1.144.1 (ma32p): Phoebus-Film-Gesellschaft.

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Phoebus-Film-Gesellschaft.

Direktor Ritscher teilte mit, daß die Verhandlungen mit der Emelka-Film-Gesellschaft als gescheitert angesehen werden könnten1. Das Angebot der Terra-Film-Gesellschaft bestehe noch, schließe aber das Europa-Haus aus2. Seines Erachtens solle man nur unter der Voraussetzung weiter verhandeln, daß das Europa-Haus doch noch in den Verkauf einbezogen werde. Gelinge dies nicht, so seien nur zwei Wege offen: erstens der Konkurs, zweitens die[1200] Weiterführung als Reichsunternehmen. Letzteren Weg könne er nur anraten, wenn man sich eine besonders geeignete Persönlichkeit zur Leitung des Unternehmens sichern könne, etwa Max Reinhardt, der sich allerdings zur Zeit in Amerika befinde.

1

Vgl. den diesbezüglichen Kabinettsbeschluß in der Ministerbesprechung vom 22.12.27, 17 Uhr: Dok. Nr. 385, P. 4.

2

Vgl. die Ausführungen Ritschers in der Ministerbesprechung vom 22.12.27, 11.30 Uhr: Dok. Nr. 384, P. 2.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg sprach sich für die Übernahme durch das Reich aus. Das Reich müsse bestrebt sein, steigenden Einfluß auf die Film-Industrie zu gewinnen.

Desgleichen sprachen sich Staatssekretär Dr. v. Schubert, der Reichsminister der Justiz und der Reichspostminister für eine Beteiligung der Reichsregierung aus.

Staatssekretär Dr. Popitz und Staatsminister a.D. Saemisch erklärten übereinstimmend, daß ein Konkurs verhütet werden müsse. Vor einer Weiterführung durch das Reich, für die nicht einmal eine geeignete führende Persönlichkeit greifbar sei, warnten sie. Zweckmäßiger sei es, mit der Terra weiter zu verhandeln.

Direktor Ritscher erklärte auf Befragen, daß das Unternehmen zur Zeit noch 1 Million RM Schulden hätte, ferner einen monatlichen Zuschuß von 3[00 000]–400 000 RM erfordere. Die Gesamtzubuße des Reichs bei einer Sanierung veranschlagte er auf 11 bis 12 Millionen RM.

Staatssekretär Dr. Popitz warnte davor, die Entscheidung noch länger hinauszuzögern. Mit dem Phoebus-Skandal seien Dinge von noch viel größerer politischer Tragweite verknüpft, deren Hineinziehung immer wahrscheinlicher. werde, je länger die Beunruhigung der öffentlichen Meinung fortdauere. Man solle nicht den Fall Phoebus zum Anlaß einer Einflußnahme auf die Film-Industrie nehmen. Dafür werde sich vielleicht später anläßlich der Senkung der Vergnügungssteuer Gelegenheit finden.

Der Reichsminister der Justiz stellte zur Erwägung, ob man nicht bei den Verkaufsverhandlungen mit der Terra-Film-Gesellschaft eine Reichsunterbeteiligung anstreben könne. An der Terra-Film-Gesellschaft sei bekanntlich die Ufa-Film-Gesellschaft unterbeteiligt3. Es werde notwendig sein, bei der Sozialdemokratischen Partei zu sondieren, ob ihre Bedenken aus diesem Grunde gegen einen Verkauf an die Terra so groß sein würden, daß sie in diesem Falle auf einem Untersuchungsausschuß beständen.

3

An der Ufa wiederum war der Hugenberg-Konzern seit dem Frühjahr 1927 maßgeblich beteiligt.

Direktor Ritscher bezweifelte, daß die Terra sich zu einer Einflußnahme des Reichs beim Ankauf der Phoebus-Film-Gesellschaft bereit finden würde.

Der Reichskanzler stellte Einvernehmen des Kabinetts darüber fest, daß Direktor Ritscher zunächst gebeten werden solle, durch weitere Verhandlungen mit der Terra-Film-Gesellschaft eine Klärung des Angebots und der Absichten dieser Gesellschaft zu erlangen. Daraufhin soll am 31. Dezember 12 Uhr mittags eine erneute Ministerbesprechung stattfinden4. Notwendigenfalls solle dann in den ersten Januartagen eine Fühlungnahme mit den Vertretern der Sozialdemokratischen Partei stattfinden.

4

Siehe Dok. Nr. 388.

Die Sitzung wurde hierauf geschlossen.

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