1.103.2 (str2p): b) Währungsfrage.

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b) Währungsfrage.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete über den plötzlich jähen Kurssturz der Mark4 und teilte mit, daß er nach ausführlichen Rücksprachen mit sachverständigen Kreisen zu dem Ergebnis gekommen sei, daß nur noch ein Mittel zur Stabilisierung der Papiermark übrigbleibe, nämlich die Einlösbarkeit derselben zu einem bestimmten Kurse in Aussicht zu stellen5. Bei aller Beschleunigung in der Drucklegung könne wertbeständiges Geld in genügendem Umfange nicht vor zehn Tagen oder gar mehr zur Verfügung gestellt werden. Andererseits sei man auch noch nicht so weit, den Papiergelddruck einzustellen. Gerade mit Rücksicht auf den letzteren Umstand sei der von ihm vorgeschlagene Schritt allerdings durchaus bedenklich; er sehe jedoch keinen anderen Weg, um dem jetzigen jähen Kurssturz mit seinen Folgeerscheinungen Einhalt zu gebieten.

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Der Dollarkurs, der am 1.11.23 bei 130 Mrd. gestanden hatte, war am 2. 11. auf 320 Mrd. und am 3. 11. auf 420 Mrd. gestiegen.

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S. hierzu Dok. Nr. 220.

Eine weitere Schädigung der Währung sei durch das Verfahren der Reichsbank entstanden, die Goldanleihestücke zu verkaufen, ehe sie im Stande sei zu liefern, dann aber bei der Lieferung den Börsenusancen entsprechend den Kurs z. Zt. des Kaufabschlusses zu berechnen. Dieses Verfahren sei geradezu verhängnisvoll und laufe darauf hinaus, daß ein großer Teil der Goldanleihe verschleudert werde6. Er schlage daher vor, auf Grund des Art. 48 der RV eine Verordnung zu erlassen, wonach der Verkauf der Goldanleihe nur bei sofortiger[957] Lieferung erfolgen dürfe, und die bereits getätigten zu geringen Zahlungen valorisiert werden müssen7.

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Hierzu hatte „Die Zeit“, Nr. 254 v. 2.11.23, in ihrem Börsenkommentar geschrieben: „Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Reichsbank ebenso wie die Reichsanleihe A.G. vermutlich infolge technischer Schwierigkeiten mit der Belieferung von Stücken der Goldanleihe außerordentlich im Rückstand sind. Hierauf baut sich eine wilde Spekulation auf. Man kauft große Beträge von Goldanleihen, ohne hierfür irgendwie Anzahlungen zu leisten, und verkauft sie nach zwei, drei Tagen mit absolut sicherem Gewinn. Bis die Stücke endlich zur Lieferung kommen, haben sie bereits mehrfach den Besitzer gewechselt. Die Reichsbank hätte diesem Unfug vorbeugen können, wenn sie auch von den Banken für derartige Aufträge sofortige volle Barzahlung verlangt und Kassenquittungen ausgestellt hätte.“ S. hierzu auch Dok. Nr. 252.

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Eine derartige VO ließ sich nicht ermitteln. StS Schroeder führte in Vertretung des RFM in einem Schreiben an das Reichsbankdirektorium aus, es erscheine gerechtfertigt, daß die Banken und Bankiers, die sich ungerechtfertigt an der Papiermark anleihezeichnender Kunden bereichert hätten, diese Gewinne herausgeben. „Die Valorisierung würde dermaßen zu erfolgen haben, daß diejenigen, die seit dem 26. Oktober Goldanleihe gekauft haben, ohne den Gegenwert spätestens an dem auf den Kauf folgenden Tage gezahlt zu haben, verpflichtet werden, den Gegenwert nach demjenigen Dollarkurs zu bezahlen, der am Zahlungstage in Berlin amtlich notiert wird. Von einer Verordnung, die die Valorisierung des Gegenwertes von Goldanleiheverkäufen zwangsweise vorschreibt, möchte ich solange absehen, wie die Käufer von Goldanleihe sich zu einer freiwilligen Auffüllung nach Maßgabe der etwaigen Bereicherung verstehen. Ich bitte daher das Reichsbank-Direktorium ergebenst, sich mit den Käufern in Verbindung zu setzen und eine Verständigung über die freiwillige Valorisierung in die Wege zu leiten; ich würde Vergleiche, die der besonderen Lage des einzelnen Falles Rechnung tragen können, einem gesetzlichen Eingriffe vorziehen“ (R 43 I /2439 , Bl. 194/195).

Nach einer weiteren Erörterung der Währungsfrage, an welcher sich der Reichskanzler, der Reichsminister der Finanzen, der Reichsarbeitsminister, der Reichsverkehrsminister, der Reichswirtschaftsminister und der Reichspostminister beteiligten, stellte der Reichskanzler fest, daß beschlossen werde, zwischen der Papiermark und einem wertbeständigen Zahlungsmittel (gedacht sei an Goldanleihe) eine feste Relation zu schaffen; über den Kurs werde weitere Beschlußfassung vorbehalten8.

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Am 4.11.23 fand im RFMin. in Anwesenheit des RFM, des RWiM und von Sachverständigen eine Besprechung über diesen Beschluß statt. „Die Sachverständigen haben die Absichten der Reichsregierung einmütig als praktisch durchführbar bezeichnet und so bestimmte positive Vorschläge gemacht, daß eine endgültige Beschlußfassung der Reichsregierung in kürzester Zeit erfolgen kann. Aus den Kreisen der Sachverständigen ist zugleich mit großem Nachdruck gefordert worden, daß gegen ungenehmigtes Notgeld mit aller Schärfe eingeschritten wird und daß das genehmigte Notgeld nach anderweitiger Befriedigung des dringendsten Bedarfs an Zahlungsmitteln sofort eingezogen werden muß“ (DAZ, Nr. 514 v. 5.11.23).

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