2.125.1 (mu21p): 1. Stellungnahme zu der Abhaltung internationaler Kongresse in Deutschland, die sich mit innerpolitischen Verhältnissen anderer Länder befassen.

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1. Stellungnahme zu der Abhaltung internationaler Kongresse in Deutschland, die sich mit innerpolitischen Verhältnissen anderer Länder befassen.

Staatssekretär Dr. von Schubert teilte mit, daß der italienische Botschafter1 im Auftrage seiner Regierung mehrfach dahin vorstellig geworden sei, die Reichsregierung möge einen internationalen antifaschistischen Kongreß, der vom 9. bis 11. März nach Berlin einberufen worden sei, verbieten. Der italienische Botschafter habe darauf hingewiesen, daß ein solcher Kongreß, bei dem es im wesentlichen zu Angriffen gegen die bestehende italienische Staatsform kommen werde, geeignet sei, die deutsch-italienischen Beziehungen zu gefährden. Der Reichsminister des Auswärtigen habe, unter formellem und prinzipiellem Vorbehalt seiner Entscheidung, Fühlungnahme mit dem in erster Linie zuständigen Preußischen Minister des Innern und dem Reichsminister des Innern in Aussicht gestellt2.

1

Conte Luigi Aldrovandi-Marescotti, Conte de Viano.

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Aldrovandi hatte seiner Regierung über das Gespräch mit Stresemann am 1. 2. Bericht erstattet. Der Botschafter hatte danach ausgeführt, „daß eine energische Aktion des Außenministers nötig sei, um ein Zusammenströmen von antifaschistischen Elementen in Berlin zu verhindern. Stresemann erklärte, auf der Tagesordnung stünde kein Punkt, der Italien betreffe. A. erwiderte, daß wenn man vom Faschismus spreche, man Italien meine. Stresemann behielt sich vor, weiteres mitzuteilen. – A. hat den Eindruck, daß im Zeitpunkt der augenblicklichen Krise Stresemann ein aktives Eingreifen sehr unangenehm ist. A. betont zum Schluß, daß der preußische Innenminister Antifaschist sei“ (Undatierter Vortrag mit der Paraphe Groeners vom 9. 2.; wahrscheinlich handelt es sich um eine abgehörte Meldung. BA: Nachlaß Schleicher  20).

Das Auswärtige Amt sehe nach Prüfung der Sachlage ein Verbot des Kongresses als kaum möglich an. Dagegen könne man vielleicht an gewisse einschränkende Maßnahmen denken, um die öffentliche Wirkung dieses Kongresses, der allerdings möglicherweise zu starken Kundgebungen gegen den gegenwärtigen italienischen Staat führen könne, zu mildern. Das Auswärtige Amt sei dieserhalb mit dem Reichsminister des Innern und dem preußischen Innenminister in Fühlung getreten und werde ferner die Außenstellen anweisen, bei Erteilung der Visa besondere Vorsicht zu üben.

Der Reichskanzler und Staatssekretär Zweigert sprachen sich gegen ein Verbot des Kongresses aus. Sie gaben der Meinung Ausdruck, daß der bevorstehende Kongreß weniger einen gegen den italienischen Faschismus gerichteten Charakter als ganz allgemein eine Tendenz gegen Weltkapitalismus und[429] Weltfaschismus haben werde in naher Anlehnung an die kommunistische Propaganda.

Staatssekretär Dr. Weismann erklärte gleichfalls ein Verbot des Kongresses für untunlich. Die preußische Regierung könne äußerstenfalls gewisse Überwachungsmaßnahmen treffen, um allzu heftige Demonstrationen zu verhindern.

Der Reichskanzler stellte als Meinung des Reichskabinetts fest, daß das Auswärtige Amt zunächst mit dem Reichsminister des Innern und der preußischen Staatsregierung weiter verhandeln solle.

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