1.50.4 (lut2p): 4. Weitere Behandlung der Luftfahrtfrage im Hinblick auf die Paktverhandlungen von Locarno.

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4. Weitere Behandlung der Luftfahrtfrage im Hinblick auf die Paktverhandlungen von Locarno4.

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Zur vorangegangenen Kabinettsberatung s. Dok. Nr. 170, P. 4 c. – Die Angelegenheit wurde, obwohl in den Locarno-Richtlinien (Anm. 24 zu Dok. Nr. 170) vorgesehen war, ihre „endgültige Bereinigung“ vor der Schlußkonferenz sicherzustellen, in Locarno nicht konkret verhandelt. Vgl. Anm. 1 zu Dok. Nr. 184.

Der Reichsverkehrsminister berichtete: Es gäbe für die weitere Behandlung zwei Wege. Der eine sei: Note an die Botschafterkonferenz, der andere: Demarche bei den Verhandlungsgegnern von Locarno mit Übergabe eines aide mémoire. Er empfehle, den letzteren Weg zu beschreiten. Das Ziel müsse sein, noch vor dem 1. Dezember Zusicherungen zu Verhandlungen auf folgender Basis zu erhalten: Die Baubeschränkungen 4–95 fallen fort; die Überflugfrage6[846] wird entsprechend den Wünschen der deutschen Regierung7 geregelt.

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Es handelt sich um die in der all. Luftfahrtnote vom 24.6.25 (vgl. Anm. 18 zu Dok. Nr. 170) enthaltenen „Neuen Regeln zur Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Luftfahrzeugen“, die u. a. folgende Leistungsgrenzen für dt. Zivilflugzeuge vorschreiben: Gipfelhöhe voll beladen 4 km; Geschwindigkeit voll beladen 180 km; Fluggewicht mit Ladung und Besatzung nicht mehr als 900 kg. Regel 9: Die Zahl der Flugzeuge und Flugmotoren einerseits und der Flugschüler andererseits darf den angemessenen Bedarf der dt. Zivilluftfahrt, der vom all. Garantiekomitee festzustellen ist, nicht übersteigen.

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Die Frage des Überfliegens der besetzten Gebiete ist geregelt durch Ordonnanz 80 der Irko. Zum Inhalt s. Anm. 17 zu Dok. Nr. 170.

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Hierüber fanden sich Unterlagen nicht bei den Akten der Rkei. Vgl. aber die Ausführungen Brandenburgs in der Kabinettssitzung am 2. 10. (Dok. Nr. 170, P. 4 c).

Ministerialdirektor Köpke erhob gegen diesen Vorschlag keine Bedenken. Das AA habe auch keine Bedenken, wenn der Weg einer Note an die Botschafterkonferenz gewählt werde. Wesentlich sei nur, daß eine Erklärung der Gegenseite noch vor dem 1. Dezember vorliege.

Der Reichskanzler sprach sich gegen die Vorschläge aus und hielt es für richtiger, sich dem Vorschlage des Botschafters von Hoesch8 anzuschließen. Es sei zu schwierig, von hier aus taktische Weisungen nach Paris zu geben. Wesentlich sei nur, festzustellen, daß die Luftfahrtfrage gleich wichtig sei und in gleicher Linie mit den übrigen Fragen der Rückwirkungen erledigt werden müsse. Es scheine ihm ausreichend, von dieser Auffassung des Kabinetts dem deutschen Botschafter in Paris nochmals Mitteilung zu machen mit dem Hinzufügen, daß das Kabinett glaube, das Werk von Locarno sei parlamentarisch gefährdet, wenn in der Frage der Luftfahrt eine genügende Erklärung vor dem 1. Dezember nicht vorliege.

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Hoesch hatte mit Telegramm vom 27. 10. (Nr. 765) angeregt, „Luftfrage vor Unterzeichnung Paktes nicht aufzunehmen, sondern sie ganz unabhängig von Pakt zu behandeln, und zwar sie erst dann mit Vehemenz aufzuwerfen, wenn Entwaffnungsproblem Erledigung gefunden hat“ (R 43 I /428 , Bl. 232 f.).

Der Reichswehrminister schloß sich dieser Auffassung an.

Der Reichsverkehrsminister erklärte, daß es ihm im wesentlichen darauf ankomme, die Frage der Luftfahrt gleichwertig mit den übrigen Fragen der Rückwirkungen behandelt zu sehen.

Das Kabinett beschloß darauf: dem deutschen Botschafter von Hoesch ist durch das Auswärtige Amt nochmals Mitteilung von der Auffassung des Kabinetts über die Bedeutung der Luftfahrtfrage für das Werk von Locarno zu machen. Die Auffassung des Kabinetts geht dahin, daß die Luftfahrtfrage in gleicher Linie mit den übrigen Fragen der Rückwirkungen behandelt werden muß. Insbesondere ist erforderlich, daß noch vor dem 1. Dezember Erfolge erzielt werden. Das Kabinett glaubt, daß die Regelung der Luftfahrtfrage selbstverständlich nicht ohne Einfluß auf die Stellungnahme des Parlaments zu dem Werk von Locarno sein wird. Dem Botschafter von Hoesch wird es überlassen, in welcher Form und wann er diese Auffassung des Kabinetts der Gegenseite zur Kenntnis bringen will. Bei den Verhandlungen mit der Gegenseite soll von der Basis der Ausschaltung der Begriffsbestimmungen, der Aufhebung der Ordonnanz 80 und der Beschränkung für Flughäfen in der neutralen Zone und im besetzten Gebiet ausgegangen werden9.

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Über Verlauf und Ergebnis der Pariser Vorverhandlungen in der Luftfahrtfrage, die um den 20. 11. aufgenommen werden, s. Anm. 1 zu Dok. Nr. 253.

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