2.194.2 (feh1p): 2. Londoner Verhandlungen.

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2. Londoner Verhandlungen1.

1

Zur Vorgeschichte s. Dok. Nr. 189, Dok. Nr. 190 und Dok. Nr. 191.

Der Reichskanzler teilte die neuesten Depeschen2 mit und den Inhalt der Nachricht, die gestern Abend noch mittels Fernschreiber an Simons gegangen sei3. Er verlas sodann den Entwurf einer Rede, falls man zu der Auffassung käme, daß eine Erklärung abgegeben werden solle4.

2

Am späten Abend des 4. 3. hatte RAM Simons ein erstes Telegramm an StS v. Haniel gesandt, in dem er über inoffizielle Kontakte zwischen der dt. und den all. Delegationen berichtete. So hatte er am 4. 3. eine Besprechung mit Lord D’Abernon gehabt und sollte am 5. 3. von Lloyd George empfangen werden. Auch mit der frz. Delegation waren Verhandlungen aufgenommen worden (Telegramm Nr. 46 v. 4.3.21, Ankunft: 22.50 Uhr, R 43 I /18 , Bl. 73).

Am frühen Morgen des 5. 3. hatte Simons ein weiteres Telegramm an v. Haniel gesandt, in dem er mitteilte, daß auf brit. Wunsch über die bisherigen und die kommenden Unterredungen strengstes Stillschweigen gewahrt werden müsse (Telegramm Nr. 47 v. 5.3.21, Ankunft: 3.33 Uhr, R 43 I /18 , Bl. 86).

Zu den inoffiziellen Verhandlungen in London s. Dok. Nr. 205.

3

Siehe dazu Dok. Nr. 191, Anm. 2.

4

Dieser Entw. einer Rede war in R 43 I nicht zu ermitteln.

Staatssekretär Albert gab der Auffassung Ausdruck, daß man in erster Linie versuchen solle, von einer Erklärung der Reichsregierung Abstand zu nehmen. Falls bei den Parteiführern dies nicht durchzusetzen sei, würde er vorschlagen, sich nur auf Anfang und Schluß der Rede unter entsprechender Umredigierung zu beschränken.

[522] Reichsminister von Raumer: In erster Linie dahin streben, Sitzung nicht abzuhalten; wenn doch, dann nur für Anfang und Schluß der Rede. Möglichst darauf hinwirken, daß Parteien keine Erklärungen abgeben.

Reichsminister Dr. Scholz: Müßig zu erörtern, ob man nach dreistündiger Besprechung mit Parteiführern von gestern Erklärung abgeben solle oder nicht; würde jetzt Brüskierung sein. Rede sei zu kurz; entweder gar nicht oder länger.

Reichsminister Dr. Wirth bittet Wiederaufbau zu betonen, den steuerlichen Teil aber auszulassen.

Reichsminister Dr. Hermes: Besser nicht sprechen, wenn doch, dann Stellungnahme vorbehalten.

Reichsminister Koch: Besser nicht sprechen, wenn aber Rede nicht zu vermeiden, dann mehr betonen, daß man gezwungen werde zu sprechen; alles unter dem Vorbehalt, daß Simons nicht erklärte, man solle von einer Rede Abstand nehmen.

Reichsminister Giesberts glaubt, daß man an einer Erklärung nicht vorbeikäme.

Staatssekretär von Haniel mitteilt, daß Antwort Simons noch nicht da5, glaubt aber, daß man auf Rede Lloyd Georges nicht eingehen solle6. Schlägt vor, Rede dahin zu beschränken, daß man auf Lloyd Georges Rede nicht eingegangen sei, weil man dies der Delegation in London überlassen wolle. Man solle die letzten Möglichkeiten ausschöpfen in Verhandlungen, aber nichts unterschreiben, was über die Richtlinien hinausgehe.

5

Gemeint war die Antwort, die RAM Simons auf das Telegramm des Reichskabinetts vom Abend des 4. 3. bis zum Mittag des 5. 3. zu geben hatte. Siehe dazu Dok. Nr. 191, Anm. 2.

6

Es war dies die Rede Lloyd Georges vom 3.3.1921; s. dazu Dok. Nr. 188, Anm. 5.

Staatssekretär Albert: Wenn Antwort von Delegation bejahend, dann sprechen, evtl. auf der von v. Haniel angedeuteten Grundlage. Falls eine Erklärung von der Delegation nicht gewünscht werde, dann sollte man nicht sagen, daß Simons es nicht wolle, sondern daß man in die Entwicklung der Verhandlungen nicht eingreifen wolle.

Reichsminister von Raumer: Falls Simons Erklärung oder Verhandlung nicht wünscht, sollte Sitzung nicht stattfinden. Wenn trotzdem eine Erklärung beschlossen würde, so würde er die Verantwortung nicht tragen können und sein Portefeuille zurückgeben. Über die Nervosität des Reichstags müsse man hinwegkommen.

Reichsminister Dr. Scholz stimmt an sich Auffassung von Raumers zu. Dazu hätte man sich aber gestern entschließen müssen; heute würde es als unfreundliche Behandlung des Parlaments aussehen.

Reichskanzler vorschlägt, nur erste und letzte Seite des Entwurfs in der Rede zu bringen, die Polemik aber wegzulassen.

Reichsminister Dr. Heinze: Am besten wohl nicht reden; auch Parteien ständen unter diesem Eindruck und würden dankbar sein, wenn sie aus der Situation herauskämen; evtl. kurze Erklärung.

Reichsminister Dr. Brauns verliest hierauf seinen Entwurf. Es wurde sodann darüber abgestimmt, ob in der Rede auf die Rede Lloyd Georges repliziert[523] werden solle. Gegen die Stimme des Reichswirtschaftsministers wurde eine Replik abgelehnt.

Es wurde dann die Anregung des Reichskanzlers, nur Anfang und Schluß des Redeentwurfs zur Grundlage zu nehmen, einstimmig angenommen, von dem Reichsschatzminister unter dem Vorbehalt, daß er überhaupt gegen eine Erklärung sei. Endlich wurde beschlossen, daß, falls von dem Außenminister die Nachricht käme, daß eine Rede unerwünscht sei, den Parteiführern eröffnet würde, daß nach den neuen Nachrichten das Kabinett der Auffassung wäre, eine Verhandlung sei unheilvoll und müsse abgelehnt werden, auch würde eine Beteiligung seitens der Regierung nicht stattfinden. Es wurde sodann der Wortlaut der ev. zu haltenden Rede des Reichskanzlers noch im einzelnen geändert7. […]

7

Siehe dazu weiter Dok. Nr. 195.

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