2.6 (ma12p): Nr. 6 Aufzeichnung über eine Besprechung zwischen dem Reichsminister des Auswärtigen und dem englischen Ministerpräsidenten in London am 13. August 1924, 24 Uhr

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[1328] Nr. 6
Aufzeichnung über eine Besprechung zwischen dem Reichsminister des Auswärtigen und dem englischen Ministerpräsidenten in London am 13. August 1924, 24 Uhr1

1

Die Aufzeichnung ist undatiert und nicht unterzeichnet.

R 43 I /268 

[Ruhrräumung]

Minister Stresemann, der um die Unterredung nachgesucht hatte, um MacDonald über das Ergebnis der Besprechung mit den französischen und belgischen Delegationen zu berichten, gab eine ausführliche Darstellung des Verlaufs der Nachmittagskonferenz2 und wies insbesondere auf die Unmöglichkeit hin, daß die deutsche Delegation der Herriotschen Formel einer einjährigen Räumungsfrist ohne vorherige Teilräumung zustimme.

2

S. Anhang, Dok. Nr. 5.

Mr. MacDonald erklärte, daß er die Lage als sehr ernst ansehe. Herriot sei gleich nach der Nachmittagssitzung zu ihm gekommen und habe starke Erregung an den Tag gelegt. Er habe zum Ausdruck gebracht, daß es ihm unmöglich sei, in irgendeiner Weise den weitergehenden Wünschen der Deutschen in der Räumungsfrage entgegenzukommen. Mr. MacDonald äußerte alsdann in Bestätigung der Ausführungen Dr. Stresemanns die Auffassung, daß in der Stellungnahme Herriots innerhalb der letzten 24 Stunden eine wesentliche Änderung eingetreten sei und schob auch seinerseits diesen Wechsel dem Einfluß Loucheurs zu. Er (MacDonald) habe es nach wie vor abgelehnt, zur Frage der Ruhrräumung Stellung zu nehmen, müsse jedoch mit Bedauern feststellen, daß der amerikanische Botschafter Kellogg sich bei der Zusammenkunft der Alliierten am Vormittage in der Gutheißung des Herriotschen Standpunktes festgelegt habe. Das bedeute eine starke Rückenstärkung für Herriot und gebe den französischen und belgischen Stimmen in der Konferenz der Alliierten einen gewichtigen Zuwachs.

Mr. MacDonald wiederholte seine Absicht, von einer persönlichen Stellungnahme zur Ruhrräumungsfrage vor der Hand Abstand zu nehmen, sich dabei jedoch eine Gutheißung oder Kritik zu gegebener Zeit vorzubehalten und stellte in Aussicht, am folgenden Tage um ½9 Uhr eine Zusammenkunft der Alliierten zur Erörterung der Angelegenheit herbeizuführen. Er empfehle der Deutschen Delegation, an der Zusammenkunft mit Franzosen und Belgiern um 11 Uhr am folgenden Tage unbedingt festzuhalten. Er sehe die Lage als sehr ernst an, falls am morgigen Tage eine Einigung nicht erzielt werde; denn es sei zu befürchten, daß die Presse in den verschiedenen Ländern sich der Sache bemächtige und die ganze Konferenz sabotieren werde.

Minister Stresemann trug alsdann gesprächsweise verschiedene Möglichkeiten einer Kompromißlösung vor, wie z. B. Rückdatierung des Termins, von[1329] dem die Räumungsfrist an zu laufen beginne, auf den Zeitpunkt der deutschen Annahme des Dawes-Gutachtens (April 1924), etappenweise Räumung usw.

Mr. MacDonald nahm diese Anregungen zur Kenntnis, äußerte jedoch die Auffassung, daß eine weitere Konzession Herriots ihm nicht wahrscheinlich sei, da alle diese Möglichkeiten bereits ausführlich unter den Alliierten diskutiert seien.

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