2.60.1 (ma11p): [Anlage 1]

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 4). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Marx I und II, Band 1 Wilhelm Marx Bild 146-1973-011-02Reichskanzler Marx vor seinem Wahllokal Bild 102-00392Hochverratsprozeß gegen die Teilnehmer am PutschDawes und Young Bild 102-00258

Extras:

 

Text

RTF

[Anlage 1]1

1

Die beiden folgenden Schreiben sind aus dem Nachlaß Geßler  (BA) abgedr. in: Otto Geßler, Reichswehrpolitik in der Weimarer Zeit, hrsg. von Kurt Sendtner, 1958, Dok. Nr. 12 und 13, S. 487 ff.

Generalleutnant v. Lossow2 an General v. Seeckt. München, 12. Januar 1924 [Abschrift]

2

Der Kopf des Schreibens lautet: „Bayer. Wehrkreiskommando VII – Bayer. 7. Division – Der Befehlshaber und Bayer. Landeskommandant“.

Hochverehrter Herr General der Infanterie! Euere Exzellenz!

Euere Exzellenz bitte ich nachstehend meine Auffassung der Lage darlegen zu dürfen:

Wie Euerer Exzellenz bekannt sein wird, hat die Bayerische Regierung am 4. ds. Mts. die bekannte Denkschrift der Reichsregierung übergeben3. Ministerpräsident von Knilling hat mir mitgeteilt, daß in nächster Zeit eine Besprechung zwischen ihm und dem Reichskanzler stattfinden wird4. Hierbei würde, wie er annimmt, der Reichskanzler seine Bereitwilligkeit erklären, daß die[237] bayerische Denkschrift den Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen bilden soll, während Herr von Knilling sich bereit erklären würde, die Inpflichtnahme der Truppen der 7. (Bayer.) Division auf den bayer. Staat als erloschen zu erklären, vorausgesetzt, daß über den Fall Lossow stillschweigend hinweggegangen wird.

3

Vgl. Dok. Nr. 63, Anm. 1.

4

Die Besprechung zwischen Marx und Knilling findet am 18. 1. in Homburg statt.

Ich selbst werde, wie später noch des Näheren ausgeführt werden wird, meinen Abschied erbitten, sobald die innere politische Lage in Bayern das zuläßt. Daß aber gleichzeitig mit der Beilegung des Konflikts das Ausscheiden des Generals von Lossow erfolgt, ist für die bayerische Regierung nicht tragbar, einmal aus allgemeinen Gründen, die mit der Entstehung des Konflikts zusammenhängen und dann aus innerpolitischen und Sicherheits-Gründen. Wenn ich heute oder in den nächsten Wochen meinen Abschied erbitte, so würde dies zweifellos mit dem Hitlerputsch und dem bevorstehenden gerichtlichen Verfahren in Zusammenhang gebracht und von dem Anhang Ludendorffs und Hitlers gegen die Staatsautorität ausgeschlachtet werden. Die Zeitspanne unmittelbar vor dem Prozeß, während des Prozesses selbst und unmittelbar nach dem Prozeß erfordert höchste Bereitschaft und reibungsloses Zusammenarbeiten der für die Sicherheit verantwortlichen Organe.

Niemand kann heute sagen, welche erneute Belastungsproben uns möglicherweise dieser Zeitraum bringt. Es muß daher der Ludendorff-Hitler-Prozeß, der voraussichtlich Ende dieses Monats beginnen wird, beendet und anschließend eine gewisse Beruhigungsfrist abgelaufen sein. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich – und der bayer. Ministerpräsident wird damit einverstanden sein – meinen Abschied erbitten kann und werde. Dieser Zeitpunkt wird vielleicht zusammenfallen mit der Auflösung des bayer. Generalstaatskommissariats, ein Umstand, der für den Wechsel der militärischen Spitze in Bayern mit Rücksicht auf seine Wirkung innerhalb Bayerns in Rechnung zu stellen ist.

Wird der hier dargelegte Weg gegangen, so sehe ich für die Beilegung des Konflikts keine Schwierigkeiten. Jeder andere Weg wird nach meiner Überzeugung von dem angestrebten Ziel wegführen. Das Übergehen der Offiziere der 7. Division bei den letzten Personalveränderungen wird nicht nur von der bayer. Regierung, sondern auch in weiten anderen Kreisen als eine Maßnahme empfunden, die nicht von dem Geiste einer Beilegung des Konflikts getragen ist, sondern im Gegenteil vom Geiste, den Konflikt zu verschärfen. Die Maßnahme müßte, wenn nicht bald Remedur geschaffen wird, automatisch zu einer erheblichen Verschärfung des Konflikts führen und die Aussichten für einen Ausgleich beträchtlich verschlechtern.

Da Euere Exzellenz bestrebt sind, die vorhandenen Schwierigkeiten zu beseitigen, so glaube ich, Euere Exzellenz bitten zu müssen, Ihren Einfluß geltend zu machen, daß der vorstehend bezeichnete Weg begangen wird. Was meine eigene Person betrifft, so bringe ich mit dem Verbleiben im Amte bis zu dem vorbezeichneten Zeitpunkt ein Opfer, das im Staatsinteresse nötig ist.

Euerer Exzellenz gehorsamster

gez. v. Lossow

Extras (Fußzeile):