2.243 (mu21p): Nr. 243 Der deutsche Landwirtschaftsrat an den Reichskanzler. 5. Juli 1929

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Nr. 243
Der deutsche Landwirtschaftsrat an den Reichskanzler. 5. Juli 19291

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Die vom Präsidenten Brandes dem RK zugesandte Entschließung ist auszugsweise abgedruckt in Schultheß 1929, S. 152.

R 43 I /294 , Bl. 157 f.

Stellungnahme der im Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft vereinigten landwirtschaftlichen Spitzenverbände zum Young-Plan.

Die im Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft vereinigten landwirtschaftlichen Spitzenverbände haben zu den Vorschlägen der Pariser Sachverständigen-Konferenz folgende Stellung genommen:

In dem Bericht der Pariser Sachverständigenkonferenz vom 7. Juni 1929 sind den beteiligten Regierungen Vorschläge für eine vollständige und endgültige Regelung des Reparationsproblems unterbreitet worden. Ohne zu der grundsätzlichen Frage der Reparationsforderungen überhaupt Stellung zu nehmen, hält der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft an dem Grundsatz fest, daß Reparationszahlungen nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft möglich sind.

Die im Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft vereinigten Spitzenverbände halten sich für verpflichtet, ihrer Überzeugung Ausdruck zu geben, daß die im Young-Plan der deutschen Wirtschaft zugemuteten Leistungen, für deren Bemessung nicht die wirtschaftliche Prüfung der Leistungsfähigkeit Deutschlands, sondern politische Gesichtspunkte ausschlaggebend gewesen sind, und zu denen noch die ständig steigende Verzinsung und Tilgung der von Deutschland aufgenommenen Anleihen hinzukommt, über die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft weit hinausgehen.

Die Landwirtschaft ist unter der Herrschaft des Dawes-Planes in eine immer drückender werdende unproduktive Neuverschuldung hinabgeglitten, deren Höhe sich mit dem Betrage der an die ausländischen Gläubiger Deutschlands abgeführten Zahlungen ungefähr deckt. Sie ist infolgedessen schon über die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit hinaus belastet und unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen nicht imstande, weiterhin unmittelbare und mittelbare[799] Reparationslasten, insbesondere nicht durch weitere Eingriffe in die Substanz, zu tragen.

Der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft erwartet daher von der Reichsregierung, daß sie diesen Tatsachen bei ihrer Entscheidung über den Bericht der Pariser Sachverständigen-Konferenz und insbesondere auch bei den diplomatischen Verhandlungen Rechnung tragen und keine Verpflichtungen und Regelungen annehmen wird, die nicht der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und den besonderen Verhältnissen der deutschen Landwirtschaft entsprechen.

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