2.138.1 (ma11p): [Auflösung des Reichstags und Wahltermin.]

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[Auflösung des Reichstags und Wahltermin.]

Der Reichskanzler berichtete über seine Unterredung mit dem Herrn Reichspräsidenten sowie mit den Führern der Oppositionsparteien1 über die Frage der Auflösung des Reichstags und des Zeitpunktes der Neuwahlen.

1

Hierüber keine Aufzeichnungen in den Akten der Reichskanzlei ermittelt.

Der Abgeordnete Fehrenbach teilte mit, daß die Zentrumsfraktion beschlossen habe, es sollten keine Anträge der Regierungsparteien gestellt werden, vielmehr die Auflösung des Reichstags unmittelbar durch die Regierung[448] erfolgen. Als Zeitpunkt der Neuwahlen komme in erster Linie der 4. Mai in Frage; ein Abwarten des Ergebnisses der französischen Wahlen sei ein unsicheres Unternehmen, da letztere leicht verlegt werden könnten.

Der Abgeordnete Koch führte aus, daß es keine verfassungsmäßige Bestimmung gäbe, wonach die Auflösung des Reichstags von der bestimmten Stellungnahme einzelner Parteien abhängig gemacht werden müsse. Es genüge die allgemeine Überzeugung der Regierung, daß der Reichstag nicht arbeitsfähig sei.

Auch er sei gegen ein Abwarten des Ergebnisses der französischen Wahlen. Es müsse möglichst schnell in Deutschland gewählt werden, da Land und Parteien einen langen Wahlkampf nicht ertragen könnten.

Der Reichskanzler erörterte die Gründe, aus denen heraus der 13. April als Wahltag nicht in Frage komme und wies darauf hin, daß selbst bei Zurückstellung der religiösen Bedenken ein Wählen an diesem Tage den Ausfall zahlreicher bürgerlicher Stimmen bedeuten würde infolge der Abwesenheit der Wähler auf Verwandtenbesuch aus Anlaß der Konfirmation.

Der Abgeordnete Leicht berichtete über den deutschnationalen Antrag auf Festsetzung des 11. Mai als Wahltermin2 und regte an, daß die Regierungsparteien, auch wenn keine Aussicht auf Verwirklichung dieses Antrages vorhanden wäre, aus taktischen Gründen doch dafür stimmen sollten.

2

Der GesEntw. der DNVP vom 10. 3. sieht die Festsetzung der Reichstagswahl auf den 11. 4. (nicht 11. 5.!) vor (RT-Drucks. Nr. 6597, Bd. 380 ).

Der Abgeordnete Kempkes unterstrich die Bedenken gegen den 13. April als Wahltag und trat für den 4. Mai ein.

Der Reichskanzler stellte als Ergebnis der Besprechung fest, daß die Regierungsparteien sich darüber einig seien, keine Anträge zu stellen, vielmehr die Auflösung des Reichstags aus der Initiative der Regierung wünschten. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Wahlen bestehe zwar keine vollkommene Einigkeit, doch scheine die Mehrheit für den 4. oder 11. Mai als spätesten Wahltermin einzutreten.

Der Abgeordnete Koch stellte die Frage der Wahllisten zur Erörterung und erbat die Zustimmung der Regierungsparteien zu einem Initiativantrag, dem auch die Sozialdemokratische Partei zustimmen wolle, wonach zum mindesten 1000 Unterschriften zur Anbringung einer Wahlliste erforderlich sein sollten, falls nicht die genügende Unterstützung anderweit glaubhaft gemacht würde.

Die Parteiführer stimmten diesem Vorschlage zu3.

3

S. hierzu Dok. Nr. 134, P. 3.

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