2.30.7 (mu11p): 7. Widerstände gegen den Abschluß des Vertrages über die Übernahme der Eisenbahnen auf das Reich.

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7. Widerstände gegen den Abschluß des Vertrages über die Übernahme der Eisenbahnen auf das Reich5.

Unterstaatssekretär Stieler vom Reichsverkehrsministerium trägt außerhalb der Tagesordnung vor:

Eine Anzahl wirtschaftlicher Verbände aus dem westlichen Industrierevier habe unter Führung des Syndikus der Handelskammer Essen, des bisherigen vortragenden Rats im Preußischen Arbeitsministerium Quaatz, an den Herrn Reichskanzler telegraphiert, die Entscheidung über den in jeder Beziehung verfehlten Vertrag, betreffend die Übernahme der Bahnen auf das Reich, müsse[75] ausgesetzt bleiben, bis die Öffentlichkeit Gelegenheit habe, sich eingehend mit ihm zu befassen6.

Wenn man auch diesem Schritte an sich keine besondere Bedeutung beimessen wolle, so zeige er doch, daß man sowohl in der Nationalversammlung als in der Preußischen Landesversammlung auf Widerstand gefaßt sein müsse, und zwar auch bei einzelnen Mitgliedern der Mehrheitsparteien7. Eine Verzögerung der Übernahme der Bahn auch nur um Monate sei aber in politischer, finanzieller und namentlich in verkehrstechnischer Hinsicht verhängnisvoll. Die Möglichkeit, den Kaufpreis etwas herunterzudrücken, spiele gegenüber den erwähnten, von ihm näher bezeichneten schlimmen Folgen gar keine Rolle.

Er stelle anheim:

Die Herren Minister möchten bei ihren Parteien in der Nationalversammlung, vor allem aber in der Preußischen Landesversammlung auf eine möglichst rasche Annahme des Staatsvertrags, betreffend Übernahme der Bahnen auf das Reich hinwirken. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen: Bei der Aussprache, an der sich vor allem der Reichsminister der Finanzen Dr. Wirth und Reichsminister Dr. David beteiligten, wurde angeregt, das Reichsverkehrsministerium möge in einer der nächsten Kabinettssitzungen eine Denkschrift über die Eisenbahnfinanzen vorlegen, auch wurde weiter Aussicht genommen, die Öffentlichkeit auf die schwierige Lage der Eisenbahnfinanzen hinzuweisen. Hierdurch sowie durch Verhandlungen mit den Organisationen solle darauf hingewirkt werden, daß auch den Arbeitern und Beamten das Verständnis dafür aufgehe, daß die Eisenbahnen sich selbst erhalten müssen, daß also ihre Forderungen nicht ins Ungemessene steigen dürfen8.

Fußnoten

5

Der GesEntw. zum Staatsvertrag über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich war in erster Lesung von der NatVers. am 29.3.20 einem Sonderausschuß überwiesen worden (NatVers. Bd. 332, S. 4938 ).

6

Das Telegramm wurde nicht ermittelt.

7

Aus dem Bericht des 26. Ausschusses, der den GesEntw. behandelte, läßt sich nicht ersehen, welchen Parteien die Redner angehörten, die Einwendungen gegen den GesEntw. vorbrachten, s. dazu NatVers. Aktenstück 2749, Bd. 343  ff. Vor der NatVers. erklärte am 24. 4. der Berichterstatter des 26. Ausschusses, Becker, von allen Seiten sei am Inhalt des Vertrags „starke Kritik“ geübt worden. Die Ausschußmitglieder hätten daher beschlossen, daß statt einzelner Fraktionssprecher der Berichterstatter die Aussetzungen „gemeinsam für sämtliche Parteien“ vortragen solle. Diese richteten sich gegen den Kaufpreis der Staatseisenbahnen, der das Reich mit 43 Mrd. M. belastete, ferner gegen das Pfandrecht, das die Länder als Gläubiger des Reichs an den Eisenbahnen behielten. Kritisiert wurde außerdem, daß die Unveräußerlichkeit der Reichseisenbahnen nicht festgelegt worden sei, sondern daß diese mit Zustimmung der Länder verkauft und verpfändet werden könnten. Schließlich waren die Bestimmungen über die Garantieleistungen an die bisherigen Beamten und Beamtenanwärter beanstandet worden, da sie der zukünftigen Organisation im Wege ständen (NatVers. Bd. 333, S. 5399  ff.).

8

Eine Denkschrift wurde nicht ermittelt. Die NatVers. nahm den GesEntw. über den Staatsvertrag am 24.4.20 an (NatVers. Bd. 333, S. 5410 ), er wurde am 30. 4. ausgefertigt und im RGBl. S. 773  ff. veröffentlicht.

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