2.43 (lut1p): Nr. 43 Aufzeichnung des Reichskanzlers über eine Unterredung mit dem britischen Botschafter betreffend Völkerbunds- und Sicherheitsfragen. 10. März 1925

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[156] Nr. 43
Aufzeichnung des Reichskanzlers über eine Unterredung mit dem britischen Botschafter betreffend Völkerbunds- und Sicherheitsfragen. 10. März 1925

R 43 I /424 , Bl. 178-183 Abschrift

Lord D’Abernon ging bei seinem heutigen Besuch sofort auf die Völkerbundsfrage ein. Er suchte mir zunächst nachzuweisen, daß Deutschland auf die Ausnahme hinsichtlich des § 16 verzichten müßte1. Ich habe ihm erwidert, daß die Forderung Deutschlands wegen des § 16 kein Wunsch nach einer Ausnahme, sondern nur ein Wunsch nach einer Konsequenz sei. Diese Wendung hat er sich aufgeschrieben. Ich habe das nicht nur hinsichtlich der militärischen Fragen, sondern auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Fragen gesagt und ausdrücklich begründet: bei den militärischen Fragen mit der Unfähigkeit, einen Krieg zu führen, ohne von jedem beliebigen Gegner mit überlegenen Waffen bekämpft zu werden2, bei den wirtschaftlichen Fragen mit dem Zwang, der auf uns durch das Londoner Abkommen liegt3. Lord D’Abernon meinte, das müsse man doch dadurch ausräumen können, daß der Völkerbund ausdrücklich den alten Rechtssatz anerkenne: ultra posse nemo tenetur4. Ich habe darauf erwidert,[157] daß m. E., auf Deutschland angewendet, sich dieser Satz mit dem Fortfall des § 16 decke, worauf Lord D’Abernon erwiderte, dafür ließe sich ja vielleicht eine Ausdrucksform finden. Im übrigen erzählte er mir: Sir Eric Drummond habe ihm einen Brief geschrieben, worin er sich sehr erfreut über den Empfang in Berlin geäußert5, im übrigen aber gesagt habe, Deutschland wolle eine Erpressung ausüben, er, Lord D’Abernon, glaube das nicht. Ich habe lebhaft bestritten.

1

Mit Note an den Generalsekretär des Völkerbundes hatte die RReg. am 12.12.24 ihre Bereitschaft zum baldigen Eintritt in den Völkerbund erklärt, zugleich aber gegenüber Art. 16 der Völkerbundssatzung, der die Mitglieder zur Teilnahme an militärischen und wirtschaftlichen Sanktionen verpflichtet, den folgenden Vorbehalt erhoben: „Dem Deutschen Reiche muß für den Fall internationaler Konflikte die Möglichkeit belassen werden, das Maß seiner aktiven Teilnahme selbst zu bestimmen. Damit verlangt Deutschland keine Vergünstigung. Was es verlangt, ist die Berücksichtigung seiner besonderen Lage bei Bemessung seiner Bundespflichten. Sonst würde es durch den Eintritt in den Völkerbund gezwungen werden, auf das letzte Schutzmittel eines entwaffneten Volkes, die Neutralität, zu verzichten.“ (Ursachen und Folgen, Bd. VI, Dok. Nr. 1372a).

