2.242 (mu21p): Nr. 242 Der Deutsche Beamtenbund an die Reichsregierung. 5. Juli 1929

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Text

RTF

Nr. 242
Der Deutsche Beamtenbund an die Reichsregierung. 5. Juli 1929

R 43 I /294 , Bl. 154-155 Umdruck

[Betrifft: Young-Plan.]

Entschließung1.

1

Im Anschreiben wurde darauf hingewiesen, daß der Vorstand des Deutschen Beamtenbundes das Ergebnis der Sachverständigenkonferenz am 27. 6. behandelt und die Entschließung einstimmig gefaßt habe (R 43 I /294 , Bl. 153).

Der Gesamtvorstand des Deutschen Beamtenbunden (D.B.B.) stellt fest:

Anläßlich der Verhandlungen der Pariser Sachverständigenkommission haben die Organisationen des Reichsbahnpersonals sowohl im Interesse der Reichsbahn[797] und ihres Personals, wie auch im Interesse des ganzen deutschen Volkes Forderungen gestellt, die im wesentlichen verlangen, daß

a) die Reichsbahn unter Beseitigung der Reichsbahn-Gesellschaft wieder dem entscheidenden Einfluß der deutschen Reichsregierung und der deutschen Volksvertretung – wenn auch mit selbständigem Haushalt – unterstellt wird;

b) daß die besondere dringliche Haftung der Reichsbahn für die Aufbringung von Reparationslasten beseitigt und damit die Beteiligung der Reichsbahn an der Aufbringung von Reparationslasten zu einer innerdeutschen Angelegenheit gemacht wird;

c) daß eine ausreichende Verringerung der bisher der Reichsbahn aufgebürdeten, ihre Leistungsfähigkeit weit übersteigenden Belastung erfolgt;

d) die Rechtsverhältnisse des Reichsbahnpersonals wieder in Übereinstimmung mit den Rechtsverhältnissen der Beamten, Angestellten und Arbeiter des Reiches gebracht werden.

Diese Forderungen decken sich mit den bisherigen Forderungen der Reichsregierung und denen des Reichstags.

Leider muß festgestellt werden, daß der Young-Plan auf diese Forderung nicht eingeht; er enthält im Gegenteil in den die Reichsbahn behandelnden Abschnitten Formulierungen, die geeignet sind, die Reichsbahn noch immer weiter vom Reich zu entfernen2; er entläßt im weiteren die Reichsbahn nicht aus ihrer besonderen dringlichen Haftung, sondern macht sie aufs neue zum besonderen Reparationsobjekt; eine finanzielle Entlastung der Reichsbahn sieht er nicht vor. Die Reichsbahn soll also nach wie vor sich ausschließlich als ein auf Erwerb gerichtetes Unternehmen betrachten. Sie soll nach den Worten des Young-Plans „während der Geltungsdauer des Planes ihre Eigenschaft als privates und unabhängiges Unternehmen mit selbständiger Geschäftsführung in wirtschaftlichen, finanziellen und Personalangelegenheiten ohne Einmischung der deutschen Regierung beibehalten“3.

2

Vgl. dazu Kapitel 8 des Young-Plans: Zusammensetzung der Annuitäten, Ziffer 99 in Artikel 1: Quellen und Sicherheiten; Ziffer 103 f. in Artikel 2: Der Beitrag der Deutschen RB; Ziffer 109 in Artikel 3: Die Beförderungssteuer (RGBl. 1930 II, S. 438  ff.).

3

Ziffer 108 in Artikel 2 des 8. Kapitels (RGBl. 1930 II, S. 442 ).

Eine solche Regelung läuft lebenswichtigen Interessen des deutschen Volkes zuwider; sie ist nicht geeignet, die Reichsbahn wieder zu einer der Volkswohlfahrt dienenden Verkehrsanstalt gemäß Artikel 89/90 der Reichsverfassung zu machen, die sie vor dem Eintreten des Dawes-Planes gewesen ist und die sie im Interesse des deutschen Volkes bald wieder werden muß. Sie entzieht vielmehr den wichtigsten Besitz des deutschen Volkes der durchaus notwendigen Beeinflussung und Kontrolle durch die Reichsregierung und Volksvertretung; sie verhindert infolge des Bestehenbleibens der zu großen Belastung eine gesunde Reichsbahnfinanzpolitik, welche die Voraussetzung für eine den Ansprüchen der Betriebssicherheit entsprechende Instandhaltung des technischen Apparates und der Reichsbahn-Anlagen sowie eine in sozialer Beziehung einwandfreie Personalpolitik ist.

An die Deutsche Reichsregierung und den Deutschen Reichstag richtet der Gesamtvorstand des Deutschen Beamtenbundes die dringende Forderung, alles[798] aufzubieten, um bei den bevorstehenden politischen Verhandlungen diesen Teil des Young-Plans im Sinne der übereinstimmenden Forderung der Reichsregierung, des Reichstages und des Reichsbahnpersonals zu ändern.

Der Gesamtvorstand verlangt jedenfalls, daß das Reichsbahnpersonal in dem im Young-Plan vorgesehenen Organisationskomitee zur Umarbeitung des Reichsbahngesetzes Gelegenheit zur Mitarbeit findet. Er erwartet endlich, daß in einem zukünftigen Verwaltungsrat, die Reichsregierung und das Reichsbahnpersonal eine solche Vertretung finden, daß die öffentlichen Interessen und die des Personals genügend gewahrt werden.

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