2.8 (bau1p): Nr. 8 Entwurf Moritz Julius Bonns für eine Rechtsverwahrung gegen den Versailler Vertrag. 28. Juni 1919

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[29] Nr. 8
Entwurf Moritz Julius Bonns für eine Rechtsverwahrung gegen den Versailler Vertrag. 28. Juni 19191

R 43 I /5 , Bl. 157–162 Umdruck2

Die deutsche Regierung hat den von den alliierten und assoziierten Regierungen vorgelegten Friedensvertrag, dem Drucke der Gewalt weichend, unterschrieben. Sie hat es tun müssen, obwohl sie damit nicht nur den Hoffnungen des eigenen Volkes, sondern den Hoffnungen der gesamten, an den Anbruch eines goldenen Zeitalters glaubenden Menschheit das Todesurteil gesprochen hat. Sie durfte nicht die letzten Kräfte eines gequälten und verzweifelnden Volkes opfern, um die Gegner auf den Weg zurückzuführen, den sie selbst in unzähligen Äußerungen als den einzigen richtigen Weg bezeichnet hatten, den Weg der Verständigung. Wenn sie sich der Gewalt fügt, so will sie doch in dieser für die Menschheit entscheidenden Stunde der Überzeugung Ausdruck geben, daß durch die Schuld der Gegner, nicht durch die des deutschen Volkes, die Menschheit heute am Grabe von Hoffnungen steht, deren Erfüllung das Opfer dieses Krieges vielleicht erträglich gemacht hätte.

Die deutsche Regierung und das deutsche Volk haben sich lange dem Glauben hingegeben, das Ziel der feindlichen Regierungen sei eine Weltordnung, in der die unvermeidbaren Konflikte zwischen den Völkern nicht länger durch militärische und durch wirtschaftliche Macht entschieden werden sollte, sondern[30] durch Beratung und Verständigung. Anstelle des Schwertes sollte das Recht, an die Stelle der Leidenschaft die Vernunft treten. In einem Völkerbund sollten die Nationen, große und kleine, als eine einzige Familie zusammengefaßt werden und ihre Meinungsverschiedenheiten in Zukunft nicht durch brutale Gewalt, sondern durch Schlichtung und Verständigung austragen.

Der Friede, den Deutschland hat unterschreiben müssen, bringt eine Neuordnung der territorialen Verhältnisse, die nur verständlich ist, wenn man sie als „Abschluß eines bloßen Kampfes um Gebiet und Macht betrachtet“. Ein zerstückeltes Deutschland soll wirtschaftlich geschwächt werden und durch auf seine Kosten vergrößerte Grenzstaaten eingekreist werden. Diese Politik entspricht dem Geiste des Mißtrauens, der das System der europäischen Allianzen geschaffen hat. Der Frieden sollte an seine Stelle einen Völkerbund setzen; er enthält einen verstümmelten Völkerbund. Er ist nicht in freier Aussprache unter Gleichberechtigten zustande gekommen, sondern dem deutschen Volke nach einem Waffenstillstande aufgezwungen worden, dessen Grundlage die freie Aussprache und die Verständigung zwischen den Beteiligten sein sollte, durch einseitigen Machtspruch, durch Hunger und Schwert. Die deutsche Regierung glaubte nicht, daß die Idee der Verständigung als Grundsatz des Ausgleichs der Gegensätze unter den Völkern durch einen Vertrag gesichert werden kann, der selbst das Ergebnis einseitiger stummer Vergewaltigung war.