2

Auf die Gefahren eines vorbehaltlosen Eintritts in den Völkerbund hatte das AA schon am 25. 2. in einem Memorandum an D’Abernon hingewiesen und eine authentische Interpretation des Art. 16 gefordert, die „für die entwaffneten Staaten bis zur allgemeinen Abrüstung unter Umständen auch den Anspruch auf Wahrung der Neutralität“ einschließen müsse. Die dringende Notwendigkeit einer solchen Sicherung werde offensichtlich, wenn man sich vergegenwärtige, daß es zu einem poln.-sowj. Konflikt und aus diesem Anlaß zu einer Aktion des Völkerbundes gegen die Sowjetunion käme. „Wäre Deutschland zur Teilnahme an dieser Aktion gezwungen, so würde es sich völlig dem Verlaufe von Operationen preisgegeben sehen, auf deren Einleitung und Gestaltung es keinerlei direkten Einfluß hätte. Von Rußland als kriegsführender Staat behandelt, würde die Verteidigung seines Gebiets ausschließlich von dem Belieben dritter Staaten abhängen. Außerdem würden schon Maßnahmen wie der Transport fremder Truppen oder fremder Munition durch Deutschland nach Polen voraussichtlich die gefährlichsten Strömungen in der deutschen Arbeiterschaft auslösen.“ Aber auch bei Nichteintreten einer kriegerischen Verwicklung wäre die dt. Position nach vorbehaltlosem Eintritt gefährdet. „Die Sowjetunion würde die […] Anerkennung der Verpflichtung aus Artikel 16 wahrscheinlich als Beweis dafür ansehen, daß Deutschland im Konfliktfalle auf die Seite der Westmächte gegen Rußland treten müßte. Sie würde ihre ganze Politik gegenüber Deutschland, auch auf wirtschaftlichem Gebiet, alsbald danach einstellen.“ (Abschrl. an die Rkei am 27. 2. in R 43 I /484 , Bl. 216-225a). S. dazu auch die Aufzeichnung „Die Bedeutung des Artikels 16 der Völkerbundssatzung für Deutschland“ von Anfang April 1925 in: Locarno-Konferenz 1925. Eine Dokumentensammlung, Dok. Nr. 12.

3

S. das „Gesetz über die Londoner Konferenz“ vom 30.8.24 (RGBl. II, S. 289 ).

4

Gebräuchlicher ist: Ultra posse nemo obligatur. So auch bei: D’Abernon, Ein Botschafter der Zeitenwende, Bd. III, S. 174.

5

Während seines Berlin-Besuchs am 2. 3. hatte der Generalsekretär des Völkerbundes Gespräche mit Stresemann und v. Schubert geführt. S. die Ausführungen des RAM vor Pressevertretern am 7. 3. in: Stresemann, Vermächtnis, Bd. II, S. 71; s. auch: D’Abernon, Ein Botschafter der Zeitenwende, Bd. III, S. 174 f.

Einleitend hat Lord D’Abernon davon gesprochen, daß seines Erachtens die Situation bedeutend verbessert sei durch die Absicht Englands, das Fünfmächteabkommen zu treffen6.

6

Am 24. 2. und 5. 3. hatte sich Chamberlain vor dem Unterhaus positiv über das Garantie- und Sicherheitspaktangebot geäußert (s. Schultheß 1925, S. 231 und „Tägliche Rundschau“ vom 6. u. 7. 3.), das von der RReg. in textlich im wesentlichen übereinstimmenden Memoranden am 20. 1. der brit. (s. Locarno-Konferenz 1925. Eine Dokumentensammlung, Dok. Nr. 2) und am 9. 2. der frz. Reg. (s. Ursachen und Folgen, Bd. VI, Dok. Nr. 1322) unterbreitet worden war. Der dt. Vorschlag sieht ein Abkommen vor, in dem sich „die am Rhein interessierten Mächte, vor allem England, Frankreich, Italien und Deutschland, feierlich für eine näher zu vereinbarende längere Periode zu treuen Händen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika verpflichten, keinen Krieg gegeneinander zu führen.“ Außerdem wäre für Dtld. ein Pakt annehmbar, der Schiedsverträge zwischen Dtld. und insbes. Frankreich, aber auch „gegenüber allen anderen Staaten“ enthielte, der ferner die Unversehrtheit des gegenwärtigen Besitzstandes am Rhein und schließlich die Erfüllung der dt. Verpflichtung zur Entmilitarisierung des Rheinlandes (Art. 42/43 des VV) garantierte.

Im Laufe des Gesprächs wurde Lord D’Abernon eine Depesche gebracht, die er mir vorlas. Sie gab eine Meinung von Chamberlain mit der ausdrücklichen Bemerkung wieder, daß das auch die Auffassung des englischen Erstministers7 sei; im übrigen wurde nicht recht klar bei der Wiedergabe, wieviel englische Auffassung war und wieviel Meinung der Pariser Kreise, die, wie es in der Einleitung hieß, auch die pazifistischen Kreise umfasse. In der Erörterung über die Depesche kann man bei Wiedergabe des Gesprächs drei Teile unterscheiden:

7

Stanley Baldwin.

