2.237.1 (cun1p): [Zeichnung von Dollarschatzanweisungen]

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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[Zeichnung von Dollarschatzanweisungen]

Für die Industrie wurde erklärt, man wolle einschließlich der Banken in 25 Gruppen je 100 000 Pfund in Dollarschatzanweisungen gegen Devisen übernehmen1. Die Anwesenden machen sich stark hierfür. Die Verhandlungen im Vorstand2 würden am Dienstag [7. 8.] zu Ende geführt. Diese Verhandlungen[711] würden sehr erleichtert werden, wenn als grundsätzliche Voraussetzung zur Devisenschaffung gesichert würde:

1

Es handelt sich hier um die restlichen Teile der 50 Mio Dollarschatzanweisungen, die im März zur Zeichnung aufgelegt und trotz wiederholter Bemühungen der RReg. und der Rbk von seiten der Industrie und des Handels nur in bescheidenem Maße aufgenommen wurden (s. Anm. 1 zu Dok. Nr. 200). Ein handschriftlicher Vermerk gibt folgenden Überblick über die Zeichnungen bis zum 25. 7.: Aufgelegt wurden insgesamt 50 Mio Dollar; davon übernahmen a) die Banken 25 Mio, b) das Publikum 2,1 Mio, c) die Industrie 1,46, d) der Handel 0,24, e) die Schiffahrt 1,71, f), gegen Papiermark wurden abgegeben 4,4 Mio. Damit blieben noch unterzubringen rd. 15 Mio Dollar = 63 Mio GM. Nach einem weiteren Vermerk erhöhte sich der Anteil der Industrie bis zum 31. 7. noch auf insgesamt 1,56 Mio Dollar, von denen allein je 0,3 Mio von Siemens und AEG gezeichnet worden waren; der Vermerk nennt noch 12 weitere Unternehmen mit kleineren Zeichnungsquoten (R 43 I /2439 , Bl. 13, 17). Die Bereitschaft von Industrie und Banken, Dollarschatzanweisungen in Höhe von 2,5 Mio Pfund = 50 Mio GM gegen Devisen abzunehmen, geht nicht zuletzt auf das Drängen des REM zurück. Am 28. 7. hatte er StS Hamm über seine dringenden Bemühungen berichtet, bei der Rbk Devisen zu bekommen (R 43 I /1262 , Bl. 247). StS Hamm hatte in einem undatierten Vermerk (etwa vom 28. 7.) über Devisenpolitik u. a. ausgeführt: „Von den Großbanken und den größten Firmen der Großindustrie ist ein Devisenvorrat auf freiwilligem Wege zu erholen. Der Devisenbedarf für die notwendigste Lebensmitteleinfuhr beträgt täglich 2½ Millionen; davon sollte mindestens 1 Million auf zwei Monate durch freiwillige Devisenablieferung gesichert werden. Das könnte vielleicht erreicht werden a) durch Bevorzugung bei Verrechnung gegen Goldanleihe, b) durch starke moralische Mittel bis zum Boykott.“ (R 43 I /1134 , Bl. 136-140, hier: Bl. 140). Am 3. 8. schreibt der REM an den RWiM, abschriftlich an den RK: „Bei der am 1. 8. in Anwesenheit des Herrn RWiM in der Rkei erfolgten Besprechung mit der Rbk konnte die letztere eine bestimmte Zusage, daß sie auch nur für den Zeitraum von einer Woche die von mir für die Einfuhr der für den laufenden täglichen Bedarf unbedingt notwendigen Lebensmittel angeforderten Devisenbeträge von werktäglich 1,5 Mio GM zur Verfügung stellen könne, nicht geben. Außerdem vermochte die Rbk eine sichere Deckung der bereits fälligen und im August noch fällig werdenden Verbindlichkeiten aus der Getreideeinfuhr zu insgesamt 25 Mio GM nicht in Aussicht zu stellen. Die Rbk erklärte auf das Bestimmteste, daß sie fernerhin aus ihren Reserven keine Devisen mehr abgeben könne. […] Ich brauche nun nicht besonders zu betonen, daß bei der gegenwärtigen innerpolitischen Lage alles darauf ankommt, gerade für die allernächste Zeit den Devisenbedarf für die Einfuhr der wichtigsten Lebensmittel sicherzustellen. Diese Sicherung kann ich mir nach Lage der Verhältnisse nur davon erwarten, daß von dort mit allen Mitteln, nötigenfalls mit Zwang, auf die Exportindustrie eingewirkt wird, daß die offenbar in größerem Umfange widerrechtlich zurückgehaltenen Exportdevisen nun sofort bei der Rbk zur Ablieferung gelangen.“ (R 43 I /2446 , Bl. 96 f.). Am 4. 8. teilt der REM der Rbk mit, daß 50 Mio GM von der Wirtschaft für Lebensmitteleinkäufe bereitgestellt werden; die Rbk möge den Eingang der Gelder melden, damit das REMin. sogleich darüber verfügen könne (R 43 I /2446 , Bl. 109).

2

des Reichsverbandes der Deutschen Industrie (RdI).

