2.169.2 (feh1p): 2. Entwaffnungs- und Reparationsforderungen der Entente.

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[453]2. Entwaffnungs- und Reparationsforderungen der Entente1.

1

All. Note vom 29.1.1921; s. Dok. Nr. 165, Anm. 1, 5 und 6.

Admiral Behncke trägt vor, daß von den 670 Geschützen der Küstensicherung, die am Stichtag des Friedensvertrags vorhanden waren, uns jetzt nur 420 gelassen werden sollen. Diese Forderung widerspreche dem Friedensvertrage2.

2

Zur Entwaffnung der dt. Seebefestigungen s. Dok. Nr. 155, P. 2. In der all. Note vom 29.1.1921 war festgesetzt worden, daß die Bewaffnung der dt. Seebefestigungen gemäß den Beschlüssen der IMKK 420 Geschütze betragen dürfe (RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 13 ).

Auf Vorschlag des Ministers Dr. Simons beschließt das Kabinett, daß der Chef der Marineleitung vorläufig keine Schritte tun soll, um die Zahl dieser Geschütze zu vermindern.

Minister Dr. Simons: In der Frage der Reparation sei die Absicht der Reichsregierung bereits dahin festgestellt, daß die Pariser Vorschläge nicht annehmbar wären. Zu prüfen sei nun, welche Taktik man einschlagen solle. Lord D’Abernon hätte sich heute ihm gegenüber für die Fortführung der Sachverständigenverhandlungen in Brüssel ausgesprochen3, Herr Bergmann habe bereits in Paris erklärt, daß er nicht bereit sei, unter den veränderten Umständen nach Brüssel zu gehen4. Lord D’Abernon habe sich, als er, der Minister, ihn heute darauf hingewiesen habe, damit abgefunden, dann aber gefragt, ob wir bereit seien, vertraulich und inoffiziell über den gesamten Fragenkomplex zu verhandeln. Er, der Minister, habe darauf erklärt, er halte für möglich, daß das Kabinett hiermit einverstanden sein werde. Er habe den Eindruck, als ob die Entente sich über die erzielte Einigung freue, aber doch glaube, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Über die 12% Abgabe von unserer Ausfuhr habe Lord D’Abernon die Ansicht geäußert, daß sie gerade für uns nötig sei, um eine gegen uns gerichtete Schutzzollbewegung des Auslandes zu vermeiden. Er, der Minister, habe ihm erwidert, daß dieses Moment nicht in Frage komme, wenn unsere Valuta sich bessere. Dann würde vielmehr entweder unsere Industrie abgedrosselt, oder die deutschen Arbeiter seien gezwungen, 12% unter dem Weltmarktlohn zu arbeiten. Lord D’Abernon, der anfangs die Ansicht vertreten hätte, das Pariser Abkommen sei für uns günstiger als der Friedensvertrag, hätte ihn schließlich doch wohl mit der Überzeugung verlassen, daß die Entente bei der Festsetzung der Pariser Beschlüsse unüberlegt gehandelt habe.

3

Diese Unterredung zwischen RAM Simons und dem brit. Botschafter D’Abernon hatte am Morgen des 4.2.1921 stattgefunden. Siehe dazu D’Abernon, Ein Botschafter der Zeitenwende, Bd. 1, S. 139–141.

4

Bergmann schreibt dazu: „Die Rolle der Brüsseler Sachverständigen war ausgespielt. Ein englischer Vertreter meinte damals, es sei doch ganz nützlich, nochmals nach Brüssel zu gehen, weil sich da unter den Sachverständigen leicht Anregungen für die Londoner Konferenz bieten würden. Ich lehnte dies ab, da Deutschland erst in London zu den Pariser Beschlüssen Stellung nehmen werde und vorher weder die Alliierten über eine etwaige Änderung der Beschlüsse diskutieren noch die deutschen Vertreter in eine sachliche Beratung eintreten könnten.“ (C. Bergmann, Der Weg der Reparation, S. 83).

