2.63.1 (mu21p): Frage, ob im Reichstag eine außenpolitische Debatte stattfinden soll.

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Frage, ob im Reichstag eine außenpolitische Debatte stattfinden soll.

Der Reichsverkehrsminister begründete die Bedenken der Zentrumsfraktion gegen eine außenpolitische Debatte im Reichstag noch in dieser Woche, vor Beratung des Panzerschiffs1. Es sei unzweckmäßig, den Deutschnationalen schon jetzt Gelegenheit zu den von ihnen beabsichtigten scharfen Angriffen gegen die auswärtige Politik der Reichsregierung zu geben2. Überdies sei durch die Regierungskrise in Frankreich eine neue Lage geschaffen3. Endlich müsse es zweifelhaft erscheinen, ob eine Regierung, die, wie doch allgemein anerkannt werde, wegen der Panzerschiffrage kurz vor einer entscheidenden Krise stehe4, mit hinreichender Autorität zur Außenpolitik sprechen könne.

1

Zur Diskussion um den Panzerkreuzer s. Dok. Nr. 15, P. 2 mit Anm. 13. – Von den Kommunisten war eine Interpellation gegen den Panzerkreuzer eingebracht worden (RT-Drucksache Nr. 357, Bd. 431), die der RT-Präs. der RReg. am 21. 8. zugesandt hatte (R 43 I /606 , Bl. 65 f.). Pünder hatte Löbe am 27. 8. darüber unterrichtet, daß diese Interpellation nach Zusammentritt des RT beantwortet werden solle (R 43 I /606 , Bl. 67). Für die Behandlung der Panzerkreuzerfragen waren in der Ältestenratsitzung am 6. 11. der 19. und 20. 11. vorgesehen worden und für die von der RReg. erwünschte Behandlung außenpolitischer Fragen der 15. und 16. 11. (Undatierter Vermerk v. Hagenows; R 43 I /1011 , Bl. 188-194, hier: Bl. 190).

2

Die DNVP hatte sich am 23. 9. über die Genfer Verhandlungen des RK zurückhaltend geäußert, aber in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am 3. und 4. 10. sein Vorgehen mißbilligt. Als Hugenberg auf der Vertretertagung seiner Partei am 20./21. 10. zum Vorsitzenden gewählt worden war, hatte er sich für eine Änderung des Dawes-Vertrags ausgesprochen und am 10. 11. hatte er vor dem landwirtschaftlichen Reichsausschuß der DNVP erklärt, eine weitere Transferierung von Reparationszahlungen sei unmöglich.

3

Poincaré war mit seinem vierten Kabinett am 6. 11. wegen des Streits um kirchenpolitische Aspekte des Budgets zurückgetreten. Sein fünftes Kabinett, das ohne die Radikalsozialisten gebildet worden war, stellte er am 15. 11. vor.

4

Scholz hatte der DVP-Fraktion am 6. 11. mitgeteilt, er habe eine Woche zuvor eine Unterredung mit Breitscheid gehabt und den Antrag der SPD auf Ablehnung der ersten Rate für den Panzerkreuzer „lediglich zur Kenntnis genommen“ (BA: R 45 II /67 , Bl. 104 f.).

Staatssekretär Dr. von Schubert erklärte, daß der Reichsminister des Auswärtigen Wert darauf lege, für eine außenpolitische Debatte zur Verfügung zu stehen5, falls eine solche von den Parteien gewünscht werde.

5

Stresemann war von seiner Kur in Baden-Baden am 4. 11. nach Berlin zurückgekehrt (Vermächtnis III, S. 376). Vor der Fraktion der DVP hatte er am 6. 11. einen Vortrag über die Reparationsfrage gehalten und dabei vertrauliche Mitteilungen gemacht (BA: R 45 II /67 , Bl. 104 f.).

Der Reichskanzler teilte mit, daß die Sozialdemokratische Fraktion von sich aus keinen Anlaß sehe, die außenpolitische Debatte zu vertagen.

Der Reichswirtschaftsminister erklärte das gleiche für die Fraktion der Deutschen Volkspartei.

[224] Das Reichskabinett kam überein, daß vor der für den 14. November vormittags 11 Uhr anberaumten Ministerbesprechung6 in dieser Frage kein Schritt der Reichsregierung erfolgen solle. In der Sitzung am 14. November solle sodann im Zusammenhang mit der Beratung der Panzerschiffrage auch das Vorgehen der Reichsregierung hinsichtlich der außenpolitischen Debatte entschieden werden.

6

Siehe Dok. Nr. 64.

Die Sitzung wurde hierauf geschlossen.

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