Regierung und Volk der Deutschen Republik sind sich der Tatsache voll bewußt, daß Volk und Regierung des kaiserlichen Deutschland an den Vorgängen, die zum Ausbruch des großen Krieges geführt haben, leidend und handelnd mitschuldig gewesen sind. Sie sind sich auch im klaren darüber, daß in dem Pandämonium entfesselter Leidenschaften, die dieser Krieg geschaffen hat, einzelne Persönlichkeiten unter Billigung und Duldung, ja selbst Bewunderung breiter Volkskreise Handlungen vorgenommen haben, die in der Zeit des Friedens alle Volksteile mit Bedauern und Grausen erfüllen würden. Das eben ist das Furchtbare am Kriege, daß Haß und Blutdurst auch die Seelen der Daheimgebliebenen vergiftet und Handlungen als Heldentaten erscheinen läßt, die man im Frieden als Verbrechen bezeichnen würde. Regierung und Volk der Deutschen Republik haben jetzt, nachdem eine Klärung der Verhältnisse eingetreten ist, eine Untersuchung aller derartiger Vorkommnisse nach den Regeln der strengsten Gerechtigkeit eingeleitet. Es muß aber eine Gerechtigkeit sein, die den Krieg nach den Regeln des Krieges und nicht nach denen des Friedens beurteilt, die das Gewissen und die Empfindungen der Völker zum Ausgang nimmt, wie sie im Jahre 1914 bestanden, nicht wie sie sich als Ergebnis des Abscheus vor dem furchtbaren Morden im Jahre 1919 herausgebildet haben.

Wenn Volk und Regierung der Deutschen Republik sich selbst und der Menschheit das Versprechen geben, Unrecht zu sühnen, wo es geschehen ist, so müssen sie doch dem Gegner in diesem viereinhalbjährigen Ringen das Recht absprechen, als Richter über sie zu Gericht zu sitzen. Man kann nicht 4½ Jahre die eigene Tatkraft durch leidenschaftliche Erregung aufs höchste anspornen und dann, wenn man den Gegner als Ergebnis dieser Anspannung zu Boden geworfen hat, in kühler Ruhe über ihn zu Gericht sitzen. Es ist frevelhafte Vermessenheit[31] eines Staatsmannes und eines Volkes, dem besiegten Feinde gegenüber als Richter auftreten zu wollen. […] Die Schuld am Kriege und die Schuld im Kriege können nicht durch Behauptungen der Beteiligten, seien sie auch noch so mächtig, für die Nachwelt festgestellt werden, sondern nur durch unparteiische Gerechtigkeit. Selbst wenn das deutsche Volk und seine frühere Regierung die einzig Schuldigen an dem gewaltigen Leide der Menschheit wären, so könnte diese Schuld nicht durch ein durch Hunger und Schwert erzwungenes Eingeständnis eines Friedensvertrags besiegelt werden, sondern nur durch Urteil von Unbeteiligten, die mit diesem Urteil nur die reine Wahrheit feststellen wollen, nicht aber in ihm den Vorwand suchen, um selbstsüchtige Bereicherung zu rechtfertigen. Volk und Regierung der deutschen Republik haben die materiellen Bedingungen des Friedensvertrages angenommen; sie werden sie nach besten Kräften zu erfüllen suchen, auch wenn sich ihr Inneres in leidenschaftlichem Protest gegen ihre Ungerechtigkeit aufbäumt. Aber kein Vertrag und keine Unterschrift kann ein Volk verpflichten, das als gerecht anzuerkennen, was ihm eine Beleidigung jeglichen Rechtsempfindens zu sein scheint.

Die alliierten und assoziierten Regierungen suchen die schweren Opfer, die der Friedensvertrag dem deutschen Volke auferlegt, durch die Behauptung zu rechtfertigen, daß jemand die Kosten des Krieges tragen müsse, und daß es gerecht sei, wenn Deutschland, der Anstifter alles Übels, sie übernehme. Wenn der Spruch eines unparteiischen Gerichtshofes so lautete, so müßte Deutschland sein Gewicht anerkennen, wie schwer es auch an den Folgen zu tragen hätte. Ein Kläger, der einen Teil seiner Prozeßkosten mit physischer Gewalt seinem schwächeren Gegner auferlegt, wird damit nicht zum Richter. Dem deutschen Volke und der deutschen Regierung will es vielmehr scheinen, als sei die Gerechtigkeit, nach der man verfahren ist, nichts anderes als ein Akt der Wiedervergeltung, der sich vergeblich den Charakter des Rechtsspruchs anmaßt. Es ist im Kriege unendlich viel zerstört worden. Es ist recht und billig, daß das deutsche Volk die Wiedergutmachung der Zerstörung übernimmt, die ausschließlich durch seine Kriegshandlungen entstanden sind. […]

