2.172.2 (ma11p): 2. Micum-Verträge.

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2. Micum-Verträge.

Der Reichsminister der Finanzen bestritt eine unmittelbar präjudizierende Wirkung einer Verbindung des Micum-Problems mit dem Gutachten auf die Stellungnahme der Reichsregierung zu dem letzteren. Der Gedanke einer Antizipierung der im Gutachten vorgesehenen Anleihekredite6 für die Finanzierung der Micum-Lieferungen nach dem 15. April bedeute allenfalls, daß die Regierung sich grundsätzlich auf den Boden des Gutachtens stelle, nicht aber eine Annahme des Gutachtens. Nun sei jedoch eine Zurückdatierung der im Gutachten vorgesehenen Anleihekredite auf den 15. April gegenüber dem klaren Wortlaut des Gutachtens nicht möglich. Es frage sich daher, in welcher Weise gegebenenfalls eine Finanzierung möglich sei. In Frage komme z. B. eine Zinsgarantie des Reichs für eine von dem Bergbau aufzunehmende Anleihe unter zeitlicher Beschränkung oder eine Erneuerung der alten Micum-Zusagen7. Gegen jede Unterstützung des Reichs bei der Finanzierung der Micum-Lieferungen nach dem 15. April spreche jedoch das schwere grundsätzliche Bedenken, daß durch ein solches Verfahren die Reichsregierung sich selber und auch die[549] Sachverständigen, welche eine Leistungsfähigkeit des Reichs für Naturalleistungen während des laufenden Jahres ohne auswärtige Anleihehilfe für unmöglich erklärten, Lügen strafe.

6

Das Sachverständigen-Gutachten sieht die Gewährung einer ausländischen Anleihe an Deutschland in Höhe von 800 Mio GM vor. Aus ihrem Erlös sind die dt. Ausgaben für Reparationssachlieferungen und Besatzungskosten im ersten Reparationsjahr (1924/25) zu finanzieren (S. 41 ff.).

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Gemeint sind die Erklärungen des Kabinetts Stresemann vom November 1923 gegenüber dem Bergbaulichen Verein, daß das Reich die von den Zechen auf Grund des Micum-Abkommens (vom 23.11.23) übernommenen Reparationsleistungen nach Ordnung der Reichsfinanzen vergüten werde und daß die Zechen bis zu einer solchen Vergütung das Recht haben sollen, ihre Micum-Leistungen in gewissen Grenzen auf bestimmte Reichssteuern in Anrechnung zu bringen; vgl. Dok. Nr. 64, Anm. 3.

Der Vizekanzler stimmte dem Vorredner bei, wies jedoch auf die schweren Folgen, welche eine Unterbrechung der Lieferungen und damit eine Stillegung der Zechenbetriebe am 15. April für Zechen und Arbeiterschaft zeitigen müßten, ausdrücklich hin. Er gebe zu, daß das Reich unmittelbar nicht helfen könne; dagegen komme in Frage, daß die Industriellen von sich aus die Frage einer Zurückdatierung der im Gutachten vorgesehenen Anleihekredite anschnitten, und daß im Falle einer etwaigen Einigung mit der Micum die Reichsregierung nachträglich den Industriellen in irgendeiner Form Hilfe zuteil werden ließe. Er schlage daher vor, daß die Sechser-Kommission ermächtigt werde, wegen Fortsetzung des Vertrages weiter mit der Micum zu verhandeln.

Der Reichsminister des Auswärtigen wies auf die schweren außenpolitischen Konsequenzen einer Fortsetzung des Micum-Vertrags hin und bat, daß in jedem Falle eine etwa vereinbarte Prolongation zeitlich begrenzt werde.

Der Reichskanzler stellte die grundsätzliche Zustimmung des Kabinetts dazu fest, daß die Sechser-Kommission ermächtigt werde, mit der Micum wegen Fortsetzung der Verträge zu verhandeln, sofern eine Anerkennung des Sachverständigen-Gutachtens oder eine Verpflichtung der Reichsregierung zur Finanzierung nach dem 15. April dabei nicht zum Ausdruck komme.

Es wurde beschlossen, die Vertreter der Sechser-Kommission am 10. d. Mts. um 12 Uhr zu empfangen8, nachdem zuvor in einem kleineren Kreise (Reichskanzler, Vizekanzler, Reichsminister der Finanzen, Reichsminister des Auswärtigen) die Stellungnahme der Regierung noch genau präzisiert sei.

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S. Dok. Nr. 173.

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