1) Fallenlassen der Devisenordnung, wobei in der Erörterung insbesondere nach Erklärungen von Wassermann zum Ausdruck kam, daß man nicht an eine sofortige Aufhebung denke, sondern lediglich den Einheitskurs beseitigt und die Devisenordnung im übrigen im Laufe einiger Zeit abgebaut haben wolle3.

3

Die VO über den Einheitskurs wird am 4. 8. aufgehoben (RGBl. I, S. 760).

2) Fortführung der Handels- und Wechseldiskontierung durch die Reichsbank im früheren Ausmaße, also im wesentlich höheren Umfange als jetzt, wo, wie in Beispiel belegt, die Wechseldiskontierung in keinem Verhältnis zum Geldbedarf der einzelnen Werke stehe.

3) Aufhebung oder sichtbar starker Abbau der Außenhandelskontrolle.

4) Beleihung der Dollarschatzanweisungen durch Darlehnskassen, wobei gegen die von der Reichsbank aufgestellten Bedingungen Widerspruch nicht aufrechterhalten wurde.

5) Obligatorische Einführung der Goldkreditierung bei der Reichsbank nicht vor dem 1. November.

Der Herr Reichskanzler erklärte, daß er die vorgebrachten Erklärungen nehme nicht als Bedingungen oder Voraussetzungen, sondern als Wünsche, die grundsätzlich auch Wünsche der Reichsregierung seien.

Die Verteilung erfolge mit je 100 000 M4 auf Braunkohle, Steinkohle, Großeisenindustrie, Kleineisenindustrie, Elektroindustrie, Maschinenbau, chemische Industrie, Papier- und Zellstoffindustrie, Industrie der Steine und Erden, Kaliindustrie, Wollindustrie, Baumwollindustrie, Seiden- und Glanzstoffindustrie, Gerbindustrie, Werften, Glasindustrie, Mechanik und Optik (noch fraglich, ebenso wie Kleineisenindustrie noch schwierig sei5 ), Seehandel, Binnenhandel, Versicherungen und fünf Teile auf die Banken.

4

Muß offenbar heißen: „Pfund“.

5

Für diese Gruppen erklärt Bücher nach Sitzungen des Präsidiums und Vorstands des RdI dem RK mit Schreiben vom 9. 8. die Bereitschaft, entsprechende Quoten von 100 000 Pfund zu übernehmen, wobei die Zeichnung durch die Kleineisenindustrie, Gerbindustrie, Glasindustrie sowie Schiffahrt und Werften mit ihren zwei Quoten nur als wahrscheinlich gelten könne (R 43 I /2439 , Bl. 61).

Veröffentlicht soll vorläufig nichts werden, sondern erst am Dienstag [7. 8.], daß das Reichsfinanzministerium 50 000 Goldmark Dollarschatzanweisungen gegen Devisen verkauft habe6.

6

In der Presseerklärung vom 7. 8. wird außerdem festgestellt, daß damit die im März aufgelegte Dollarschatzanleihe in Höhe von 50 Mio Dollar nunmehr voll untergebracht worden sei. Auf entsprechende Vorhaltungen über die verfrühte Veröffentlichung telegrafiert der RK am 8. 8. an GenDir. Stimming vom Norddt. Lloyd: „Veröffentlichung über Unterbringung Dollarschatzscheine mußte erfolgen, um Beruhigung zu schaffen insbesondere wegen Lebensmittelversorgung. Unterbringung ist aber nur gesichert, wenn Schiffahrt sich mit 100 000 Pfund beteiligt.“ (R 43 I /2439 , Bl. 52).

Die Besprechung mit den noch ausstehenden Gruppen wie Handel, Schiffahrt und Versicherungen wird Minister Albert übernehmen7.

7

Die Reedereien verpflichten sich auf die telegrafische Anforderung Alberts vom 6. 8., den größten Teil der angeforderten 100 000 Pfund zu zeichnen. An die Handelskammern von Bremen und Lübeck telegrafiert der RK selbst am 8. 8.: „Wirtschaft hat Unterbringung restlicher 50 Mio Dollarschatzanweisungen gegen Devisen übernommen. Übernahme unbedingt erforderlich, um akutester Lebensmittelnot zu steuern. Zur Beseitigung der Beunruhigung ist Veröffentlichung über diese Übernahme bereits erfolgt, wobei als selbstverständlich entsprechende Mitwirkung Bremens (Lübecks) vorausgesetzt wurde. Erfolg abhängt von dieser Mitwirkung. Restliche 50 Mio sind in Lose verteilt, von denen auf Bremen (Lübeck) nur 30 000 (20 000) Pfund umgelegt sind. Bitte mit dortiger Kaufmannschaft sofort Verhandlungen wegen Beteiligung an Übernahme restlicher Dollarschatzscheine in Höhe von 30 000 (20 000) Pfund einzuleiten und Erfolg unverzüglich mitzuteilen. Selbstverständliche Voraussetzung, daß Devisen nicht in nächster Zeit am Markte wieder gekauft werden.“ (R 43 I /2439 , Bl. 45 f.). An die Hamburger Handelskammer ergeht eine ähnlich lautende Aufforderung zur Zeichnung von 30 000 Pfund (R 43 I /2439 , Bl. 44). Die Handelskammern versichern daraufhin ihren guten Willen, die Dollarschatzanweisungen unterzubringen.

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