Die alliierten und assoziierten Regierungen bemühen sich, ein Wirtschaftssystem herbeizuführen, das verhindern soll, daß die deutsche Bevölkerung aus den Ergebnissen des Krieges unberechtigte Vorteile ziehe. Sie wollen vermeiden, daß die Länder, deren Hilfskräfte zerstört worden sind, im kommenden Wettbewerb von Deutschland überflügelt werden. Sie vergessen dabei, daß die Zerstörungen der Blockade das Mark des deutschen Volkes ausgesogen hat und den kunstvollen Bau der deutschen Industrie zerbrochen hat. Sie vergessen aber vor allem, daß der wirtschaftliche Rückgang, zu dessen Ausgleich Deutschland neben schweren Entschädigungen wirtschaftlich differenziert werden soll, nur einzelne der alliierten Länder betroffen hat, daß die anderen ihre wirtschaftlichen Kräfte nicht nur nicht vermindert, sondern teilweise vermehrt haben und daß auch zu ihren Gunsten Deutschland zahlen und leiden soll.

Sie vergessen überdies, daß die größten Opfer, die der Friede Deutschland auferlegt, nicht im Interesse von Völkerschaften gebracht werden, die der Krieg der Vernichtung nahegebracht hat: Polen, dessen Neubildung als selbständiger[32] Staat ist nicht etwa durch deutsche Macht verhindert, sondern erst durch deutsche Macht ermöglicht worden. Damit Gerechtigkeit herrsche und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden, werden diesem polnischen Staate nicht nur die Polen einverleibt, auf die er ein Anrecht hat und die zu ihm gehören, sondern Hunderttausende von Deutschen, deren Herz am deutschen Vaterlande hängt. Damit Polen einen Zugang zur See hat, werden Ost- und Westpreußen zerrissen, wird ihm Danzig ausgeliefert. Damit es für seine künftigen Finanzen zahlungskräftige Steuerzahler besitze, soll es Oberschlesien erhalten. Um einem Staat wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen, der deutschen Siegen seine Wiedererstehung als selbständiger Staat verdankt, sollen Hunderttausende von Menschen einer Herrschaft überantwortet werden, die sich bis jetzt noch nirgends bewährt hat. Man kann zugeben, daß die Schuldigen bezahlen müssen, daß der deutsche Steuerzahler nach seinen Kräften zum Wiederaufbau der verwüsteten Teile von Frankreich und Belgien beitragen muß. Man kann aber nicht verlangen, daß Hunderttausende mit ihrer nationalen Eigenart bezahlen müssen, damit ein neues Staatswesen entstehe oder ein altes Staatswesen Kohlen habe.

Volk und Regierung der Deutschen Republik haben nie die Absicht gehabt, sich der Verantwortung für die Handlungen früherer Regierungen zu entziehen. Da sie für sich die unzerreißbare Fortentwicklung ihres Volkstums beanspruchen, so müssen sie die Folgen der Handlungen früherer Regierungen auf die eigenen Schultern übernehmen. Sie haben aber ein Recht darauf hinzuweisen, daß gerade die leitenden Staatsmänner der alliierten und assoziierten Regierungen dem Gedanken Ausdruck gegeben haben, die Handlungen der Regierung des kaiserlichen Deutschlands seien von denen des deutschen Volkes zu trennen. Immer wieder haben sie betont, daß sie gegen diese Regierung und nicht gegen das deutsche Volk Krieg führten. In den Verhandlungen, die dem Waffenstillstand vorhergingen, ist das dem deutschen Volke von neuem gesagt worden. […] Volk und Regierung der Deutschen Republik können aus dieser Tatsache daher heute nur den Schluß ziehen, entweder daß solche Versprechungen gemacht worden sind, um in Deutschland den inneren Umsturz herbeizuführen, oder daß Versprechungen gemacht worden sind, die man später nicht mehr halten zu müssen glaubt. Beide Auffassungen eröffnen keine erfreulichen Aussichten für ein Zeitalter, in dem das Leben der Völker auf gegenseitigem Vertrauen beruhen soll.

