1.161 (bru3p): Nr. 675 Chefbesprechung über die Bankensanierung vom 15. Februar 1932

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 2). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II Band 3Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

Nr. 675
Chefbesprechung über die Bankensanierung vom 15. Februar 1932

R 43 I /648 , Bl. 137–138

Anwesend: Brüning, Dietrich, Warmbold; StS Pünder, Trendelenburg; MinDirig. Norden; MinR Claußen; RbkPräs. Luther; RbkDir. Friedrich; RBankKom. Ernst; Protokoll: MinR Feßler.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete, daß Direktor Wassermann von der Deutschen Bank wegen des Termins der Veröffentlichung ihrer Vorschläge dem Wunsche der Reichsregierung nachgegeben habe. Er beabsichtige, eine Erklärung abzugeben, die etwa den Inhalt habe, das Reich habe sich bereiterklärt, sich an der Ausgabe neuer Aktien zu beteiligen. Die Deutsche Bank werde aber die Reorganisation aus eigener Kraft durchführen.

Gegen eine Erklärung dieser Art wurden erhebliche Bedenken geltend gemacht, insbesondere mit Rücksicht auf die Konkurrenzverhältnisse zu den anderen Großbanken.

[2297] Der Reichswirtschaftsminister trat erneut dafür ein, daß die Deutsche Bank ihre Verhältnisse der Regierung klarlegen möge.

Der Reichsbankpräsident äußerte hierzu Bedenken.

Über die Frage der Konkurrenzfähigkeit der drei nach der Sanierung in Frage kommenden Großbankinstitute wurde eingehend verhandelt.

Der Reichsbankpräsident betrachtete die Zusammenlegung der Aktien für diese Frage als besonders wichtig und trat deswegen erneut dafür ein, daß bei der Commerz- und Privatbank die Zusammenlegung im Verhältnis von 3 zu 1 erfolge, während sie bei den beiden anderen Bankinstituten im Verhältnis von 4 zu 1 vorgenommen werden solle. Es entspräche auch dem Umstand, daß die Commerz- und Privatbank sich bis zur Gegenwart liquide erhalten habe1.

Auch der Reichsminister der Finanzen hielt es für notwendig, in der Frage der Zusammenlegung der Aktien vorsichtig vorzugehen, um den Kredit der sanierten Institute nicht von vornherein zu beeinträchtigen. Er wies auch auf die Gefahr hin, daß bei ungünstigen Zusammenlegungen eine Vereinbarung mit den Bankleitungen nicht zustandekommen könne und daß es in der Öffentlichkeit einen sehr ungünstigen Eindruck machen würde, wenn Vorstand und Aufsichtsrat etwa daraufhin geschlossen ihre Ämter niederlegen würden. Aus diesen Gründen befürwortete er erneut, daß die Zusammenlegung bei allen Instituten im Verhältnis von 3 zu 1 vorgenommen werde.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg trat dieser Auffassung entgegen. Für die Aktienzusammenlegung kämen schließlich die öffentlichen Gelder in Frage, die aus der Aufhebung der Notensteuer verfügbar würden. Die Regierung müsse auch die Genehmigung zur Ausweitung der Satzung der Golddiskontbank geben. Die Öffentlichkeit würde bei dieser Sachlage kein rechtes Verständnis dafür haben, wenn die Zusammenlegung für die Aktionäre günstig wäre. Sie müßten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen die Folgen der Entwicklung tragen.

Für den Kredit der neuen Institute werde keine ausschlaggebende Rolle spielen, in welchem Umfange die Zusammenlegung erfolge. Würde das ganze Sanierungswerk nicht in jeder Richtung vernünftig, gerecht und wahr durchgestaltet, so würden daraus für die privatwirtschaftliche Weiterentwicklung des Bankwesens und darüber hinaus für die kapitalistische Wirtschaft die schwersten Gefahren entstehen. Das privatwirtschaftliche System sei nur zu halten, wenn es gegen die Kapitalisten geschützt werde, die nur Gewinne machen, Verluste aber dem Staate aufbürden wollten.

Ein großer Teil der Schwierigkeiten der Banken sei aus den erheblichen Stützungskäufen entstanden, die diese für ihre Aktion vorgenommen hätten. Der Gesamtbetrag der Aufwendungen hierfür könne auf mehr als 350 Millionen angenommen werden. Das führe zu der Erwägung, ob die Aktien der Banken nicht in Namensaktien umgewandelt werden sollten, deren Übertragung erschwert wäre. Im Grunde wäre es ein unmöglicher Zustand, daß die Bankaktionäre durch Verkauf ihrer Aktien ihr Geld in erster Linie flüssigmachen könnten.

[2298] Der Reichskanzler trat den Ausführungen grundsätzlich bei. Die Dresdner Bank könne keinesfalls ungünstiger behandelt werden als die Commerz- und Privatbank. Politisch würde die Lage schwieriger, wenn das Verhältnis der Zusammenlegung für die Aktionäre günstig wäre. Ohne Eingreifen des Reichs wären sie auf das schwerste geschädigt.

Die Frage der Zusammenlegung der Banken soll am 16. Februar endgültig entschieden werden.

Die weiteren Verhandlungen betrafen die Personalbesetzung der Bankvorstände. Bei der Commerz- und Privatbank würde durch Aufnahme der Bankfirma Hardi und des Barmer Bankvereins ein Vorstand von 10 Personen entstehen. Es werde schwierig sein, die Personalfrage dort verständig zu regeln. Es müsse gefordert werden, daß sämtliche Vorstandsmitglieder bei der Sanierung ihre Ämter zur Verfügung stellen. Bei der Dresdner Bank werde es sich darum handeln, welches Vorstandsmitglied der Danat-Bank übernommen werden solle. Ein starker Wechsel im Vorstand werde auch dort erforderlich sein. Auch hierüber soll die endgültige Entscheidung am 16. Februar nachmittags, 4 Uhr getroffen werden2.

Fußnoten

1

Vgl. hierzu Luthers Tagebucheintragung vom 15.2.32, Nachl. Luther  Nr. 368, Bl. 207–208, auszugsweise auch in Schulz, Politik und Wirtschaft in der Krise, Dok. Nr. 431.

2

Hierzu Dok. Nr. 676.

Extras (Fußzeile):