2.179.2 (mu21p): 2. Außerhalb der Tagesordnung: Lohnbewegung der Arbeiter der Reichsbahn, der Reichspost und der übrigen Reichsbetriebe.

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2. Außerhalb der Tagesordnung: Lohnbewegung der Arbeiter der Reichsbahn, der Reichspost und der übrigen Reichsbetriebe.

Der Reichsverkehrsminister trug vor, er habe bei einer neuerlichen Rücksprache mit Generaldirektor Dorpmüller festgestellt, daß bei der Reichsbahngesellschaft angesichts ihrer äußerst schwierigen finanziellen Lage jede Lohnerhöhung ohne eine entsprechende Tariferhöhung für unmöglich angesehen werde. Bei einer solchen Tariferhöhung würde es sich in erster Linie um die Beseitigung der Wochenkarten und des Sondertarifes für Lebensmittel handeln, da diese Erhöhungen, wenn sie auch besonders unsozial wirkten, noch den besten Ertrag bringen würden.

Der Reichskanzler erklärte, daß er in dieser Angelegenheit eine gemeinsame Sitzung des Reichskabinetts und des Preußischen Staatsministeriums für erforderlich halte. Er sei bereits mit Ministerpräsident Braun in Verbindung getreten, um festzustellen, inwieweit es zutreffe, daß dieser, wie berichtet werde, die preußischen Staatsminister aufgefordert habe, in Verhandlungen über[578] eine Lohnerhöhung für die Arbeiter der preußischen Staatsbetriebe einzutreten. Der Reichskanzler führte aus, daß er ohne weitere Verhandlungen zum mindesten Teilstreiks im Mai für wahrscheinlich halte2.

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Der RK hatte den RVM über den Empfang von Organisationsvertretern der Reichs-, Staats-, Reichspost- und Eisenbahnarbeiter in der Rkei unterrichtet, die ihm ihre Besorgnisse mitgeteilt hätten. Sie würden sich wohl auch an den RVM wenden. „Sie werden sich bei dieser Gelegenheit vermutlich auch darauf beziehen, daß der PrMinPräs. Braun das preußische Staatskabinett aufgefordert habe, umgehend Lohnverhandlungen einzuleiten mit dem Zweck, den Staatsarbeitern eine Zulage zu gewähren. Wenigstens lese ich in einem Versammlungsbericht, daß ein ‚Aufatmen‘ durch eine Versammlung der Staatsarbeiter ging bei dem Hinweis auf Otto Braun, ‚auf den sich die Augen der Hoffenden und Darbenden richten‘.“ Der RK hatte ferner seiner Sorge Ausdruck gegeben, daß die Gewerkschaften wilde Streiks nicht unterbinden, sondern „zur Sache der Organisation machen“ würden. „In Anbetracht der Schwierigkeiten, die wir auf wirtschaftlichem und finanziellen Gebiet schon haben, würde ich einen Streik der Eisenbahner als ein sehr großes Unglück betrachten“ (22. 4.; R 43 I /2056 , Bl. 31).

Der Reichspostminister stellte zur Erwägung, daß jeder Streik die Reichsbahn mehr kosten werde als eine Lohnerhöhung in erträglichem Ausmaße. Die hierfür erforderlichen 30–40 Millionen könnten vielleicht doch mit Hilfe des Reichsministers der Finanzen beschafft werden.

Das Reichskabinett beschloß, die Beratung dieser Angelegenheit zunächst zu vertagen und durch weitere Verhandlungen der Ressorts innerhalb etwa einer Woche eine gemeinsame Sitzung der Reichsregierung und der preußischen Staatsregierung vorzubereiten, in der eine einheitliche Haltung für das Reich und Preußen bei den Lohnverhandlungen mit der Arbeiterschaft der Reichsbahn, der Reichspost und der Reichs- und Staatsbetriebe herbeigeführt werden solle3.

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Siehe Dok. Nr. 186, P. 2.

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