1.99.1 (wir2p): 1. Französische Clearing-Note.

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1. Französische Clearing-Note.

Staatssekretär von Simson trägt den Inhalt der letzten Note Poincarés, enthaltend die ersten sogenannten Retorsionsmaßnahmen, vor1. In den Ressorts[990] habe bereits eine Prüfung dieser Note stattgefunden, und man sei übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, daß alle fünf Punkte der Note ohne rechtliche Begründung seien bzw. direkte Vertragsverletzungen darstellten. Er schlage vor, diese Prüfung, die heute früh in aller Kürze stattgefunden habe, in gründlicher Form zu wiederholen. Es müßten die Verletzungen genau einzeln festgestellt und nach seiner Auffassung von der Reichsregierung Verwahrung gegen den Inhalt der Note eingelegt werden. Die Sache eile nicht sehr; es empfehle sich wohl, zunächst die Londoner Verhandlungen abzuwarten2.

1

Noch am 5.8.22 hatte Poincaré die dt. Note vom 5.8.22 (siehe Dok. Nr. 333 Anm. 3 u. 4) beantwortet, indem er folgende, zur Sicherstellung der Ansprüche der Republik gefaßten fünf Entschlüsse bekanntgab: „1. Die Ausgleichsämter von Paris und Straßburg werden aufgefordert, bis auf weiteres jede Anerkennung deutscher Forderungen aufzuschieben. – 2. Die Ausgleichsämter von Paris und Straßburg werden aufgefordert, bis auf weiteres jede Zahlung von Entschädigungen für Rechnung der Deutschen Regierung auszusetzen, die in Anwendung des Artikels 297 e des Versailler Vertrages geschuldet werden. Die Zahlung dieser Entschädigungen bleibt bis auf weiteres eine direkte Verpflichtung Deutschlands, und diese Entschädigungen können im Voraus gemäß genanntem Absatz e des Artikels 297 dem Eigentum der Deutschen Staatsangehörigen entnommen werden, das auf französischem Gebiet vorhanden ist oder sich unter französischer Kontrolle befindet. – 3. Die Ausgleichsämter von Paris und Straßburg werden aufgefordert, bis auf weiteres jede Mitteilung an das deutsche Ausgleichsamt über den Erlös aus Liquidationen deutschen Eigentums in Frankreich auszusetzen. – 4. Der Generalkommissar der Republik in Straßburg wird aufgefordert, bis auf weiteres die Ausfuhr des unter das französisch-deutsche Abkommen vom 15.11.1919 fallenden deutschen Mobiliars auszusetzen. – 5. In den Departements Moselle, Haut-Rhin und Bas-Rhin werden sofort Maßnahmen zwecks Sicherstellung ergriffen.“ (Aktenstücke zur Reparationsfrage vom 12. Juli bis 11. Dezember 1922, S. 21). Diese „Retorsionsmaßnahmen“, verstärkt durch die in der französischen Note vom 11.8.22 angekündigten Zwangsausweisungen von 500 deutschen Staatsangehörigen aus Elsaß-Lothringen bleiben bis zum 25.8.22 in Kraft.

2

Vom 7. 8.–14. 8. beraten in London Lloyd George, Poincaré, Schanzer, Theunis und Hayashi über die Reparationsfrage.

Der Reichskanzler betonte, daß er es für erforderlich halte, daß die Presse genau informiert werde. Er hielte es für angezeigt, daß die einzelnen Ressorts dem Pressechef das Material zur Verfügung stellten3.

3

Die deutsche Presseveröffentlichung vom 8.8.22 siehe Aktenstücke zur Reparationsfrage vom 12. Juli bis 11. Dezember 1922, S. 23.

Ministerialdirektor Dr. Meyer-Gerhard verlas darauf eine von den zuständigen Ressorts gebilligte Zusammenstellung des für einen Antwortentwurf brauchbaren Materials. Er halte eine Begründung der Unrechtsmäßigkeiten der Poincaréschen Note für verhältnismäßig leicht.

Der Reichskanzler hielt eine Pressenotiz des Inhalts, daß das Kabinett die Note Poincarés und die Stellungnahme des Wiederaufbauministeriums zur Kenntnis genommen habe, für angezeigt. Gleichzeitig könne betont werden, daß das Kabinett in irgendeiner Form zu der Note Stellung nehmen werde.

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