2.193.4 (ma11p): 4. Reichsbahnen.

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[615]4. Reichsbahnen.

Der Reichsminister der Finanzen teilt mit, daß die Ländervertreter in diesen Tagen zwecks Verhandlung über die Bahnen nach Berlin kämen. Das Kabinett müsse sich über die einzunehmende Haltung schlüssig werden. Zwei Hauptfragen ständen zur Debatte: a) die Zusammensetzung des Verwaltungsrats, b) die Auseinandersetzung mit den Ländern.

Zu a): Er sei der Auffassung, daß die Federführung in allen Fragen des Verwaltungsrats7 beim Reichsfinanzministerium liegen müsse, das natürlich den Reichsverkehrsminister und den Reichswirtschaftsminister zu beteiligen habe. Bisher habe der Reichsverkehrsminister in dieser Frage allein gehandelt, er sei sich jetzt aber mit ihm, dem Reichsminister der Finanzen, hierüber einig.

7

In § 9 der VO über die Schaffung eines Unternehmens ‚Dt. Reichsbahn‘ vom 12.2.24 (RGBl. I, S. 57 ) war die Bildung eines RB-Verwaltungsrats in Aussicht gestellt worden. Verschiedene Landesregg. mit früherem Eisenbahnbesitz wünschten, daß der Verwaltungsrat bald konstituiert und daß ihnen eine eigene Vertretung im Verwaltungsrat eingeräumt würde (Vorgänge hierzu in R 43 I /1049 ). Eine besondere Bedeutung erhielt diese Frage durch das Sachverständigen-Gutachten vom 9.4.24, das im Rahmen der Neuregelung des Reparationsproblems die Umwandlung der RB in eine Aktiengesellschaft mit einem aus dt. und ausländischen Vertretern zusammengesetzten Verwaltungsrat vorsah.

[…]

Zu b): Der Reichsminister der Finanzen: Die Länder hätten seinerzeit eine Abfindung von rund 40 Milliarden verlangt8. 4/5 seien bezahlt worden, das restliche Fünftel betrage nach dem damaligen Kurswert umgerechnet rund 500 Millionen Goldmark. Diese Summe könne die Eisenbahn neben ihren Reparationsleistungen nicht verzinsen. Nach der im Gutachten bezüglich der Eisenbahnobligationen vorgesehenen Amortisationsquote ergibt sich eine Zeit von rund 37 Jahren bis zur völligen Amortisation der Obligationsschuld9. In dieser Zeit würden die obengenannten 500 Millionen Goldmark auf etwa  2½  Milliarden Goldmark angewachsen sein. Nach 37 Jahren würde dann Verzinsung und Amortisation dieser Schuld an die Länder einsetzen.

8

Für die Abtretung der Länderbahnen an das Reich; vgl. dazu das Gesetz betr. den Staatsvertrag über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich vom 30.4.20, bes. §§ 3–7 (RGBl. S. 775 ).

9

Nach dem Sachverständigen-Gutachten wird die RB für die Reparationen mit einer Obligationsschuld von 11 Mrd. GM belastet, die im Normaljahr mit 5% zu verzinsen und mit 1% zu amortisieren ist (= 660 Mio GM normale Reparationsannuität). Bergmann (Der Weg der Reparation, S. 291 f.) errechnet 36 Jahre bis zur Tilgung der Reparationsschuld der RB.

Diesem vom Reichsverkehrsminister empfohlenen Weg gegenüber ziehe er den der Aktienbeteiligung vor10, wobei man übrigens auch wieder auf die Zahl von  2½  Milliarden Goldmark komme. Es sei ihm bekannt geworden, daß die Länder zunächst erheblich mehr verlangen, sich aber dann mit 3 Milliarden begnügen würden. Er hoffe, diese auf 2,6 herabdrücken zu können. Zu entscheiden sei jetzt, ob der Weg der Beteiligung durch Obligationen oder durch Aktien gegangen werden solle.

10

Gemeint ist: Die ehemaligen Eisenbahnländer sollen in der Weise abgefunden werden, daß das Reich ihnen einen bestimmten Anteil an den Stammaktien der gemäß Sachverständigen-Gutachten zu bildenden RB-Gesellschaft überläßt. Das Stammaktienkapital der künftigen RB-Gesellschaft setzt das Gutachten auf 13 Mrd. GM fest (Sachverständigen-Gutachten, S. 126 f.).

[616] Der Reichsverkehrsminister Die Aktien stellten einen ewigen Besitz dar, weshalb er mehr für Obligationen sei, die amortisiert würden. Wir würden sonst auch sofort 2 Sitze für den Verwaltungsrat vinkulieren, nämlich einen für den Reichsminister der Finanzen und einen für die Länder. Das halte er nicht für vorteilhaft.

Der Reichsminister des Auswärtigen der Reichsminister des Innern und der Reichswirtschaftsminister schließen sich der Auffassung des Reichsministers der Finanzen an.

Der Reichskanzler stellt fest, daß die große Mehrheit der Auffassung des Reichsministers der Finanzen sei.

Der Reichsminister der Finanzen stellt unter Zustimmung des Kabinetts fest, daß man den Ländern gegenüber anerkennen könne, daß die Bestimmungen des Staatsvertrages11 auch für das neue Unternehmen12 verbindlich seien.

11

Vgl. Anm. 8.

12

D. h. für die gemäß Sachverständigen-Gutachten zu errichtende RB-Gesellschaft.

[…]

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