2.47.4 (cun1p): [4)] Preisbildung.

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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[4)] Preisbildung.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Die Gewerkschaften hätten Wiedereinführung der Zwangswirtschaft gefordert. Er habe erwidert, dies sei unmöglich. Im Kriege sei die Zwangswirtschaft im Laufe der Zeit allmählich aus sich herausgewachsen, sie ließe sich aber nicht plötzlich improvisieren6.

6

Wegen der Preiserhöhungen waren die Gewerkschaften bereits im Dezember im REMin. vorstellig geworden. Am 13. 1. wurden sie zusammen mit Vertretern der Industrie und des Handels vom RWiM empfangen, wobei es lt. Bericht Offermanns zu scharfen Kontroversen kam. Zur Frage der Zwangswirtschaft vermerkt der Bericht: „Nachdem Herr Knoll energisch für Neueinführung der Zwangswirtschaft eingetreten war, indem er darauf hinwies, daß wir während des Krieges eine militärische Blockade, jetzt eine Valuta-Blockade hatten, entspann sich eine lange Debatte über die Vorteile und Nachteile der Zwangswirtschaft.“ (R 43 I /1493 , Bl. 138-140, hier: Bl. 139).

In der Festsetzung des Brotpreises werde man für die nächste Zeit möglichste Zurückhaltung üben.

Die Frage der Zuckerbewirtschaftung werde er noch weiter prüfen.

Der Getreidepreis müsse nach dem Gesetz über die Umlage erneut festgesetzt werden7. Eine Erhöhung lasse sich seines Erachtens nicht vermeiden, da sonst die Einlieferung der Umlage und die Produktion der nächsten Ernte geschädigt würden.

7

Nach Art. II des Gesetzes vom 27.10.22 (RGBl. I, S. 809 ).

[157] Der Preußische Ministerpräsident: Die geplanten Maßnahmen reichten nicht aus. Wenn nicht mehr geschähe, so würde eine äußerst schwierige Lage entstehen. Die Erhöhung des Getreidepreises würde dann gefährliche Wirkungen haben.

Der Reichsfinanzminister Man sollte nur solche Maßnahmen treffen, die wirklich Erfolg haben könnten.

Eine Erhöhung des Getreidepreises würde sich wohl nicht umgehen lassen, sie müsse jetzt aber in möglichst engen Grenzen gehalten werden.

Zu prüfen sei, ob nicht durch eine Zusammenarbeit mit den Genossenschaften eine übermäßige Preissteigerung verhindert werden könnte.

[Der] Reichswehrminister weist auf die große Bedeutung des von dem Herrn Preußischen Ministerpräsidenten angeschnittenen Problems hin.

Der Reichsernährungsminister bittet den Preußischen Ministerpräsidenten um konkrete Vorschläge.

Der Preußische Landwirtschaftsminister spricht sich gegen eine starke Erhöhung des Brotpreises in der nächsten Zeit aus. Eine gewisse Erhöhung des Getreidepreises sei nötig, sie dürfe aber keinesfalls bis an den freien Marktpreis gehen.

Preußischer Ministerpräsident: Wenn die Preise nicht zurückgehalten werden könnten, so bliebe nur übrig, die Bezüge der Lohnempfänger, Sozialrentner usw. entsprechend zu erhöhen8.

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Im RWiMin. hatten die Gewerkschaften am 13. 1. betont, „daß die Teuerung zur Zeit etwa das Zweitausendfache des Friedens erreicht habe, während die Löhne erst bei dem Siebenhundertfachen angelangt seien. Würden die Preise weiter fortlaufen, so sei das Allerschlimmste zu befürchten, und Herr Grassmann [ADGB] erklärte, daß sie die Verantwortung für Aufrechterhaltung der Lage unter ihren Mitgliedern dann nicht mehr übernehmen könnten. Es sei unerhört, daß die Lebensmittel, die im Inlande erzeugt würden, ohne weiteres dem Dollarstande angepaßt würden und dadurch die Teuerung in gewaltigem Maße vergrößert würde.“ (R 43 I /1493 , Bl. 138-140, hier: Bl. 139). Material über die Lohn-Preis-Bewegung in R 43 I /1152 .

Reichswirtschaftsminister Es sei selbstverständlich, daß bei weiteren Preissteigerungen die Löhne entsprechend erhöht werden müßten. Lange würde allerdings die Wirtschaft die Erhöhung der Löhne nicht mehr tragen können.

Preußischer Ministerpräsident: Eine Erhöhung der Getreidepreise würde verhängnisvoll wirken. Die Landwirtschaft muß auch sichtbare Opfer bringen, und sie kann es.

Der Reichsernährungsminister stimmte dem Preußischen Ministerpräsidenten in der Hauptsache zu, glaubt aber, daß eine gewisse Erhöhung der Preise sich nicht umgehen lasse.

Der Reichskanzler fragt, ob nicht die Möglichkeit bestehe, die Heraufsetzung der Preise einige Zeit zu verzögern? Auch er glaube, daß eine ernste Lage entstehe, wenn jetzt die Preise heraufgesetzt würden.

Der Reichsernährungsminister erklärt, daß zunächst der 20er Ausschuß des Reichstags zu sprechen habe9. Er werde versuchen, auf ihn einzuwirken, dann dem Kabinett Bericht erstatten und Vorschläge machen10.

9

Gemeint ist offenbar der 20er Ausschuß nach § 50 des Getreideverkehrsgesetzes vom 4.7.22 (RGBl. I, S. 560 ).

10

Geschieht in der Ministerbesprechung vom 19. 1. (Dok. Nr. 49, P. 2).

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