Er sei der Ansicht, daß wir mit unseren positiven Vorschlägen nicht zu früh herauskommen, sondern erst den Gang der inoffiziellen Verhandlungen abwarten sollten. Es herrsche anscheinend eine gewisse Bereitwilligkeit, mindestens auf Teile des Seydouxschen Planes5 für die ersten Annuitäten wieder einzugehen.

5

Zum Seydouxschen Plan vgl. Dok. Nr. 156, Anm. 15.

[454] Er schlage vor, unsere Gegenvorschläge in einem ganz kleinen Kreise zu besprechen, um die Geheimhaltung zu gewährleisten. Hierbei werde man sich die Frage vorzulegen haben, ob man auf den Seydouxschen Plan zurückgreifen oder eine Gesamtsumme vorschlagen oder einen alternativen Vorschlag machen wolle. Ferner sei zu prüfen, ob man das Parlament und den Reichswirtschaftsrat zu den Vorschlägen hören solle.

Minister Dr. Wirth stimmt diesen Vorschlägen des Ministers Dr. Simons zu. Er weist auf die Verstimmung hin, die in Amerika darüber herrsche, daß nach den Pariser Vorschlägen die Amerikaner keine direkten Kreditoperationen mit uns machen könnten6. Mit dem Minister Dr. Simons halte er ein Hinhalten in der ganzen Frage für nötig.

6

Nach Art. 4 der Reparationsregelung der all. Note vom 29.1.1921 durfte Dtld. in Zukunft weder mittelbar noch unmittelbar irgendeine Kreditoperation außerhalb seines Gebietes ohne Zustimmung der Repko vornehmen (RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366 ).

Auf Vorschlag des Ministers Dr. Simons beschließt das Kabinett, den Minister Dr. Simons zu beauftragen, im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichswirtschaftsminister die Vorarbeiten einzuleiten. Es stimmt ferner den von dem englischen Botschafter angeregten inoffiziellen Verhandlungen zu. Minister Dr. Simons stellt hierzu ausdrücklich fest, daß diese Verhandlungen nicht auf der Basis der Pariser Vorschläge stattfinden könnten.

Das Kabinett ist ferner auf Vorschlag des Ministers Dr. Simons damit einverstanden, daß in dem Fallenlassen der uns zugesagten Genfer Konferenz7 kein Grund zur Ablehnung der Einladung nach London gesehen werden solle.

7

Zur Genfer Konferenz s. Dok. Nr. 28, Anm. 3. Die Genfer Konferenz war bisher immer wieder verschoben worden.

Staatssekretär Schroeder: Nach ergangener Mitteilung würden uns in der nächsten Zeit die Berechnungen der Reparationskommission über die Höhe der einzelnen Schadensarten zugehen, mit der Aufforderung, uns dazu zu äußern. S. E. sollte man die Mitwirkung hierzu nicht ablehnen8.

8

Zur Feststellung der all. Kriegsschadenrechnungen s. Schultheß 1921, II, S. 239.

Minister Dr. Wirth erklärt, daß er über diese Frage noch mit dem Außenminister verhandeln werde.

Staatssekretär Müller teilt mit, daß in seinem Ministerium am 7. Februar eine Ressortbesprechung über die Frage der Höhe der Schäden stattfände9.

9

Dazu war in R 43 I und R 38 nichts zu ermitteln.

Minister Dr. Simons erklärt eine entschlossene und kräftige Aufklärung für notwendig, um dem Publikum die Wirkungen der Pariser Beschlüsse nahezubringen. Nach eingehender Erörterung dieser Frage, an der sich besonders die Minister Dr. Brauns, Giesberts und Groener, die Staatssekretäre Albert, Göhre, Hirsch und der Ministerialdirektor Heilbron beteiligen, beauftragt das Kabinett den Minister Dr. Simons, die Aufklärung für das Ausland und das Inland mit den beteiligten Ressorts, dem Pressechef der Reichsregierung und gegebenenfalls der Zentrale für Heimatdienst unverzüglich aufzunehmen. Interviews der Minister in der Reparationsfrage sollen nur mit Kenntnis des Auswärtigen Amts (MD Heilbron) gewährt werden.

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