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[708]7. Fortsetzung von Punkt 4.

Herr Ministerialdirektor von Schlieben berichtete eingehend über die Verhandlungen mit den Ländern, Oberregierungsrat v. Hagenow über die Verhandlungen mit den Spitzenorganisationen7.

7

S. Anm. 13 zu Dok. Nr. 144. „Die Zeit“, Nr. 247 vom 25.10.23, berichtete, daß nach Besprechungen mit den Landesregierungen am 19. und 20. 10. im RFMin. unter Vorsitz MinDir. v. Schliebens am 22. und 23. 10. Besprechungen mit den Spitzenorganisationen der Beamtenschaft stattgefunden hätten; trotz des Entgegenkommens der Spitzenorganisationen sei eine Einigung nicht zu erreichen gewesen. Sie erklärten anschließend: „Die Organisationen wiederholen die Erklärung, daß sie gegen die von der Regierung geplanten Maßnahmen die ernstesten Bedenken erheben. Nach der Auffassung der Organisationen kann ein Personalabbau in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben erst dann vorgenommen werden, wenn durch organisatorische und gesetzgeberische Reformen die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Der umgekehrte Weg beschwört in dieser schweren Zeit alle Gefahren planlosen Handelns herauf, ohne die auch von den Organisationen erstrebte Gesundung des Reichshaushalts herbeizuführen. Trotz allem haben die Organisationen den ernsten Willen zur Mitarbeit bekundet, sie haben ihrerseits Vorschläge unterbreitet, die geeignet waren, die schlimmsten Härten des Regierungsvorschlags zu mildern, ohne den von der Regierung angestrebten Zweck zu vereiteln. Zu ihrem Bedauern müssen die Organisationen feststellen, daß die Vertreter der Reichsregierung die Vorschläge der Organisationen in allen wesentlichen Punkten ihre Zustimmung versagt haben. Bei aller Würdigung staatspolitischer Notwendigkeit lehnen unter diesen Umständen die Organisationen die ihnen bekanntgegebenen Vorschläge einmütig ab.“ In einem Schreiben an den RFM vom 25.10.23 forderte der Abg. Deglerk als Vorsitzender des RT-Ausschusses für Beamtenangelegenheiten, ihn an der Behandlung des Beamtenabbaus zu beteiligen. „Die Verringerung des Beamtenkörpers, verbunden mit Eingriffen in verfassungsmäßig gewährleistete bedeutsame Rechte, ist eine so überaus wichtige Angelegenheit der Beamten, daß sie trotz der durch das Ermächtigungsgesetz der Reichsregierung übertragenen Machtvollkommenheiten nicht ohne Mitwirkung des 23. Ausschusses geregelt werden sollte. – Solange der Reichstag nicht aufgelöst ist, wird man dem Ausschuß das Recht zur Mitarbeit an dieser wichtigen Frage nicht bestreiten können, er selbst wird sich der Pflicht zur Mitarbeit nicht entziehen. Die Ausschaltung des Ausschusses würde die in der gesamten Beamtenschaft herrschende, der reibungslosen Führung der Staatsgeschäfte abträgliche Erregung noch steigern“ (R 43 I /2612 , Bl. 99).

Der Herr Reichsminister der Finanzen führte aus, daß auf diesem Gebiete einschneidende Maßnahmen unbedingt erforderlich seien, daß er jedoch als wichtigsten Punkt die Frage der Nachprüfung der getroffenen Maßnahmen bezeichnen müsse. Den Eventualvorschlag des Reichsfinanzministeriums, der eben verteilt worden sei, halte er für eine glückliche Lösung. Außerdem liege noch ein Vorschlag des Herrn Reichspräsidenten vor, der sich vorbehalte, ihn in der nächsten Sitzung ausführlich vorzutragen8.

8

Außer der Vorlage zur Beförderungssperre (s. o. Anm. 6) konnten in R 43 I keine weiteren Vorlagen ermittelt werden; s. aber Dok. Nr. 126.

Der Herr Reichsminister für die besetzten Gebiete hält es für dringend erforderlich, daß auf die Rhein- und Ruhrbeamten besondere Rücksicht genommen werde. Es gehe auf keinen Fall an, diese, die man jetzt schon als Kriegsopfer bezeichnen müsse, noch weiter zu benachteiligen und sie sogar als besonders abbaufähig zu bezeichnen. Im Gegenteil müssen diese Beamten besonders bevorzugt werden. Man habe ihnen so und so oftmal gesagt, daß ihnen der volle Schaden ersetzt werden würde. Wenn man sie jetzt, statt ihnen den Schaden zu ersetzen, noch auf die Straße setze, so sei das ein unhaltbarer Zustand.

Herr Ministerialdirektor von Schlieben betonte, daß die Frage der Rhein-Ruhr-Beamten[709] nicht in der Verordnung selbst, sondern in den Ausführungsbestimmungen geklärt werden müsse9.

9

Hierzu ist in einem Rundschreiben des RFM zur Durchführung der Personal-Abbau-Verordnung vom 8.11.23 unter Ziffer VI erklärt: „Bei den aus Anlaß des Einbruchs der Franzosen und Belgier in das Rhein- und Ruhrgebiet ausgewiesenen Beamten und Angestellten darf die Tatsache der Ausweisung und die dadurch etwa bedingte Beschäftigungslosigkeit keinen ausschlaggebenden Grund für die Anwendung der Art. 3, 5 und 15 der P.A.V. bilden“ (R 43 I /2612 , Bl. 170).

Da eine Erledigung des Gesetzes heute mit Rücksicht auf die verspätete Vorlage nicht mehr möglich war und der Herr Reichskanzler sowie ein Teil der Herren Minister morgen von Berlin abwesend sein werden10, wurde beschlossen, die Vorlage in einer Kabinettssitzung am Freitag abschließend zu behandeln11.

10

Am folgenden Tag fand die Hagener Besprechung statt (Dok. Nr. 179).

11

S. Dok. Nr. 183, P. 3.

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