2.150.2 (lut1p): 2. Französische Note.

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2. Französische Note.

Der Reichsminister des Auswärtigen verlas den Text der Übersetzung der französischen Note7. Ein Vergleich mit der ersten Note8 zeige, daß Frankreich bemüht sei, die einzelnen Fragen – und die Note beschäftige sich ebenfalls mit den drei großen Hauptfragen: Rückwirkung des Sicherheitspakts auf die besetzte Zone, Völkerbund, Schiedsverträge – aufzulockern. Dabei gehe Frankreich jedoch nicht so weit, uns in irgendeinem Punkte bereits entgegenzukommen oder sich unserem Standpunkt gar anzuschließen. Frankreich halte seinen[532] Standpunkt, wie er in der ersten Briand-Note wiedergegeben sei, aufrecht, deute aber Möglichkeiten an, die zu einer Verständigung führen könnten.

7

Note an die RReg. vom 24. 8., s. Anm. 1 zu Dok. Nr. 149.

8

Frz. Note an die RReg. vom 16. 6., s. Anm. 3 zu Dok. Nr. 110.

Bei der Übergabe der Note habe der französische Botschafter – der belgische und englische Botschafter hätten sich später angeschlossen – noch zwei Einladungen mündlich vorgebracht: 1. die Alliierten würden es begrüßen, wenn Deutschland den Ministerialdirektor Gaus zu einer Besprechung nach London sende. Der Zweck sei, Deutschland davon in Kenntnis zu setzen, wie sich die Alliierten den Westpakt vorstellten. Ministerialdirektor Gaus brauche sich dabei nicht zu diesen Vorschlägen zu äußern, es stehe ihm jedoch frei, alle Fragen zu stellen, die zur vollständigen Information der Deutschen Regierung beitragen könnten. 2. Im Anschluß daran könnten die Außenminister von Deutschland, England, Frankreich und Belgien zusammenkommen, um sich über die grundsätzlichen Fragen des Abschlusses eines Sicherheitspaktes zu unterhalten. Wenn dabei ein Einverständnis erzielt werden würde, solle ein Vertragsentwurf entworfen werden9.

9

Über diese Unterredung Stresemanns mit de Margerie s. auch den ausführlichen Bericht des RAM in der Ministerbesprechung vom 24.8.25 (Dok. Nr. 149).

Es sei ihm (Stresemann) außerdem bekanntgeworden, daß Mussolini bestrebt sei, an der Konferenz beteiligt zu sein. Er (Stresemann) habe von diesen Mitteilungen Kenntnis genommen und lediglich zugesagt, diese Punkte dem Ministerrat vortragen zu wollen.

Die Veröffentlichung der Note könne erst Freitag [28. 8.] erfolgen10, da Briand selbst die französische Presse zu informieren beabsichtige, jedoch nicht vor Donnerstagabend in Paris anwesend sein könne. Es sei diplomatischer Brauch, der Regierung die Bestimmung des Zeitpunktes der Veröffentlichung zu überlassen, die die Note geschickt habe.

10

Erfolgt bereits am 27. 8., s. Dok. Nr. 153.

Zusammenfassend könne er sagen, daß die Note zum mindesten in der Form einen Fortschritt bedeute. Die Einladung zu mündlicher Erörterung könne von unserer Seite nicht abgelehnt werden. Dagegen müsse aber natürlich Deutschland seinen Standpunkt, den es in seiner ersten Antwortnote11 eingenommen habe, aufrechterhalten. Er empfehle also die Entsendung des Ministerialdirektors Gaus und die Absendung einer Verbalnote, die den Empfang der Note bestätige und einen Vorbehalt bezüglich des Standpunkts der Deutschen Regierung mache. Ob eine Ministerkonferenz später zweckmäßig erscheine, könne im augenblicklichen Stadium noch nicht entschieden werden.

11

Note an die Frz. Reg. vom 20. 7., s. Anm. 1, 9, 11 u. 16 zu Dok. Nr. 123.

Der Reichskanzler empfahl, sich zunächst auf die eine konkrete Frage zu beschränken, ob Ministerialdirektor Gaus informandi causa nach London gesandt werden solle und welche Form dafür zweckmäßigerweise gewählt werde.

