2.212.3 (wir1p): 3. Frachtermäßigung für Zeitungsdruckpapier.

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3. Frachtermäßigung für Zeitungsdruckpapier6.

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Seinem Schreiben an den StSRkei vom 13.2.22, durch das die Angelegenheit vor das Kabinett gekommen war, hatte der RVM eine Sachdarstellung beigegeben, die die Vorgeschichte zusammenfaßt: „Der Verein Deutscher Zeitungsverleger, die Vereinigung großstädtischer Zeitungsverleger und die Wirtschaftsstelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe beantragen Anfang 1921 Versetzung des Zeitungsdruckpapiers aus Klasse A in Klasse B (Zeitungsdruckpapier hat immer zur höchsten Klasse gehört; frühere Detarifierungsanträge sind stets abgelehnt worden). Ständige Tarifkommission beschließt im Mai 1921 die Ablehnung des Antrags. Reichsverkehrsminister tritt dieser Entscheidung bei. Reichstag befürwortet am 11. Mai 1921 außer anderen Maßnahmen die Detarifierung. Reichskabinett bewilligt Barzuschuß (Sitzung vom 24. Mai 1921), spricht sich aber gegen die Detarifierung aus (Sitzung vom 13. Juni 1921). Reichstag faßt am 5. Juli 1921 erneut eine Resolution, durch die wiederum Detarifierung gefordert wird. Reichskabinett lehnt Detarifierung nochmals ab (Sitzung vom 19. August 1921). […] Seit Beginn des Jahres 1922 werden die Anträge wieder dringlicher. […] Die Begründung für den erneuten Vorstoß bietet außerordentliche Preissteigerung des Zeitungsdruckpapiers (vor dem Kriege Preis für das kg etwa 20 Pfg, bis Ende 1920: 3,30 M, seitdem gestiegen auf 7,00–7,30 M für das kg).“ (R 43 I /2465 , Bl. 211-213).

Staatssekrteär Stieler wendet sich gegen eine Ermäßigung der Tarife. Er bittet das Kabinett, den Antrag abzulehnen. Er hält ihn auch vom Ressortstandpunkt aus für nicht erwünscht. Allerdings sei von vielen Seiten die Forderung auf Frachtermäßigung für Zeitungsdruckpapier gestellt worden, so daß der Reichsverkehrsminister eine erneute Stellungnahme des Kabinetts für notwendig gehalten habe.

Staatssekretär Dr. Hirsch macht darauf aufmerksam, daß hinter der Forderung einer Frachtermäßigung für Zeitungsdruckpapier der Beschluß fast sämtlicher Parteien des Reichstages stehe. Die Frachtermäßigung würde nur etwa 1% und die Unkosten, die durch dem Reichsverkehrsministerium entständen, würden nur etwa 80 Millionen Mark betragen7.

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In dem in Anm. 6 gekennzeichneten Schreiben heißt es dazu: „Bei einer als Durchschnittsentfernung anzunehmenden Beförderungsstrecke von 300 km beträgt der Gewinn für das Kg, wenn die nachgesuchte Versetzung in die Tarifklasse B erfolgt, nach dem Tarifstande vom 1.2.1922: 16 Pfg, bei 500 km 25 Pfg (vom 1.3.22 ab Gewinn etwa 15% höher anzusetzen). Diese Ermäßigung also ganz bedeutungslos gegenüber der außergewöhnlich starken Erhöhung des Preises für Zeitungsdruckpapier, eine nennenswerte Erleichterung der wirtschaftlichen Lage des Zeitungsgewerbes vermag also die Detarifierung keinesfalls zu bringen.“ (R 43 I /2465 , Bl. 211-213, hier: Bl. 212).

Reichspostminister Giesberts geht auf die Notlage der Presse ein und empfiehlt, in diesem Falle der Presse entgegenzukommen.

Reichskanzler Dr. Wirth bemerkt, daß es doch zweifelhaft sei, ob diese Frachtermäßigung von 1% tatsächlich eine Hilfe für die Presse bedeute.

Staatssekretär Dr. Hirsch erwidert, daß die finanzielle Hilfe allerdings gering sei, nicht zu unterschätzen aber sei die Wirkung, die sie trotzdem auf das Zeitungsgewerbe ausübe.

Vizekanzler Bauer tritt ebenfalls für die Forderung ein und hält Unterstützung der Presse für notwendig.

[581] Die Abstimmung im Kabinett ergibt eine Mehrheit für die Frachtermäßigung. Sie soll jedoch erst eintreten, nachdem das Reichswirtschaftsministerium mit den Verlegern Fühlung genommen hat8.

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Trotz dieses Kabinettsbeschlusses wird ein Ausnahmetarif für Zeitungsdruckpapier erst mit rückwirkender Gültigkeit vom 1. Mai gewährt; die Verzögerung tritt durch eine weitere höhere Preisforderung der Druckpapierindustrie ein: nach dem 1.4.22 fordert sie einen Preis von 11,20 M für das Kilo gegenüber des vorher vereinbarten Preises von 8,25 M. Der RWiM bittet aus diesem Grunde am 9.3.22 für die Ausführung des Kab.Beschlusses vom 21. 2. um Aufschub, da bei dieser Sachlage die Bekanntgabe der Detarifierung des Zeitungsdruckpapiers den gewünschten Erfolg einer fühlbaren Senkung des Preises nicht haben kann (R 43 I /2465 , Bl. 224).

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