Die Ergebnisse der letzten Kriegsjahre haben in Deutschland nicht nur den Zusammenbruch des militärischen Systems zur Folge gehabt, sondern auch die militärische Weltauffassung wirksam unterhöhlt. Das deutsche Volk, dessen Gebiet jahrhundertelang der Schauplatz blutiger Kämpfe gewesen ist, das wiederholt zerstückt und zerfleischt worden ist, hat ein tiefgewurzeltes Mißtrauen gegen alle politischen Methoden gehabt, die das Heil der Völker nicht in der eigenen Kraft suchten. Es hat in den letzten Monaten vor dem Waffenstillstand schon sich allmählich zu einem Glauben durchgerungen, der Vertrauen anstelle von Mißtrauen, Zusammenarbeit anstelle zurückhaltender Vereinsamung zu setzen suchte. Es hat die idealen Lehren, die die führenden Staatsmänner der Gegner verkündeten, in gierigen Zügen aufgesogen und sich allmählich zu einem praktischen politischen Idealismus bekehrt, der weiten Kreisen früher fremd war. Die Waffenstillstandsbedingungen und mehr noch die Friedensbedingungen sind geeignet, diesem Glauben ein jähes Ende zu bereiten. Man fordert auf Seiten der alliierten und assoziierten Regierungen das deutsche Volk auf, praktische Beweise seiner Gesinnungsänderung abzugeben und der Welt zu zeigen, daß es nicht mehr auf seine alten Wege zurückkehren werde. Die materielle Seite der Friedensbedingungen wird es dem deutschen Volke unmöglich machen, jemals eine angrifflustige Politik zu verfolgen. Ob die innere Läuterung sich vollzieht, ob das deutsche Volk wirklich dauernd zu der Überzeugung geführt werden kann, daß das Glück der Völker durch gerechte Aussprache und nicht durch Waffengewalt gesichert werden muß, hängt heute von dem Verhalten der alliierten und assoziierten Regierungen ab. Es würde der Wahrheit nicht entsprechen, wenn Volk und Regierung der Deutschen Republik in dieser schweren Stunde nicht offen der Befürchtung Ausdruck geben würden, daß weite Kreise heute von Mißtrauen gegen die Lehre der Verständigung erfüllt sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen so oft verkündet haben. Die deutsche Regierung gibt unumwunden zu, daß der Friede von Brest-Litowsk und der Friede von Bukarest ein Gewaltfriede gewesen ist. Er wurde von Parteien vertreten und durchgesetzt, die das Prinzip der militärischen Gewalt offen und ehrlich bekannten. Der Friede von Versailles ist nach Form und Inhalt ein Gewaltfriede, der von Staatsmännern erzwungen wurde, die das Prinzip der Verständigung bekennen. Es wäre vielleicht ein Beispiel ausgleichender Gerechtigkeit gewesen, wenn die Gewaltpolitiker auf Seiten der alliierten und assoziierten Regierungen den deutschen Gewaltpolitikern einen Straffrieden in Versailles aufgezwungen hätten. Die Tatsache, daß alliierte und assoziierte Regierungen, die sich zum Prinzip des Völkerbundes bekennen, einer deutschen Regierung, die auf dem Standpunkt der Verständigungsidee steht, einen Gewaltfrieden aufzwingen, muß überall in der Welt den Glauben an die Verständigungsidee erschüttern. Im Leben der Völker entscheiden nicht schöne Worte, es entscheidet nicht das Bekenntnis zum großen Gedanken, es entscheidet einzig und allein ihre Durchführung in bleibenden Handlungen. Das deutsche Volk und mit ihm die Völker der Welt werden in dem Frieden von Versailles, wie er heute ist, kein Dokument des Verständigungsgedankens zu erblicken vermögen. Und die deutsche Regierung würde ihrer Pflicht nicht genügen, wenn sie nicht jetzt, nachdem sie diesen Frieden unterzeichnet hat, noch einmal vor aller Welt die feierliche Verwahrung ergehen lassen würde, daß dieser Friede weder der Form noch dem Inhalt nach ein Friede der Gerechtigkeit ist. Der Form nach nicht, weil es kein Verhandlungsfriede, sondern ein Zwangsfriede gewesen ist, dem Inhalt nach nicht, weil die Grundsätze der anerkannten und berechtigten Wiedergutmachung den Grundsätzen der Beherrschung haben weichen müssen. Die deutsche Regierung spricht die Hoffnung aus, daß die Grundsätze der Verständigung, die die alliierten und assoziierten Regierungen so oft verkündet haben, und die sie dem im Vertrag enthaltenen Plan eines Völkerbundes einverleibt haben, nach Unterzeichnung des Vertrages doch noch zum Siege kommen werden durch Abänderung[34] aller der Bestimmungen, die den Grundsätzen der Gerechtigkeit widersprechen3.