Zuerst wurde davon gesprochen, daß Deutschland ohne Bedingungen und in Gleichberechtigung mit den Großmächten in den Völkerbund eintreten müßte. In der Depesche wurde Lord D’Abernon beauftragt, dies der Deutschen Regierung nachdrücklichst einzuprägen. Ich habe in diesem Zusammenhang zum Worte „Gleichberechtigung“ noch einmal gesagt, daß dies keine Gleichberechtigung der Paragraphen sein dürfe, sondern eine Gleichberechtigung der wirklichen Stellung sein müsse, und eben deshalb könne § 16 auf uns nicht angewendet werden.

Dann wurde gesprochen von der Südgrenze. Ich habe darauf hingewiesen, daß Deutschland eine Südgrenze, nämlich eine Grenze Italien gegenüber, nicht besitze. Lord D’Abernon war darüber einen Augenblick erstaunt. Tatsächlich scheint in der Depesche die Rede von der Grenze zwischen Österreich und Italien gewesen zu sein. In leichtester Form, so daß es als deutlicher privater Scherz erschien, habe ich dazu bemerkt, ob Frankreich, wenn es die Anerkennung[158] der italienischen Grenze von uns verlange, gleichzeitig die Aufnahme Österreichs in das Deutsche Reich erstrebe.

An dritter Stelle haben wir über die Ostgrenze gesprochen. Nach der Depesche soll Deutschland die Ostgrenze in gleicher Weise anerkennen wie die Westgrenze. Bemerkenswert aus dem Aufbau der Depesche war, daß der Auftrag an Lord D’Abernon, Deutschland den Inhalt der Depesche nachdrücklich einzuprägen, mitten in der Depesche stand, sich also nur auf die Angelegenheit der Westgrenze bezog. Übrigens möchte ich in diesem Zusammenhang bemerken, daß ich Lord D’Abernon gesagt habe, mir gefiele für die Westgrenze der Ausdruck, den ich in englischen Zeitungen gelesen hätte, nämlich „69er Grenze“, besonders gut. Auf die besondere Bedeutung für Eupen-Malmedy habe ich bei diesem Wechsel der Vokabeln nicht aufmerksam gemacht. Hinsichtlich der Ostgrenze wurde in der Depesche nun weiter hingewiesen auf einen Brief Clémenceaus vom 16.6.1919, wonach jetzt die Grundlage geschaffen sei, um bei der Feststellung der Ländergebiete auch in Zukunft neue Tatsachen und neue Bedingungen (new facts and new conditions) zu berücksichtigen8. Ich habe demgegenüber bemerkt, daß meines Erachtens diese Formel dem Osten gegenüber auf keinen Fall ausreiche. Lord D’Abernon sagte aber dann, das sei vielleicht doch nicht so, denn wenn in Oberschlesien die Dinge so seien, wie er höre, daß die wirtschaftliche Entwicklung im deutschen Anteil vorwärts gehe, daß es im polnischen Teil dagegen rückwärts gehe, so sei das wohl eine neue Tatsache. Bei der Weichselfrage hat er eine entsprechende Andeutung nicht versucht. Allgemein habe ich dann meinerseits folgendes gesagt: Ich könnte mir, um eine wirkliche Befriedung Europas herbeizuführen, eine Festigung der 69er Grenze mit ganz besonderen völkerrechtlichen Formen vorstellen. Wenn das aber der Fall sein sollte, dann dürfte man nicht dabei dieselben Formeln auf andere Verhältnisse anwenden, die sicherlich noch nicht die gleiche Reife erfahren hätten, also nicht auf die Verhältnisse des Ostens9. Dadurch würde man umgekehrt gerade[159] die Beständigkeit der Regeln im Westen gefährden. Dieser Gesichtspunkt gefiel Lord D’Abernon sehr, und er schrieb ihn sich sofort auf. Als er mich fragte, wie sich Polen denn dazu stellen würde, habe ich ihm erwidert, daß, wenn in Europa neue Unruhen ausbrächen, davon sicherlich zuerst der Osten ergriffen werden würde. Für Polen sei also indirekt die beste Sicherung dadurch gegeben, daß die gefährlichste Stelle im Westen stabilisiert würde. Auch das hat sich Lord D’Abernon aufgeschrieben10. Daneben habe ich betont, daß selbstverständlich für jede völkerrechtliche Regelung, auch für die des Westens, der Grundsatz gelten müsse, daß neue Tatsachen und neue Bedingungen immer in Betracht kämen, das sei nun einmal in der Weltgeschichte so, worauf Lord D’Abernon meinte, daß man das ja aber nicht auszusprechen brauchte. Dazu habe ich genickt. Ich mußte diesen Standpunkt immerhin unterstreichen, weil Lord D’Abernon anscheinend vorher, als ich den Unterschied zwischen Ost- und Westgrenze erläuterte, sich eine Bemerkung von mir aufgeschrieben hatte, als wenn ich für die Westgrenze auf den Vorbehalt der neuen Tatsachen und neuen Bedingungen, wie sie im Clémenceauschen Brief enthalten waren, verzichten wollte. Ich habe umgekehrt festgestellt, daß der Clémenceausche Brief sich gleichmäßig auf Ost- und Westgrenze bezogen hat.

