2.6.2 (ma31p): 5. Außerhalb der Tagesordnung: Putschgerüchte.

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5. Außerhalb der Tagesordnung: Putschgerüchte4.

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Im Lagebericht des RKom. für Überwachung der öffentl. Ordnung vom 19.6.26 heißt es: „Der Rote Frontkämpferbund, das Reichsbanner, der Stahlhelm und die übrigen Rechtsverbände sind in den letzten Wochen zahlreich in kleinen und größeren Demonstrationen in Erscheinung getreten. In demselben Verhältnis haben sich bedauerlicherweise auch die Zusammenstöße zwischen Angehörigen der Verbände der verschiedenen Richtungen vermehrt, wobei der größte Teil der Ausschreitungen auf das Konto des Roten Frontkämpferbundes zu setzen ist, der anscheinend immer mehr versucht, durch Terror sich die Straße zu erobern. […] Wohl im Zusammenhang mit der verstärkten Tätigkeit der Verbände entstanden die zahlreichen Putschgerüchte, die in den letzten Wochen und Monaten umgingen und die stark zur Beunruhigung der Öffentlichkeit beitrugen. Von rechtsstehender Seite wurde und wird noch ein in naher Aussicht stehender kommunistischer Putsch als bevorstehend vorausgesagt. Andererseits häuften sich Meldungen über Putschvorbereitungen gewisser radikaler Kreise der Rechten und gewisser Rechtsorganisationen, so daß die preußische Polizei sich zum Eingreifen genötigt sah.“ (R 43 I /2696 , Bl. 73–138, hier Bl. 75). Auf Grund von Nachrichten über rechtsradikale Putschpläne hatte die pr. Polizei am 11. und 12.5.26 Haussuchungen durchgeführt; siehe hierzu Dok. Nr. 13.

Das Kabinett beschäftigte sich nach einem Vortrage des Reichsministers des Innern eingehend mit der Angelegenheit, insbesondere mit Rücksicht auf die von den Kommunisten für nächsten Sonntag [23. 5.] geplanten Demonstrationen. Auch die Frage der Unterbindung der weiteren Aufführung des Potemkin-Films5 wurde erörtert. Es wurde beschlossen, nach Pfingsten

5

Siehe hierzu diese Edition, Die Kabinette Luther I/II, Dok. Nr. 346, P. 1; Hermann Herlinghaus, Dokumente zur Aufführung des ‚Panzerkreuzer Potemkin‘ in Deutschland 1926, in: Sergej Eisenstein, Künstler der Revolution. Materialien der Berliner Eisenstein-Konferenz 10.–18. April 1959, S. 228 ff.

a)

mit den Parteiführern wegen Aufhebung der Immunität der von einer Strafverfolgung betroffenen Abgeordneten zu sprechen6;

b)

mit Preußen in Verbindung zu treten, um über die innerpolitische Lage genauere Auskunft zu erhalten7.

6

Gegen die kommunistischen RT-Abgeordneten Heckert, Hoernle, Koenen, Pfeiffer, Remmele und Stoecker schwebte ein Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat im Jahre 1923. Dem RT lag seit längerem ein Antrag des Oberreichsanwalts Ebermayer vor, die Verhaftung dieser Abgeordneten zu genehmigen und ihre Immunität aufzuheben. In der Kabinettssitzung vom 28.4.26 war außerhalb der TO dieser Punkt zur Sprache gebracht und hervorgehoben worden, daß der RT bisher „noch nicht den Mut aufgebracht habe“, über den Haftantrag des Oberreichsanwalts zu beschließen (Vermerk RegR Wiensteins vom 29. 4. in R 43 I /2673 , Bl. 21). Die Frage der Aufhebung der Immunität der Abgeordneten wurde dann in einer Parteiführerbesprechung vom 8. 6. kurz erörtert; dabei gaben die anwesenden Parteiführer (v. Guérard, Scholz, Koch, Leicht) „jedoch zu verstehen, daß man diese Frage am besten vorläufig ruhen lassen wolle“ (Vermerk Wiensteins vom 9. 6. in R 43 I /2709 , Bl. 26). Am 2.7.26 beschloß der RT entsprechend einem Votum des Geschäftsordnungsausschusses, dem Antrag des Oberreichsanwalts auf Genehmigung zur Verhaftung der sechs kommunistischen Abgeordneten nicht stattzugeben; zugleich wurde ein Antrag der KPD-Fraktion abgelehnt, das Hochverratsverfahren gegen die kommunistischen Abgeordneten einzustellen (RT-Bd. 409 , Drucks. Nr. 2519 ; RT-Bd. 390, S. 7834 ).

7

Siehe die Ministerbesprechung mit dem PrMinPräs. am 4. 6. (Dok. Nr. 13).

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