1.75.1 (ma12p): 1. Zollfragen.

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1. Zollfragen1.

1

Im Entwurf eines „Gesetzes über Zölle und Umsatzsteuer“, der dem RT am 22. 8. vorgelegt worden war (s. Dok. Nr. 285, Anm. 11), ist die Ermächtigung zur Wiedereinführung von Agrarzöllen mit der Ermächtigung zur Erhöhung von Industriezöllen gekoppelt: Art. I, §§ 1 bis 3 regeln die Wiedereinführung landwirtschaftlicher Schutzzölle. Art. I, § 4 verlängert die Geltungsdauer des Gesetzes über die Ermächtigung zu vorübergehenden Zolländerungen vom 5.8.22 (RGBl. I, S. 709 ); hierdurch soll der RReg. die Möglichkeit gegeben werden, die Industriezölle im Hinblick auf die bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen nach Bedarf heraufzusetzen.

In einer Kabinettsvorlage vom 26. 8. vertritt der RWiM die Ansicht, daß der GesEntw. über Zölle und Umsatzsteuer wegen der umstrittenen Agrarzölle vom gegenwärtigen RT nicht mehr verabschiedet werden würde. Es müsse nun demnächst im Kabinett beraten werden, ob und wie die im gleichen GesEntw. enthaltene Ermächtigung zur Erhöhung von Industriezöllen im RT durchgebracht werden könne (R 43 I /2416 , Bl. 348). Diesen Punkt trägt RWiM Hamm in der obigen Kabinettssitzung vor.

Der Reichswirtschaftsminister Für die bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich und Belgien böten die zur Zeit geltenden Zollsätze vielfach keine genügende Verhandlungsgrundlage. Eine Erhöhung sei auf[1002] vielen Gebieten erforderlich. Nach der gegenwärtigen politischen Lage sei wegen der besonderen Schwierigkeiten, die mit der Frage der Agrarzölle verbunden seien, nicht zu erwarten, daß das Gesetz über die Agrarzölle2 noch während der gegenwärtigen Tagung des Reichstags verabschiedet werde. Andererseits müßten gewisse Erhöhungen von Industriezöllen noch vor Beginn der Verhandlungen mit Frankreich und Belgien durchgeführt werden. Es sei deshalb eine umgehende Erörterung der Frage notwendig, ob und in welcher Weise die Verlängerung der Ermächtigung von Zolländerungen noch im gegenwärtigen Tagungsabschnitt des Reichstags gesichert werden könne.

2

Gemeint ist der GesEntw. über Zölle und Umsatzsteuer (s. Anm. 1).

Unter den augenblicklichen Verhältnissen halte er es für richtig, wenn die Zollvorlage noch in erster Lesung im Plenum behandelt werde und sodann im Ausschuß auf alle diese Schwierigkeiten hingewiesen würde.

Der Reichsernährungsminister Bei den Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich würden auch die Agrarzölle von Bedeutung sein. Er habe erfahren, daß die Deutschnationalen zur Zollvorlage nicht sprechen würden. Er halte es für das beste, wenn die Zollvorlage am Freitag, den 29. August im Plenum und noch einmal im Ausschuß behandelt werde, eine gründliche Beratung im Ausschuß jedoch erst Ende September stattfinde.

Der Reichskanzler Wenn der Reichstag nicht aufgelöst werde, werde er nach seiner Überzeugung nicht vor Ende Oktober wieder zusammentreten.

Der Staatssekretär in der Reichskanzlei erklärte es für zweckmäßig, wenn die Parteien auf die von dem Reichswirtschaftsminister dargelegten Schwierigkeiten hingewiesen würden.

Der Reichskanzler stellte fest, daß in dieser Angelegenheit ein Beschluß nicht gefaßt werden könne3.

3

Der Entwurf eines „Gesetzes über Zölle und Umsatzsteuer“ soll in der RT-Sitzung vom 30. 8. in erster Lesung behandelt werden. Für die SPD-Fraktion beantragt der Abg. Löbe jedoch die Absetzung des Entwurfs von der TO. Der REM, der RWiM und Sprecher der bürgerlichen Parteien setzen sich für eine Überweisung der Vorlage an den zuständigen Ausschuß ein. Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte wird die Beschlußunfähigkeit des Hauses festgestellt, worauf sich der RT vertagt (RT-Bd. 381, S. 1143  ff.). Der GesEntw. über Zölle und Umsatzsteuer wird in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr erledigt, zumal der RT bereits am 20. 10. aufgelöst wird.

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