8

Dieser Passus findet sich in der Mantelnote Clémenceaus an Brockdorff-Rantzau vom 16.6.19, auf die hier offenbar Bezug genommen ist. Der betreffende Abschnitt lautet dort in dt. Übersetzung: „Er [der VV] schafft aber auch gleichzeitig den Apparat für die friedliche Erledigung aller völkerrechtlichen Fragen durch Aussprache und Übereinstimmung, wodurch die im Jahre 1919 geschaffene Regelung selber von Zeit zu Zeit abgeändert werden und neuen Ereignissen und neu entstehenden Verhältnissen angepaßt werden kann.“ (Ursachen und Folgen, Bd. III, Dok. Nr. 720).

9

Zur Frage der Ostgrenzen hatte Stresemann am 7. 3. vor Pressevertretern erklärt: „Was wir nicht können, das ist, eine offizielle Garantie der Grenzen im Osten zu übernehmen, denn wir müssen uns die Möglichkeit vorbehalten, diese Dinge auf friedlichem Wege zu lösen. Wir können uns dafür auf die Satzungen berufen, die sich der Völkerbund gegeben hat, denn da ist im Artikel 19 ausgedrückt, daß unanwendbar gewordene Verträge geändert werden können. Es gibt weite Kreise der europäischen öffentlichen Meinung, die darüber nachdenken, ob diese Dinge im Osten sich nicht schon als ‚unanwendbar‘ gezeigt haben.“ (Stresemann, Vermächtnis, Bd. II, S. 69). Die künftige Gestaltung der dt. Ostgrenzen ist Mitte März Gegenstand eines Gesprächs zwischen Luther und dem Danziger Senatspräsidenten Sahm. Kempner vermerkt hierzu am 19. 3.: „Der Kanzler wünscht, daß sofort geprüft wird, welche Strecken des polnischen Korridors wir unbedingt brauchten. Alles werden wir nicht bekommen können. Vielleicht bis zur Netze-Linie? Auch die Vorschriften über Durchfahrt sind zu prüfen. Daß Polen am Meer bleibt, wird unvermeidlich sein.“ (R 43 I /376 , Bl. 7). Über das Ergebnis dieser Prüfung in R 43 I nichts ermittelt. – Zur Korridorfrage äußert sich Sahm am 18. 3. in einer Unterredung mit dem Vortr. LegR v. Dirksen wie folgt: Bei seinen Besprechungen in Genf habe er feststellen können, daß das Korridorproblem sehr akut gewesen und allgemein besprochen worden sei. Er halte es daher für erforderlich, daß man sich deutscherseits nunmehr klar werde, welche Vorschläge man in dieser Frage machen wolle: 1) Über die territorialen Ansprüche hinsichtlich des Korridors. 2) Zur Frage einer Volksabstimmung im Korridor. 3) „Es wäre zu prüfen, ob man die im Korridor wohnhaften Polen behalten oder aussiedeln sollte; eventuell eine Unterscheidung zwischen den vor 1918 und den nach 1918 im Korridor angesessenen Polen machen sollte.“ 4) „Man müsse schließlich Vorschläge ausarbeiten, um den Polen den freien Zugang zum Meere zu sichern.“ Dabei sei zu erwägen, den Polen etwa die Korridorrechte zuzugestehen, die sie Dtld. jetzt gewähren müßten (Aufzeichnung Dirksens vom 18. 3. im: Pol. Arch. des AA, Büro StS, FS Die Sicherheitsfrage, Bd. 4).

