2.135.1 (feh1p): 1. Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues.

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1. Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues.

Reichsminister Brauns trägt die wesentlichen Bestimmungen des Entwurfs vor1. Den dem Reichsrat bereits vorliegenden alten Entwurf zur gleichen[348] Materie2 beabsichtige er durch Antrag aus dem Reichsrat entsprechend dem neuen ändern zu lassen3.

1

Bereits im Verlauf des Jahres 1920 war deutlich geworden, daß der Wohnungsbau wegen der hohen Preissteigerungen in den folgenden Jahren nicht ohne öffentliche Zuschüsse würde auskommen können. Der gesetzlichen Regelung der Aufbringung dieser Zuschüsse diente der vorliegende GesEntw.

Der GesEntw. ging dabei von der Tatsache aus, daß sich die Baukosten seit 1918 vervielfacht hatten. Dadurch hatte jedoch auch der Hausbesitz, der vor 1918 errichtet worden war, eine große Wertsteigerung erfahren. Eine Absicht des GesEntw. ging daher dahin, die durch die Verteuerung der Baukosten bedingte, ungerechtfertigte Wertsteigerung des Althausbesitzes zu besteuern. Eine andere Absicht dieses GesEntw. war es, einen Ausgleich der Mietbelastung in Alt- und Neubauten zu schaffen. Während die Mieten in den Häusern, die vor 1918 gebaut worden waren, im Zuge der Mietpreisbindung auf einem niedrigen Stand geblieben waren, lagen die Mieten in den nach 1918 gebauten Häusern sehr viel höher. Auf Grund der Besteuerung des älteren Hausbesitzes erwartete man nun, daß nach einer Freigabe der Mieten diese dort steigen würden und sich den Mieten in den neuerbauten Häusern anpassen würden.

Vorgesehen war, daß Länder und Gemeinden je 5% des Nutzungswertes (Mieteinnahme oder Pachtzins) als Abgabe erheben sollten. Berechnungsgrundlage dieser Abgabe sollte der Nutzungswert des Jahres 1914 sein. Von diesen Erträgen wiederum sollten 20% an das Reich abgeführt werden. Die verbleibenden Einkünfte der Abgabe sollten der Wohnungsbeschaffung und der Siedlung dienen. Zu den Einzelheiten des GesEntw. s. RT-Drucks. Nr. 1388, Bd. 365 , besonders die Begründung.

Diesen GesEntw. hatte der RArbM am 13. 12. dem StSRkei zugesandt und um die Beratung im Kabinett gebeten (R 43 I /2340 , Bl. 93–115).

2

Diesen ersten Entw. eines Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues hatte das Kabinett in seiner Sitzung vom 28.7.1920 verabschiedet (s. Dok. Nr. 36, P. 1); unmittelbar danach war der GesEntw. vom RArbM dem RR zugeleitet worden. Inzwischen hatten sich jedoch auf Grund der Beratungen in den Ausschüssen des RR eine ganze Reihe von Änderungen ergeben, so daß ein neuer Entw. notwendig geworden war (Schreiben des RArbM an den RK am 13.12.1920, R 43 I /2340 , Bl. 93–94).

3

Nach Art. 66 Abs. 1 der RV hatte die RReg. das Recht, im RR Anträge zu stellen.

Reichsminister Scholz: Der vorgelegte Entwurf biete ein gesetzgeberisches Novum insofern, als durch ihn die Länder gezwungen würden, eine bestimmte Steuer zu erheben.

Reichsminister Giesberts weist darauf hin, daß der Entwurf eine Zwecksteuer darstelle, Auch dies sei neu, aber man würde auf die Dauer von Zwecksteuern nicht grundsätzlich absehen können4.

4

Nach § 1 des GesEntw. war das Aufkommen aus dieser Abgabe lediglich zur Förderung der Wohnraumbeschaffung und der Siedlung bestimmt.

Auf Befragen bestätigt Minister Brauns, daß auch die Gebäude der Landwirtschaft unter die Abgabe des Entwurfs fielen.

Reichsminister Koch hält die juristische Konstruktion des Entwurfs nicht für ganz klar und wirft die Frage auf, ob auch Dienstwohnungen unter die vorgesehene besondere Besteuerung von Luxuswohnungen fielen.

Ministerialrat Pfeiffer: Der Reichsminister der Finanzen Wirth bitte, über den Entwurf heute nicht abzustimmen, da er sich vom alten Entwurf wesentlich unterscheide.

Reichsminister Brauns: Zur Frage der Dienstwohnungen könne eine besondere Bestimmung in den Entwurf eingefügt werden.

Reichsminister Koch bittet, die Bestimmung des § 10, nach der der Reichsarbeitsminister allgemeine Grundsätze über die Verwendung der Abgaben aufstellen könne, dahin abzuändern, daß diese Befugnis der Reichsregierung zustehe.

Das Kabinett stimmt, nachdem Minister Brauns sein Einverständnis erklärt hat, dieser Änderung des § 10 zu5.

5

Der § 10 des KabEntw. bestimmte: „Der RArbM kann allgemeine Grundsätze über die Verwendung der Abgabe aufstellen. Soweit er von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht, sind die obersten Landesbehörden hierzu berechtigt.“ (R 43 I /2340 , Bl. 97).

[349] Ministerialrat Pfeiffer betont die Notwendigkeit, eine ausdrückliche Bestimmung aufzunehmen, die die Länder verpflichtet, die gewährten Vorschüsse von 1½ Milliarden Mark an das Reich zurückzuzahlen6.

6

Das Kabinett hatte sich in seiner Sitzung vom 2.12.1920 bereit erklärt, bereits vor der Annahme des Gesetzes zur Förderung der allgemeinen Bautätigkeit im Jahre 1921 einen Betrag von 1,5 Mrd. M an Reichsdarlehen bereitzustellen. Siehe dazu Dok. Nr. 125, P. 4.

Der Reichskanzler stellt Einverständnis des Kabinetts dahin fest, daß der Reichsarbeitsminister nach zu erwirkender Einverständniserklärung des heute nicht anwesenden Reichsministers der Finanzen ermächtigt wird, mit den Parteien über den Entwurf zu verhandeln7 und ihn dem Reichsrat vorzulegen.

7

In einem Schreiben vom 23. 12. teilte der RArbM dem StSRkei dann mit, daß sich die Parteien überwiegend zu einer sachlichen Behandlung des GesEntw. bereit erklärt hätten (R 43 I /2340 , Bl. 140).

Zum endgültigen Text des Gesetzes s. RGBl. 1921, S. 773  f.

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