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[28]c) Indiskretionen.
Der Reichskanzler bat die Herren Reichsminister, über den Inhalt der Kabinettsberatungen nach außen hin strengstes Stillschweigen zu bewahren und nur solche Mitteilungen weiterzugeben, die von der Gesamtheit der Reichsminister zur Bekanntgabe freigegeben seien3.
Fußnoten
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Veranlassung hierzu könnte folgender Vorgang gewesen sein: Am 23.5.32 hatte Botschafter v. Hoesch aus Paris berichtet, daß ein von der frz. Zeitschrift „Illustration“ veröffentlichter Auszug aus den Stresemann-Memoiren (Gustav Stresemann: Vermächtnis. Der Nachlaß in drei Bänden. Hrsg. von Henry Bernhard. Bd. I u. II. – Berlin 1932) in der frz. öffentlichen Meinung und in höchsten Regierungskreisen eine außerordentlich ungünstige Wirkung gezeitigt habe. – StS v. Bülow, von der Rkei am 25. 5. um Stellungnahme gebeten, erklärte hierzu mit Schreiben an Planck vom 4. 6. u. a.: Wenn die Veröffentlichung des Stresemann-Nachlasses „im Auslande, insbesondere in Frankreich, so unangenehme Sensation erregt hat, so ist das im wesentlichen, abgesehen von einigen persönlichen Indiskretionen, nicht auf das zurückzuführen, was die Veröffentlichung bringt, denn die Memoiren enthalten im großen und ganzen nur eine Bestätigung dessen, was Stresemann vielfach in breitester Öffentlichkeit vertreten hat. Die entscheidende Ursache für das Aufsehen waren vielmehr die sogenannten Vorabdrucke in der in- und ausländischen Presse, die einzelne Ausführungen außerhalb jeglichen Zusammenhangs bruchstückweise brachten und außerdem noch gerade in die Zeit der französischen Wahlen fielen.“ Gleichwohl habe sich das AA inzwischen der Bereitschaft des Herausgebers versichert, „die Fahnenbogen des dritten Bandes vorher dem Auswärtigen Amt zur Prüfung vorzulegen“, und sei in Überlegungen eingetreten, „welche internen Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Vorkommnisse dem Reichskabinett vorgeschlagen werden können“. Wenig später (Schreiben an Planck vom 14. 6.) regte Bülow schließlich an, die Mitglieder der RReg. schriftlich erklären zu lassen, daß sie künftig „alle Schriftstücke, die sich auf amtliche Angelegenheiten beziehen, […] von der eigentlichen Privatkorrespondenz getrennt“ halten und „spätestens beim Ausscheiden aus dem Dienst zu den amtlichen Akten“ geben würden (R 43 I/1971, Bl. 239–258). Die Frage gelangte jedoch nicht auf die Tagesordnung der RReg. und wurde nach Ausweis der Akten nicht weiter verfolgt.