2.152.1 (bru1p): 1. Entwurf eines Gesetzes zur Senkung der Realsteuern.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II. Band 1 Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

1. Entwurf eines Gesetzes zur Senkung der Realsteuern.

Auf Vorschlag des Reichsarbeitsministers wurde zunächst der vom Reichsminister der Finanzen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die Senkung der Realsteuern zur Debatte gestellt (Anl. 1)1.

Der Reichsarbeitsminister trug hierzu die in Anl. 2 niedergelegte Stellungnahme seines Ressorts vor2.

[574] Oberregierungsrat Durst erläuterte ferner die in Anl. 3 beiliegende Denkschrift über die künftige Finanzierung des Wohnungsbaues3. Abdrucke dieser Denkschrift wurden in der Sitzung verteilt.

Der Reichsminister der Finanzen wandte sich in längeren Ausführungen gegen die Anträge des Reichsarbeitsministers zu § 3 und 4. Bezüglich des § 6 erklärte er, daß er sich mit den Änderungen abfinden wolle, die in einer Vorbesprechung zwischen den Vertretern seines Ministeriums und des Reichsarbeitsministeriums vereinbart worden seien. Er trug ferner die in Anlage 4 zusammengestellten Zahlen des Baustoffindexes und Baukostenindexes vor4. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin vom Reichskabinett in der vom Reichsminister der Finanzen vorgelegten Fassung verabschiedet. §§ 6, 9 und 10 des Gesetzentwurfs sollen die in den Vorbesprechungen vereinbarte Fassung erhalten.

Die endgültige Fassung liegt in Anlage 1 a bei5.

Fußnoten

1

Der GesEntw. bestimmte im § 3, daß mit Wirkung vom 1.4.31 für die Realsteuern der Länder und Gemeinden keine höheren Steuersätze zugrunde gelegt werden durften als die bis zum 1.10.30 beschlossenen Steuersätze unter Abzug der Senkungssätze. Die Grundsteuer sollte um 10%, die Gewerbesteuer um 20% gesenkt werden (§ 4). Als Entschädigung wollte das Reich den Ländern nach dem 31.3.31 50% der im Rechnungsjahr 1930 erhobenen Gebäudeentschuldungssteuer ersetzen. Die Länder sollten die den Gemeinden entstehenden Einnahmeverluste ausgleichen (§ 6). Wenn die einem Lande zufließende Entschädigung nicht ausreichen sollte, um die Steuersenkung in dem sich aus § 4 ergebenden Umfang vorzunehmen, so sollten die Steuern nur um den zur Verfügung stehenden Betrag gesenkt werden (§ 7). Wenn aber die Entschädigung den durch die Steuersenkung entstehenden Steuerausfall überstieg, sollte der übersteigende Betrag einem Ausgleichsfonds zugeführt werden (§ 8). Im § 9 wurden die Bestimmungen der NotVO vom 26.7.30 (RGBl. I, S. 311 ) über die Erhebung der Gemeindebiersteuer und der Bürgersteuer dem vorliegenden GesEntw. angeglichen. Wohngebäude, die in der Zeit vom 1.4.31–31.3.34 bezugsfertig würden, solten bis Ende 1938 neben der Befreiung von der Grundsteuer von der Einkommen-, Körperschafts-, Vermögenssteuer und von der Aufbringungsumlage befreit werden (R 43 I /1447 , Bl. 117–122).