Der Reichsminister des Innern bat, darüber heute noch keinen endgültigen Beschluß zu fassen. Es sei notwendig, sich vollkommen darüber klar zu werden, welchen Charakter diese juristische Konferenz tragen solle. Er wies darauf hin, daß der Außenminister sich derzeit selbst gegen eine juristische Konferenz gewandt habe.

[533] Der Reichsminister des Auswärtigen erwiderte, daß es sich damals um etwas anderes gehandelt habe, als jetzt von der Französischen Regierung vorgeschlagen wäre. Die Entscheidung werde jetzt nicht in die Hände der Juristen gelegt, sondern bleibe in den Händen der politisch verantwortlichen Leiter.

Der Reichskanzler glaubte, in einem Eingehen auf den französischen Vorschlag bezüglich der Entsendung des Ministerialdirektors Gaus nichts Nachteiliges für Deutschland finden zu können. Eine Ablehnung sei unmöglich.

Der Reichsminister des Innern hielt ebenfalls die Ablehnung für ausgeschlossen. Es müsse nur genau umschrieben werden, zu welchem Zweck Ministerialdirektor Gaus nach London gehen solle.

Der Reichswehrminister hielt die Ablehnung ebenfalls für ausgeschlossen. Bei Entsendung des Ministerialdirektors Gaus sei jedoch erforderlich, zu erkennen zu geben, daß sich Deutschland nicht auf die Grundlagen festlegen könne, die in der französischen Note bekanntgegeben seien. Bedenklich mache ihn das Bemühen der Franzosen, die weiteren Verhandlungen in den Kreis der Alliierten zu bringen. Deutschland müsse sich davor hüten, daß ihm ein evtl. Scheitern zur Last gelegt werde.

Der Reichsminister des Innern bat um Mitteilung, was die Worte der französischen Note „keine grundsätzlichen Bedenken in den anderen Fragen“ bedeuteten12. Seiner Meinung nach könnten sich diese nur auf die Schiedsverträge im Osten beziehen. In dieser Frage bestände aber kein grundsätzliches Einverständnis, und das müsse völlig klargestellt werden13.

12

Der entsprechende Satz im einleitenden Teil der frz. Note vom 24. 8. (s. Anm. 7) lautet: „Da diese Note [dt. Note vom 20. 7., s. Anm. 11] sich zu gewissen in der französischen Antwort vom 16. Juni [s. Anm. 8] aufgeworfenen Fragen nicht äußert, will sie anscheinend zu erkennen geben, daß die Deutsche Regierung insoweit keine grundsätzlichen Bedenken hegt und sich nur die Erörterung von Einzelpunkten vorbehält.“

13

Zur weiteren Behandlung dieser Frage s. Dok. Nr. 153.

Der Reichswehrminister bat um Mitteilung, ob für die Ausführung des Artikel 16 Einstimmigkeit des Völkerbundsrats erforderlich sei.

Das Auswärtige Amt bejahte diese Frage.

Der Reichskanzler wies darauf hin, daß dieser Frage an sich keine entscheidende Bedeutung für die erwartete Entschließung des Kabinetts zukäme. Es handele sich jetzt nicht um die Frage einer Exekutive des Völkerbunds, sondern um den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Wesentlich sei also, was jetzt politisch geschehe, und da sei doch wichtig, daß Deutschland nicht Durchmarschgebiet für die Völkerbundstruppen werde. Was später aus dem juristischen Vertrag werde, sei abhängig von dem Ablauf der Geschichte.

Bevor Ministerialdirektor Gaus nicht aus London zurückgekehrt sei, sei ein Urteil über die Note für ihn völlig ausgeschlossen. Dabei stimme er mit dem Reichsminister des Innern dahin überein, daß es sich bei der Entsendung Gaus nur um eine Ermittlung des Tatbestandes handeln könne.

Die Verhandlungen über diesen Punkt wurden daraufhin auf Dienstagnachmittag 5 Uhr vertagt14.

14

Über eine die frz. Antwortnote behandelnde Sitzung am Nachmittag des 25. 8. waren Hinweise in den Akten nicht zu ermitteln. Zum Fortgang s. Dok. Nr. 153.

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