1.51 (str2p): Nr. 165 Aufzeichnung Ministerialrat Kieps über ein Telefonat aus Wiesbaden. 22. Oktober 1923, 17.45 Uhr

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[695] Nr. 165
Aufzeichnung Ministerialrat Kieps über ein Telefonat aus Wiesbaden. 22. Oktober 1923, 17.45 Uhr

R 43 I /1838 , Bl. 395

Es sind beim stellvertretenden Regierungspräsidenten von Wiesbaden Vertreter aller Parteien, die den Herrn Reichskanzler bitten, mit den Franzosen über die Errichtung einer rheinischen Republik am Rahmen des Reichs zu verhandeln1. Die politischen Parteien müssen den Separatisten zuvorkommen.

1

Ähnliche Ansichten waren am gleichen Tag von den Vertretern der DDP in Koblenz erörtert worden, wie am 23. 10. der oldenburgische RegPräs. von Birkenfeld Dörr an Erkelenz schrieb: Die Bilanz des Ruhrkampfes sei ökonomisch passiv und die Verwaltungshoheit sei durch den Vorbehalt der Franzosen, Stellen selbst zu besetzen, untergraben. Die Reorganisation könne nur vom Rheinland selbst ausgehen. „Das aber bedeute für den loyalen Staatsbürger, der Gesetz und Recht bis zum äußersten respektiert habe, bundesstaatliche Verselbständigung des Rheinlandes im Rahmen der Reichsverfassung. Das sei die Forderung, die sich die rheinischen Parteiführer zu eigen machen und in Berlin durchsetzen müßten. Ich habe mit meinen Ausführungen bei der großen Mehrheit freudige Zustimmung, bei einigen Bedenken, bei niemanden eigentlichen Widerstand gefunden. Einmütig beschlossen die Erschienenen, daß die Frage am nächsten Samstag oder Sonntag in Köln vor den Vorstand des Provinzialverbandes der Partei gebracht werden solle. Nach der Besprechung hatte ich noch eine Unterredung mit dem Führer des Koblenzer Zentrum Loenartz, der wie die Trierer Zentrumsführer mit aller Entschiedenheit meine Auffassung teilte. – Auf der Heimreise erfuhr ich, daß in Aachen die Separatisten sich der Regierung bemächtigt hätten. Der Brand ist also schon ausgebrochen, wenn überhaupt, so kann er nur dadurch noch erstickt werden, daß angesehene Führer des Volks nunmehr mit dem Gedanken des rheinischen Bundesstaates an die Öffentlichkeit treten. Ich habe das Gefühl, daß damit dem Gesindelseparatismus ein radikales Ende bereitet werden könnte. – Es geht ums Rheinland und ums Deutsche Reich. Berlin hat alle, aber auch alle Gelegenheiten verpaßt. Von Ihnen erhoffe ich Verständnis für unsere Not“ (BA: NL Erkelenz  28, Bl. 171).

Es kann keine Verantwortung für die Lage übernommen werden, falls nicht die Ermächtigung zu diesen Verhandlungen sofort erteilt wird2.

2

Ein erneuter Anruf aus Wiesbaden wurde von MinR Kempner um 19.15 Uhr aufgezeichnet. Danach erklärten die Parteien, sie hätten nur bis zum 23. 10., 17 Uhr die Möglichkeit zu warten. Man müsse den Separatisten zuvorkommen. Eine Besprechung am 25. 10. an der Grenze des besetzten Gebietes werde zu spät sein (R 43 I /1838 , Bl. 401).

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