2.140.1 (ma11p): 1. Wahlen im besetzten Gebiet.

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1. Wahlen im besetzten Gebiet.

Der Reichskanzler stellte zunächst den Antrag des Abgeordneten Leicht, betreffend Bestimmung des 12. April als Feiertag zwecks Vornahme der Wahlen1, zur Erörterung.

1

Am 12. 3. bringt die BVP-Fraktion im RT einen GesEntw. ein, der die Reichstagswahl auf den 12. 4. anberaumt und diesen Tag (einen Sonnabend) zugleich zum öffentlichen Ruhetag erklärt; jedoch sollen Löhne und Gehälter wie für jeden Arbeitstag gezahlt werden (RT-Drucks. Nr. 6615, Bd. 380 ). Dieser Antrag wird vom RT am 13. 3. abgelehnt (RT-Bd. 361, S. 12825  ff.).

Der Vizekanzler führte aus, daß er nicht die Gewähr übernehmen könne für ein Zustandekommen der Wahlen im besetzten Gebiet, wenn so ein früher Wahltermin gewählt werde. Im übrigen aber bedeute auch der Antrag des Abgeordneten Leicht, der in gewisser Beziehung einen Eingriff in die Prärogative des Herrn Reichspräsidenten zur Feststellung des Wahltermins darstelle, eine nicht unerhebliche Belastung der Wirtschaft, welche dazu gezwungen würde, im Betrage von etwa 45 Millionen GM unproduktive Löhne zu zahlen. Schließlich würde die Annahme des Antrages Leicht in bedenklicher Weise den Gedanken, den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu erklären, präjudizieren.

Der Reichskanzler schloß sich den Ausführungen des Vizekanzlers an.

[453] Der Abgeordnete v. Guérard teilte mit, daß seine Fraktion grundsätzlich eine frühe Abhaltung der Wahlen wünsche, bei der jetzigen Sachlage sei es jedoch offenbar nicht mehr möglich, im besetzten Gebiet die Wahlfristen einzuhalten. Im übrigen halte er den Antrag Leicht für verfassungsändernd.

Der Abgeordnete Koch bestritt die verfassungsändernde Wirkung des Antrages und ebenfalls die Untragbarkeit der finanziellen Belastung durch Lohnzahlung für die Wirtschaft. Wenn es nicht anders gehe, müsse dann eben am 4. Mai gewählt werden. Dann sollten jedoch die preußischen Gemeindewahlen unter allen Umständen verlegt werden2.

2

Am 24. 1. hatte der pr. LT beschlossen, die Gemeindewahlen spätestens am 4. 5. stattfinden zu lassen.

Der Abgeordnete Scholz stimmte den Vorrednern bei und schlug den 4. Mai als Wahltermin vor.

Der Abgeordnete Zapf wies auf die außerordentlichen Schwierigkeiten hin, welche die Durchführung der Wahlen in der Pfalz mit sich bringen würde. Es sei zu befürchten, daß infolge der Repressalien der Franzosen eine Wahl überhaupt nicht zustande kommen werde. Ähnlich sei die Lage in anderen Teilen des besetzten Gebiets, insbesondere in Rheinhessen.

Der Vizekanzler wies darauf hin, daß es verschiedene Möglichkeiten gäbe, dieser Sachlage zu begegnen, und verlas den Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten zur Ausschließung gewisser Teile des Reichsgebiets von der Wahl3. Am zweckmäßigsten halte er allerdings das Verfahren, die Wahlen zunächst stattfinden zu lassen und hinterher im Wege der Wahlprüfung diejenigen Bezirke, in denen unter Druck der Besatzungsmächte gewählt sei, auf Grund des Art. 48 von der Wirkung[!] der Neuwahlen auszuschließen. Dem neu zusammentretenden Reichstage stehe es alsdann frei, für die fehlenden Bezirke die früheren Abgeordneten zu berufen.

3

In R 43 I nicht ermittelt.

Der Abgeordnete Zapf äußerte Bedenken gegen dieses Verfahren, da ja die Wahlen in der Pfalz infolge der Nichtzulassung der Parteiredner und Organisatoren von vornherein undurchführbar seien.

Demgegenüber wies der Vizekanzler auf die Schwierigkeit der Bestätigung der vorgeschlagenen Verordnung im besetzten Gebiet hin.

Die Abgeordneten v. Guérard und Scholz stimmten dieser Auffassung zu. Eine endgültige Entschließung wurde nicht gefaßt.

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