1.54 (mu22p): Nr. 310 Kabinettssitzung und Ministerbesprechung vom 3. Oktober 1929, 17 Uhr

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Nr. 310
Kabinettssitzung und Ministerbesprechung vom 3. Oktober 1929, 17 Uhr

R 43 I /1439 , Bl. 184-195, hier: Bl. 184-195

Anwesend: Müller, Severing, Hilferding, Curtius, Wissell, v. Guérard, Schätzel, Stegerwald, Dietrich, Wirth; StS Pünder, Meissner, Weismann, v. Schubert, Heukamp; Generalmajor v. Schleicher; MinDir. Zechlin, v. Hagenow, Ritter, Ernst, Posse, Grieser, Schneider; Vortr.LegR Martius, Noebel, Eisenlohr; MinR Waldeck, Streil; LegR Graf Tattenbach; Gesandtschaftsrat Meynen; Gesandter Rauscher; Reichskunstwart Redslob; Protokoll: MinR Feßler.

Vor Beginn der Kabinettssitzung fand im engsten Kreise der Minister und ihrer Stellvertreter eine Trauerfeier für den verstorbenen Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann statt1.

1

Zum Tod Stresemanns siehe J. Curtius, Sechs Jahre Minister der Deutschen Republik, S. 87 ff.; H. Pünder, Politik in der Reichskanzlei, S. 11 ff.; Stresemann, Vermächtnis III, S. 579.

Der Reichskanzler gedachte des Verstorbenen als eines Mannes des Ausgleichs, der in der parlamentarischen Entwicklung trotz der scharfen Betonung der verschiedenen parteipolitischen Orientierungen für die Zusammenarbeit zum allgemeinen Besten hervorragende Leistungen vollbracht habe. Er sei auch ein Mann des persönlichen Mutes gewesen. Er habe den Entschluß, den Ruhrkampf abzubrechen, mit höchster Energieentfaltung durchgeführt. Er habe es auch verstanden, die hohen Ziele, die er verfolgte, bisweilen selbst gegen seine Freunde durchzusetzen2.

2

Müller bezieht sich hier vielleicht auf die Kabinettsbildung im Juni 1928 und auf die Stimmenthaltung der DVP-Fraktion bei der Abstimmung über die ALV im RT am 3.10.29.

In der Leitung der Außenpolitik des Reichs sei es ihm gelungen, die Befreiung der besetzten Gebiete, die er seit Jahren angestrebt habe, sicher zu stellen. Das Kabinett empfinde sein Hinscheiden als einen schweren Verlust.

Alsdann bat Staatssekretär Dr. von Schubert um die Genehmigung, dem[991] verstorbenen Chef im Namen des Auswärtigen Amts einen Nachruf widmen zu dürfen. Er führte etwa folgendes aus:

Das Auswärtige Amt verliere in dem Verstorbenen den Leiter von unermüdlicher Tatkraft und klarem Blick für die großen entscheidenden Fragen. Er habe es verstanden, sich diesen Fragen zu widmen, ohne sich mit den Angelegenheiten geringerer Bedeutung übermäßig zu belasten. In diesen habe er dem Auswärtigen Amt weitgehende Freiheit gelassen in vollem Vertrauen auf seine Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit. Das habe den ihm unterstellten Beamten den Ansporn gegeben und ihre Arbeit besonders befriedigend gestaltet.

Mit verständnisvoller Sorgfalt habe er sich des Schicksals seiner Beamtenschaft angenommen. So verlieren diese in ihm den gütigen und gerechten Vorgesetzten.

Das Kabinett beschloß sodann auf Vorschlag des Reichsministers des Innern das Staatsbegräbnis für den verstorbenen Reichsminister Dr. Stresemann auf Kosten des Reiches.

[Der Reichskunstwart gibt den vorläufigen Plan für die Trauerfeierlichkeit bekannt. StS Meissner bittet die militärische Ehrung, da sie nur für den RPräs. und den RWeM vorgesehen sei, mit dem RPräs. zu erörtern. Der RK stellt das Einverständnis des RKab. zum Vorschlag des RIM fest.]

Alsdann wurde in die Tagesordnung der Kabinettssitzung eingetreten.

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