2

In einer Stellungnahme zum GesEntw. über Realsteuersenkung vom 27. 10. hatte der RArbM beantragt, § 32 Ziff. 2 (die Gebäudeentschuldungssteuer sollte ab 1.4.31 mit keinen höheren als den bis zum 1.10.30 beschlossenen Steuersätzen erhoben werden) und § 4 Ziff. 2 (in den Ländern, in denen die Hausbesitzer einen Teil der Grundsteuer auf die Mieter abwälzen konnten, sollte die Gebäudeentschuldungssteuer um 30% gesenkt werden) zu streichen. Anstelle der Formulierung von § 6 Ziff. 1, Satz 1 und 2 des GesEntw. („Als Entschädigung für die Senkung wird den Ländern für sich und ihre Gemeinden vor der in der Zeit nach dem 31. März 1931 aufkommenden Gebäudeentschuldungssteuer der Betrag zur Verfügung gestellt, der 50 vom Hundert des Wohnungsbauanteils der Gebäudeentschuldungssteuer im Rechnungsjahr 1930 entspricht. Als Wohnungsbauanteil der Gebäudeentschuldungssteuer im Rechnungsjahr 1930 gilt der Betrag, der in dem Lande nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes über den Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1926 (RGBl. I, S. 252 ) im Rechnungsjahr 1930 zur Förderung der Bautätigkeit auf dem Gebiete des Wohnungswesens verwendet worden ist“) hatte der RArbM folgende Formulierung vorgeschlagen: „Als Entschädigung für die Senkung wird den Ländern für sich und ihre Gemeinden von der in der Zeit nach dem 31. März 1931 aufkommenden Gebäudeentschuldungssteuer der Betrag zur Verfügung gestellt, der 400 Millionen RM, die für die Durchführung des Wohnungsbaues und die Siedlung vorweg zu verwenden sind, übersteigt. Der auf das einzelne Land von dem Betrag von 400 Millionen RM entfallende Wohnungsbauanteil der Gebäudeentschuldungssteuer wird von der Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats festgesetzt. Bei der Errechnung des Wohnungsbauanteils, der auf die einzelnen Länder entfällt, wird das Ergebnis des Jahres 1929 zu Grunde gelegt“. Zur Begründung hatte der RArbM auf die Erhebungsunterschiede in den einzelnen Ländern hingewiesen und betont, daß den Ländern die Möglichkeit gegeben werden müsse, selbständig Steuern zur Finanzierung des Wohnungsbaus zu erheben (R 43 I /1447 , Bl. 126–128).

3

Der RArbM hatte in seiner Vorlage vom 27. 10. ein Wohnungsbauprogramm für die nächsten fünf Jahre gefordert, um den Wohnungsbau mit dem Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in Einklang zu bringen. Er hatte dies damit begründet, daß das Regierungsprogramm den Bau von 165 000 Wohnungen mit Hilfe von Hauszinssteuerhypotheken und die Errichtung von 50 000 aus dem Kapitalmarkt finanzierten Wohnungen vorsehe. Der Kapitalbedarf für das gesamte Wohnungsbauprogramm betrage 1,555 Mrd. RM, wovon 1,053 Mrd. RM aus dem Kapitalmarkt finanziert werden müsse, der diese Summe jedoch nicht aufbringen könne (R 43 I /1447 , Bl. 126–128).

4

Der Baustoffindex war von 156,9 am 12.2.30 auf 141,7 am 17.9.30, der Baukostenindex von 175,60 am 9. 4. auf 159,80 am 24.9.30 gefallen. „In vielen Industrien sind die Kartellpreise zwar aufrecht erhalten, unter der Hand werden zu erheblich gesenkten Preisen die Baustoffe gehandelt. Die Bauunternehmer haben ihre Verdienstspanne ganz erheblich eingeschränkt“ (R 43 I /1447 , Bl. 133).

5

In den endgültigen GesEntw. wurden zwei neue Paragraphen eingefügt: § 8 ermächtigte die Länder, statt die 50% des Wohnungsbauanteils insgesamt zur Senkung zu verwenden (§ 6 Abs. 1), einen Teilbetrag hiervon für Zwecke des allgemeinen Finanzbedarfs zu entnehmen. § 10 bestimmte, daß zur Förderung der Bautätigkeit auf dem Gebiet des Wohnungswesens von den Ländern der gleiche Betrag verwendet werden mußte, der den Ländern für sich und ihre Gemeinden als Entschädigung für die Senkung zur Verfügung gestellt wurde (R 43 I /1447 , Bl. 123–124; s. auch RR-Drucks. Nr. 177 vom 3.11.30).

Extras (Fußzeile):