2.25 (vpa1p): Nr. 25 Aktennotiz des Reichskanzlers über eine Besprechung mit Reichsbankpräsident Luther am 14. Juni 1932

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[81] Nr. 25
Aktennotiz des Reichskanzlers über eine Besprechung mit Reichsbankpräsident Luther am 14. Juni 19321

1

Die Aktennotiz wurde vom StSRkei am gleichen Tage abschrl. dem RAM zur Kenntnisnahme übersandt (R 43 I /113 , Bl. 264).

R 43 I /113 , Bl. 263

[Internationale Anleihe für Österreich, Transferproblem, Währungsfrage]

1. Der Reichsbankpräsident trug die Frage der Gewährung eines internationalen Kredits für Österreich2 vor. Es sei beabsichtigt, einen Kredit von 300 Millionen Schilling zu geben, an dem Frankreich mit 100 Millionen, England mit 100 Millionen, die BIZ3 mit 100 Millionen beteiligt seien. Wirklich neues Geld sei nur die französische Tranche, während England seinen bisher gegebenen Kredit, nur in anderer Form, wieder zur Verfügung stellt. Umstritten sei die Erneuerung des Kredits der BIZ, an dem Deutschland mit 7 Millionen Schilling beteiligt sei. England wünsche seine Tranche zurückzuerhalten. Damit würde eintreten, daß England aus der ganzen Aktion lediglich ein Geschäft für sich macht. Zusammenfassend ist zu sagen, daß dieser Kredit nur ein Palliativmittel ist, welches die Fortführung der Zinszahlung ermöglichen soll. Für Deutschland liegt keine Veranlassung vor, sich für das Zustandekommen der Aktion besonders einzusetzen.

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Österreich war bereits im Herbst 1931 an den Völkerbund mit der Bitte um finanzielle Unterstützung herangetreten. Ihm wurde daraufhin eine größere, mit beträchtlichen wirtschaftlichen und politischen Auflagen (u. a. Wiederholung der im Genfer Protokoll vom 4.10.22 abgegebenen Erklärung, daß es seine Unabhängigkeit unter keinen Umständen aufgeben werde) verbundene internationale Anleihe in Aussicht gestellt. Zur Vorgeschichte vgl. Klingenstein, Die Anleihe von Lausanne, S. 43 ff. und 125 f.; Ausch, Als die Banken fielen, S. 391 ff.

3

Bank für internationalen Zahlungsausgleich, Basel.

Der Reichskanzler trat dieser Auffassung bei und betonte, daß die österreichische Frage nur global gesehen werden könne. Wir würden also bei dem Zustandekommen dieses Kredits kein Empressement zeigen. Wenn er aber zustande käme, müßten wir mit unserer BIZ-Tranche auf alle Fälle dabei bleiben.

Der Reichsbankpräsident betonte, daß Währungsgründe dem nicht entgegenstünden4.

4

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 40, P. 1, dort bes. Anm. 17.

2. Es wurde die Währungsfrage besprochen und Übereinstimmung dahin erzielt, daß die Frage der Notwendigkeit eines Transfer-Moratoriums in sehr ernste Nähe gerückt sei5. Die Frage soll nicht vor Lausanne erörtert werden,[82] um die Verhandlungen nicht zu stören. Sofern aber die Lausanner Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis kommen, das eine psychologische Besserung der Lage erhoffen läßt, müßte erneut Beschluß gefaßt werden. Der Reichsbankpräsident ist bereit, jederzeit nach Lausanne zu kommen. Er ist der Ansicht, daß der 15. Juli in diesem Zusammenhang keine Rolle spiele, weil die Amortisationsquote der deutschen Reichsschuld auf alle Fälle bezahlt werden müsse.

5

In einem Schreiben Luthers an den bereits in Lausanne weilenden RbkDir. Vocke vom 14. 6., welches den Verlauf der obigen Besprechung ausführlich wiedergibt, heißt es in diesem Zusammenhang u. a.: Der RK „persönlich war über die Einzelprobleme, die mit der Moratoriumsfrage zusammenhängen, begreiflicherweise noch nicht im Bilde. Besonders habe ich ihm dargelegt, welch großer Unterschied zwischen allen bis jetzt ergriffenen Maßnahmen, die lediglich Schutzmaßnahmen gegen den ausländischen Run waren [u. a. VO über Devisenbewirtschaftung vom 1.8.31, RGBl. I, S. 421 ], besteht und auf der anderen Seite einer Moratoriumsmaßnahme, kraft derer Zinsen, also Leistungen, die als wirtschaftliche Regel der Schuldner zu verdienen verpflichtet ist, in ihrer Transferierung ganz oder teilweise aufgehalten werden würden. Infolge einer Frage des Reichskanzlers hatte ich auch Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß das, was durch Nichttransferierung der Zins- und Amortisationsbeträge langfristiger Schulden erzielt werden kann, auch wenn man den Jahresbetrag zugrundelegt, in gar keinem Verhältnis zu der Summe steht, die infolge des Runs im vorigen Sommer aus kurzfristigen Krediten zur alsbaldigen Rückzahlung angefordert wurde. Da der Reichskanzler ferner wegen des Zeitpunktes eines etwaigen Moratoriums auf die am 15. Juli zur Transferierung fälligen 50 Millionen für Higginson [vgl. Anm. 9 zu Dok. Nr. 107] hinwies, habe ich ihm ausführlich dargelegt, daß meines Erachtens ein Moratorium, solange das nur irgend denkbar sei, den Schuldendienst des Reichs nicht mit einbeziehen sollte.“ (NL Luther  342).

Der Kanzler vertritt in diesem Detail einen anderen Gesichtspunkt und glaubt, daß die Devisenlage möglicherweise schon einen Entschluß vor dem 15. Juli notwendig mache6.

6

Die Frage war am Vortage bereits im Kabinett erörtert worden (Dok. Nr. 22).

Der Kanzler wiederholte, daß die Regierung unter keinen Umständen Währungsexperimente zulassen werde. Sie stünde derartigen Plänen völlig ablehnend gegenüber7.

7

Hierzu Luther in seinem Schreiben an Vocke vom 14. 6. (vgl. oben Anm. 5) u. a.: „Wegen der Währungsfrage habe ich den Herrn Reichskanzler darauf aufmerksam gemacht, daß im Ausland immer noch beunruhigende Meldungen über in Deutschland beabsichtigte Währungsexperimente umgingen. So gut der Eindruck der alsbald von ihm als Reichskanzler abgegebenen Erklärung [vgl. Anm. 6 zu Dok. Nr. 1] gewesen sei, so seien doch andererseits in Deutschland Bewegungen im Gange, die auf Währungsexperimente hinausliefen, deren Betreiber, wie es scheine, zum Teil in irgendeiner Form mit ausländischen Persönlichkeiten Fühlung genommen hätten (Hülse hatte mir das gesagt) und bei denen der Verdacht bestehe, daß in Deutschland die Beziehungen bis an einflußreiche Stellen emporreichen. Der Herr Reichskanzler hat mir versichert, daß er an keinerlei Währungsexperimente dächte und daß darüber auch in einer kurzen grundsätzlichen Erwähnung dieses Gegenstandes in einer Sitzung der Reichsregierung [Dok. Nr. 18] volles Einvernehmen bestanden hätte. Er sei auch bereit, diesen Standpunkt in Lausanne zu vertreten, welche Zusage ich allerdings nicht dahin verstanden habe, als beabsichtige er, eine bestimmte formulierte Erklärung abzugeben. Ich habe den letzteren Wunsch ihm gegenüber geäußert.“

P[apen]

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