10

Diese Äußerung des RK wird in den Memoiren des Botschafters wie folgt zitiert: „Polen gewinnt mehr als irgendein Staat durch die Stärkung der europäischen Sicherheit. Polen ist der Gefahrenpunkt Europas. Der Krieg wird dort ausbrechen, wenn es überhaupt zum Kriege kommt.“ (D’Abernon, Ein Botschafter der Zeitenwende, Bd. III, S. 175 f.).

Abschließend kam Lord D’Abernon darauf zurück, daß jetzt die Hauptsache sei, die Völkerbundsfrage zu fördern. Ich habe ihm dann gesagt, daß Deutschland bereit sei, die Sicherheitspaktfrage nach aller Kraft zu fördern, und zwar sowohl in Verbindung mit der Völkerbundsfrage wie auch isoliert. Ich habe dabei daran erinnert, daß gerade von ihm, Lord D’Abernon, seinerzeit die Anregung zu einer isolierten Behandlung ausgegangen sei, wozu er schwieg. Er fragte mich dann, ob er nach London telegrafieren könne, daß Deutschland auf die Formel ultra posse einginge. Darauf habe ich nochmals wiederholt, daß ich in dieser Formel nur eine andere Ausdrucksform für die Nichtanwendung des § 16 sehen könne, die aber völlig gesichert sein müsse, und daß es mir natürlich auf die Sache und nicht auf die Form ankomme. Dann habe ich aber gesagt, daß ich mich zunächst mit dem Herrn Außenminister in Verbindung setzen müßte, was ich heute oder morgen früh tun wolle, damit ihm dann eine Antwort gegeben werden könne. Darauf erzählte mir Lord D’Abernon, daß er gestern sowohl mit dem Herrn Außenminister wie mit dem Herrn Staatssekretär von Schubert gesprochen habe, allerdings noch ohne Kenntnis der Depesche, die er ja eben erst bekommen hätte. Ich habe ihm dann erwidert, daß ich versuchen[160] wollte, noch heute oder sonst morgen früh mit den Herrn Außenminister und dem Herrn Staatssekretär von Schubert über die Sache zu sprechen. Er hat abgeschlossen mit der Feststellung, daß er von mir heute oder morgen vormittag weitere Nachricht bekommen würde, und noch einmal die Eilbedürftigkeit unterstrichen11. Im Laufe des Gesprächs hatte er gesagt, daß die Völkerbundsangelegenheit und die damit verbundene Sicherheitspaktangelegenheit seines Erachtens nicht nur reif, sondern überreif sei.

11

Über eine am gleichen Tage abgehaltene Besprechung mit Stresemann und Schubert berichtet Luther in einem Vermerk vom 10. 3. Zu einer Beschlußfassung über die Antwort an D’Abernon scheint es dabei nicht gekommen zu sein. Der RK vermerkt nur, es sei „erörtert worden, in welchem Sinne die Frage der neuen Tatsachen und neuen Bedingungen heute vormittag zwischen Lord D’Abernon und mir besprochen wurde.“ (R 43 I /424 , Bl. 184). Vgl. die Ausführungen Schuberts in der Besprechung am 17. 3. (Dok. Nr. 49).

gez. Luther

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