2.37.1 (feh1p): Erhöhung der Kohlenpreise.

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Erhöhung der Kohlenpreise.

Der Reichswirtschaftsminister teilte mit, daß der Reichskohlenverband in seiner heutigen Sitzung eine Erhöhung der Kohlenpreise beschließen werde1. Die Reichsregierung müsse sich darüber schlüssig werden, ob sie vom Vetorecht Gebrauch machen wolle2. Trotz schwerer Bedenken empfehle er, die Erhöhung[90] zuzulassen, weil die Kohlenbergwerke als solche nur noch einen kleinen Gewinn abwürfen, der nicht mehr für die Lohnerhöhungen ausreiche, die den Unternehmern zugemutet würden. Allerdings hätten die meisten Werke profitable Nebenbetriebe. Die Einbeziehung dieser Betriebe in die Berechnung sei aber wegen der Ungleichartigkeit grundsätzlich und tatsächlich bedenklich. Die Einlegung des Vetos würde auf die Bestrebungen zur Mehrförderung, insbesondere anläßlich des Abkommens von Spa, ungünstig einwirken. Für die Kohlenverbraucher werde ein teilweiser Ausgleich durch die mögliche Verbilligung der Braunkohle geschaffen.

1

Der Reichskohlenverband war im Zuge der Neuregelung der Kohlenwirtschaft im Jahre 1919 als Selbstverwaltungsorgan der dt. Kohlewirtschaft gegründet worden; ihm gehörten die Kohlensyndikate, das Gaskokssyndikat und die dt. Länder an, die als Besitzer von Kohlebergwerken in mehreren Kohlesyndikaten vertreten waren. Nähere Einzelheiten dazu finden sich in den Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft, RGBl. 1919, S. 1449  f.

Nach § 61 der Ausführungsbestimmungen setzte der Reichskohlenverband die Brennstoffpreise fest.

2

Nach § 112 der Ausführungsbestimmungen (s. o. Anm. 1) hatte der RWiM gegenüber den vom Reichskohlenverband festgesetzten Preisen ein Einspruchsrecht; er konnte die Preise wieder herabsetzen.

Der Reichsarbeitsminister der Reichsverkehrsminister der Reichsminister des Innern und der Vertreter des Reichsministers der Finanzen nahmen entschieden gegen die Erhöhung Stellung, weil sie die notwendigen Bestrebungen nach allgemeiner Herabsetzung der Preise durchkreuze, dadurch insbesondere auch auf die Forderungen der Arbeiter und Beamten zurückwirken werde und namentlich für die Eisenbahnen von finanziell ungeheurer Tragweite sei.

Der Vertreter des Reichsministers der Finanzen fürchtete auch eine Gefährdung der Kohlensteuer.

Der Staatssekretär des Reichsministeriums für Wiederaufbau regte ein teilweises Entgegenkommen an die Zechenbesitzer an.

Nach längerer Aussprache wurde beschlossen, daß der Erhöhung der Kohlenpreise nicht zugestimmt werden soll. Der Reichswirtschaftsminister wurde ermächtigt, den Kohlenbergwerken einen Zuschuß von 60 Millionen Mark für den Juli zu gewähren3.

3

Erneut wurde die Frage der Erhöhung der Kohlenpreise am Spätnachmittag des 30. 7. auf einer Chefbesprechung mit Vertretern des Kohlenbergbaues besprochen. Hier erhob insbesondere Stinnes unter Hinweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage des Kohlenbergbaues die Forderung, daß die Kohlenpreise erhöht werden müßten, drang damit jedoch nicht durch. Der Beschluß des Kabinetts vom 29. 7. blieb bestehen.

Zu weiteren Verhandlungen über die Erhöhung der Kohlenpreise s. Dok. Nr. 97, 98 und Dok. Nr. 161, P. 6.

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