Fußnoten

1

Bonn, Finanzsachverständiger bei der Dt. Friedensdelegation in Versailles, war nach der Abreise der Delegation am 16. 6. auf Wunsch des Grafen Brockdorff-Rantzau in Versailles geblieben. Er hatte sich deshalb nicht dem Protest der Delegation gegen die Unterzeichnung des VV anschließen können (vgl. diese Edition: Das Kabinett Scheidemann, Dok. Nr. 113). Seine Auffassung legte er in einer Aufzeichnung nieder, in der er „die festgewurzelte Kenntnis“ der All. von der Unterzeichnungsbereitschaft der Unabhängigen und der Kreise um Erzberger als wesentlichen Grund dafür anführte, „daß die Delegation die diplomatischen Erfolge nicht ernten konnte, die ihr sonst beschieden gewesen wären“ (o. D.; Nachl. Bonn , Nr. 3 a). Nach Berlin zurückgekehrt, übergab Bonn dem UStSRkei den hier in einer von ihm (Bonn) überarbeiteten Fassung zum Ausdruck gelangenden Entw. (Konzept mit hschr. Notiz: „Entwurf für Berlin, Albert am 28. VI. gegeben“ in: Nachl. Bonn, Nr. 3 a; überarbeitete Fassung in: R 43 I /5 , Bl. 144–154).

2

Den in der Rkei hergestellten Umdruck übersandte der UStSRkei am 28. 6. mit folgendem Anschreiben an sämtliche Kabinettsmitglieder: „In der heutigen Kabinettssitzung wurde die Anregung gegeben, durch einen Funkspruch an Alle noch einmal eine feierliche Rechtsverwahrung gegen den uns auferlegten Frieden hinausgehen zu lassen. Der Anregung wurde nicht stattgegeben. Man erkannte zwar den berechtigten Kern des Gedankens an, fand aber im Augenblick nicht die geeignete Form für eine Durchführung. Es ist mir nun von beachtenswerter Seite derselbe Gedanke in einer Form gebracht worden, die vielleicht einen Ausweg bietet. Es geschah dies durch den in der Anlage beigefügten Entwurf einer feierlichen Verwahrung, der als Note gegenüber der Entente gedacht ist und vielleicht gleichzeitig sämtlichen neutralen Ländern zugehen könnte. Ich stelle ergebenst anheim, die Angelegenheit in einer der allernächsten Kabinettssitzungen zum Gegenstand der Erörterung zu machen, indem ich nur bemerke, daß der Entwurf lediglich als Unterlage für die Erörterung gedacht ist. Daß sich der Entwurf über die in einer amtlichen Note gebotene Nüchternheit der Diktion erhebt, dürfte vielleicht in einer so feierlichen, auf die öffentliche Meinung der Völker berechneten Erklärung nicht unangebracht sein. Albert“ (R 43 I /5 , Bl. 156).

3

In einer Rückantwort an den UStSRkei vom 30. 6. erklärt sich RFM Erzberger „grundsätzlich mit einer feierlichen Rechtsverwahrung gegen den Gewaltfrieden durch Funkspruch einverstanden“. Er rät jedoch dringend davon ab, „diesen Funkspruch vor erfolgter Ratifikation herausgehen zu lassen“ (R 43 I /5 , Bl. 163). Die von UStS Albert angeregte Diskussion im RKab. kommt ausweislich der Protokolle nicht zustande. Das Schriftstück wird am 5. 8. von RMinPräs. Bauer zu den Akten geschrieben.

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