigung des Delegiertensystems. 4) Revision des Ordonnanzensystems. Von den bisher erlassenen 307 Ordonnanzen bleiben nur einige wenige in Kraft. 5) Starke Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit. 6) Verhandlungen über die beschleunigte Durchführung der Reform des Besatzungsregimes werden durch den neu bestellten Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete (vgl. Anm. 16 zu Dok. Nr. 223) aufgenommen.

7

S. Dok. Nr. 225.

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